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Markus Söder (CSU) ist Ministerpräsident von Bayern.

© Sven Hoppe/dpa

Bayerns Ministerpräsident baut sein Kabinett um: Söder kann sich keine weiteren Verluste leisten

Um die Landtagswahl bestehen zu können, stellt der CSU-Chef Söder seine Regierung um. Was daran bemerkenswert ist. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Ein verändertes Kabinett in Bayern ist nicht allein eine regionalpolitische Angelegenheit. Einerseits schon, weil der „Freistaat“ auch nur ein Bundesland ist; andererseits nicht, weil dieses Land keinesfalls bloß eines von vielen ist, sondern in der Union im Berliner Bundestag mit das Sagen hat. Die wiederum ist nach 16 Jahren Merkel zwar gerade in der Opposition, doch Opposition heißt ja: Regierung von morgen.

Und genau ums morgen geht es Markus Söder, sogar vierfach, in Bayern, im Bund, für die CSU in Bayern und innerhalb der Union, für ihn selbst. Das nicht zuletzt.

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Vor dem Hintergrund ist das Revirement des Ministerpräsidenten und CSU-Chefs bemerkenswert. Im Herbst 2023 steht die nächste Landtagswahl an, und da muss Söder mit seiner CSU besser abschneiden als beim letzten Mal, als er nur gut 37 Prozent erreichte, das zweitschlechteste Ergebnis für sie in all den Jahrzehnten seit dem zweiten Weltkrieg. Es sieht gerade nicht gut aus. Manche Meinungsforscher sehen den Trend sogar gegen 30 Prozent fallen.

Deshalb der Umbau zu diesem Zeitpunkt: Damit er noch wirken, sich stimmungs- und stimmenmäßig auswirken kann. Die neue Riege soll sich hineinfinden können, aber nicht so lange vor der Wahl ins Amt kommen, dass sich der Effekt des Neuen langsam wieder verliert. Hinzu kommt, dass sich die Landesminister wegen der Besonderheit Bayerns auch auf Bundesebene besonders bewähren müssen.

Markus Blume ist Söders große Hoffnung

Zum Beispiel: Markus Blume als Wissenschaftsminister ist eine von Söders großen Hoffnungen. Bisher CSU-Generalsekretär, kann der 47-Jährige den Zukunftsthemen in diesem Bereich - Stichwort: Laptop und Lederhose, Hightech und Heimat - neue Sichtbarkeit geben, voran in Bayern, daneben im Bund. Dazu wird Blume aus seiner Kenntnis Söders die Grenzen beachten; zu viel an Aufmerksamkeit vom großen Chef abzuziehen, bekommt in der CSU keinem, keiner gut.

Auch von der neuen Sozialministerin Ulrike Scherf verspricht sich Söder, aber mit ihm die ganze CSU, einiges. Scherf ist Vorsitzende der Frauen-Union und war unter Horst Seehofer schon einmal Ministerin, für Umwelt. Sie gilt als eigenständig und furchtlos.

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Und gerade das Soziale hat die CSU, hat die Union insgesamt nachdem Urteil vieler Wähler:innen zuletzt arg vernachlässigt. Die Partei sei ihrem Anspruch im Titel,„Christlich-Soziale Union“, bei Weitem nicht gerecht geworden. Etwas, auf das Söders Vorgänger Seehofer vorher schon länger hingewiesen hat.

Das deutlich bessere Ergebnis zu erzielen, wird nun vorrangig mit Stephan Mayer als neuem Generalsekretär verbunden sein. Mayers Berufung kommt Söder unter nahezu allen Gesichtspunkten zupass: Der 48-Jährige Konservative kommt aus der starken CSU Oberbayern - Söder ist Franke -, ist zusätzlich sudetendeutscher Vertriebenenfunktionär, war zuletzt Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnen- und Heimatministerium unter Seehofer, sitzt im Bundestag seit 2002, ist außerdem seit 1996 Stadtrat in Neuötting und im Kreisrat im Landkreis Altötting, ist stellvertretender Vorsitzender der CSU-Kreistagsfraktion, erreichte zugleich im vergangenen Herbst bei der Bundestagswahl mit 54,5 Prozent der Erststimmen immer noch gut zehn Prozentpunkte mehr als seine Partei.

Stephan Mayer soll Söder den Rücken freihalten

Dass Mayer in zurückliegender Zeit die eine oder andere unglückliche Schlagzeile produziert hat, spielt in der CSU gemeinhin weniger eine Rolle. Er soll Bund und Land und Kommune verbinden und Söder den Rücken freihalten. Die nötige Erfahrung, Medienauftritte eingeschlossen, und Härte bringt Mayer mit. Dennoch bleibt die Ausgangslage schwierig.

Der Gestus der Stärke zeigt auch die Schwächen, im Kabinett und darüber hinaus. Söder kann sich keine weiteren Verluste leisten, wenn er nicht am Ende vor der Notwendigkeit einer Dreierkoalition stehen will. Das wäre der Fall, wenn es nicht einmal mehr für CSU und Freie Wähler reichen würde. Doch schon diese Zweierkonstellation ist nach dem Selbstverständnis der CSU eine Zumutung.

Um wieviel schwerer würde dann die Aufnahme eines weiteren Partners wiegen: Der Nimbus der CSU als Partei, an der nichts vorbei geht, wäre gebrochen, ihr Mythos als Staatspartei, die das schöne Bayern erst erfunden habe, zerbrochen. Das könnte zu ihrer endgültigen Schwächung führen. Und Söder würde dafür haftbar gemacht. Die Verantwortung trägt er so oder so.

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