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Existiert bereits: das bayerische Heimatministerium mit Sitz in Nürnberg.

© Timm Schamberger/dpa

Bayerisches Heimatministerium: Nicht nur Hausmannskost und Dirndl

Nach dem Vorbild Bayerns erhält nun auch der Bund ein Heimatministerium. Welche Aufgaben sind dort gebündelt und wie funktioniert die Arbeit?

Der Bund soll ein Heimatministerium bekommen, das dem künftigen Innenminister Horst Seehofer zugeordnet ist. Im Internet wird darüber kräftig gespottet: „Zum Mittagessen empfiehlt das Heimatministerium heute deutsche Hausmannskost!“ Man fragt: „Muss ich jetzt Dirndl tragen?“ Unverkennbar ist das 2013 gegründete bayerische Heimatministerium Vorbild.

In Bayern ist die Heimat dem Finanzministerium zugeordnet. Bei seiner Amtsübernahme 2013 hat Markus Söder diese als Schmankerl dazubekommen, sein Haus nennt sich „Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat“. Was ein Heimatminister macht, kann man nahezu täglich in den bayerischen Lokalzeitungen sehen. Kürzlich etwa besuchte Söder den Berchinger Roßmarkt, ein großes Volksfest in der Oberpfalz, ließ sich mit dem Pferd Freddy ablichten und sprach über die Unterstützung der Wirtschaft vor Ort.

Lebensbedingungen sollen angeglichen werden

Aufgabe des Heimatministeriums ist es, für gleiche Lebensbedingungen in ganz Bayern zu sorgen. Man will sich besonders um die ländlichen Problemregionen kümmern, die es vor allem im Norden des Freistaates gibt. Ziel ist es, „ein Bayern der zwei Geschwindigkeiten zu vermeiden“, sagte eine Ministeriumssprecherin dem Tagesspiegel. Am wichtigsten ist der Breitband-Ausbau auf dem Land, damit die Bürger möglichst überall Zugang zu schnellem Internet haben. Das schlägt auch finanziell am meisten zu Buche, 1,5 Milliarden Euro werden dafür ausgegeben. Der Minister verfasst auch einen Heimatbericht, zuletzt im Jahr 2016. Das 36 Seiten umfassende Papier besteht aus nicht enden wollenden Zahlenkolonnen, die belegen sollen, was der Freistaat alles für den ländlichen Raum tut. Neben dem Internetausbau sind das etwa Städtebauförderung, Kinderbetreuung oder Ärzteversorgung. Wie viel Geld aber explizit das Heimatministerium ausgibt, lässt sich nicht beziffern, da es nur einen Gesamthaushalt des Groß-Ministeriums gibt.

2500 Beschäftigte arbeiten in 50 Behörden

Der Heimatbericht belegt, dass die Bevölkerung im Freistaat mittlerweile wieder überall wächst – wenngleich die Zuwanderung von Flüchtlingen einen Teil davon ausmacht. Das war vor einigen Jahren noch anders, als man das Ausbluten etwa in Teilen Ober- und Unterfrankens sowie im Bayerischen Wald befürchtet hatte. Neben dem Heimatbericht hat der stets rührige Söder auch eine Heimatstrategie entwickelt. Deren wesentlicher Inhalt ist die Verlagerung von Behörden weg vom übervollen München und raus aufs Land und in andere Städte. Söder bezeichnet das als „größte Regionalisierung der letzten Jahrzehnte“. 50 Behörden mit 2500 Beschäftigten werden in allen sieben Regierungsbezirken ausgesiedelt, Zwangsversetzungen soll es nicht geben. Kürzlich eröffnete etwa das Sozialministerium eine Dienststelle in Kemnath in der Oberpfalz, Teile der Landesanstalt für Landwirtschaft ziehen in das oberfränkische Marktredwitz, wo auch ein neues Gefängnis gebaut wird.

Getümelt wird ressortübergreifend

Mit Volkstümelei, Dirndl und Blasmusik hat das Heimatministerium natürlich auch zu tun – aber nicht in besonders herausgestellter Weise, denn getümelt wird ressortübergreifend in der gesamten Landespolitik. Das Heimatministerium aber verleiht eigene Preise, etwa für den Einsatz für regionale Kultur und Traditionen. Auch sieht sich das Ressort als „Ohr der Region“, so die Sprecherin, und veranstaltet vor Ort „Heimatkonferenzen“. Zudem nutzt es Söder weidlich aus, Fördergelder persönlich vorbeizubringen. Zu Zeiten der Feindschaft mit Seehofer sagte dieser giftig über Söder: „Wer jeden Tag einen Förderbescheid übergibt, ist noch lange kein Stratege.“

Das Ministerium ist kein ideologisches Bollwerk

Die Opposition bemüht sich, das Heimatministerium zu attackieren. Söder betreibe nur Symbolpolitik, heißt es von SPD, Grünen und Freien Wählern, es mangele an konkreten Ideen. Grundsätzlich wird das Ministerium aber nicht angegangen, denn es ist kein ideologisches Bollwerk etwa für einen engstirnigen Heimatbegriff mit fremdenfeindlichem Unterton. Dass man sich um wirtschaftlich schwache Gebiete kümmern sollte, findet auch die Opposition.

Seiner Heimatstadt tat Söder jedenfalls Gutes: Das Heimatministerium hat als Sparte des Finanzministeriums seinen Dienstsitz in Nürnberg bezogen. Das, so sagte der Minister, sei „historisch“, denn erstmals seit Gründung des Königreichs Bayern 1806 sei nun auch Nürnberg offiziell Regierungssitz.Patrick Guyton

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