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Viel Grün, viel Blau und kein Betongold: Blick auf Berlins Tempelhofer Feld

© dpa

Bauen verbieten?: Prima leben ohne Neubauten

Jeden Tag verschwinden 77 Hektar Deutschland unter Asphalt und Beton. Der Blog eines Stadtplaners fordert: Verbietet das Bauen.

Das Tempelhofer Feld, immerhin, hat vor zwei Wochen ein beeindruckendes Ja der Berliner Stadtgesellschaft bekommen. Die will keine weiteren schicken Bauten dort, sondern einfach hundert Prozent Grün. Das ist auch anderswo Bürgerinnenwille. Die Realität allerdings ist viele Hektar vom solchen Wünschen entfernt. Tag für Tag verschwinden in Deutschland 77 Hektar Freifläche unter Straßen, Häusern oder Freizeitparks. Es geht nicht mehr ganz so rasch zwar wie zur Jahrtausendwende, als die „Siedlungs- und Verkehrsflächen“ sich um täglich 131 Hektar ins Land fraßen, ist aber immer noch reichlich weg vom Ziel der Bundesregierung, den Landschaftshunger bis 2020 auf 30 Hektar zu begrenzen.

Shopping-Malls von Duisburg bis Jena

Deutschland schafft sich also tatsächlich ab und das in so atemberaubenden Tempo – allein in den letzten 20 Jahren wuchs die Landschaft aus Asphalt und Beton um knapp ein Fünftel – dass dies auch radikale Vorschläge provoziert. Im Oktober 2013 startete der Blog verbietet-das-bauen.de, der dem Wahnsinn ein richtiges Stoppschild setzen will. Zu guten Argumenten liefert er eine Fülle von Literaturtipps und Links, Berichte über ressourcenschonende Stadtplanung und Filmclips und Fotos, die den anhaltenden Betongoldrausch und seine Folgen dokumentieren. Besonders akribisch-bissig nimmt er sich der Shopping-Malls von Duisburg bis Jena an und der (Schein-)Argumente der Lokalpolitik, warum sie noch mehr Konsumfläche aufpflastern. Statt Bauforschung, meint Blogger Daniel Fuhrhop, sollte es lieber Bauverbotsforschung geben.

Alternative zum Neubau: Der Altbau wird besser genutzt

Gemacht wird der Blog von einem vom Fach. Fuhrhop, der heute in Oldenburg lebt, studierte an Berlins TU Architektur und Stadtplanung, setzte noch ein Studium der Betriebswirtschaft drauf und gründete den „Stadtwandel Verlag“, der, wie er selbst gesteht, für Neubauten warb. Aber gerade, dass er sich 15 Jahre lang vor allem mit Neubauten beschäftigte, habe ihn erst zum Bauverbot-Blogger gemacht. Die Bauwut, die sich in „Bürotürmen, Wohnsiedlungen und Shopping-Centern“ austobt, müsse beendet werden. Sein Blog soll zeigen, „wie schädlich das Bauen ist und wie gut wir ohne auskommen könnten, indem wir Leerstand beseitigen, Fläche effizient nutzen und uns darauf besinnen, was wir schon haben“.

Statt mehr Beton: Zusammenrücken!

Vom jüngsten Nachhaltigkeitskongress der Deutschen Bauzeitung brachte Fuhrhop soeben frische Beispiele mit, dass Weniger nicht zwangsläufig Verzicht heißt: Eine Schule in England, die einen Neubau vermied, als sie die engen Flure durch zeitversetzes Pausenklingeln entlastete. Das Karlsruher Staatstheater, dessen tagsüber leerstehendes Foyer jetzt bis abends als Bibliothek genutzt wird. Oder der Hamburger Altbau, in dem Teile der zu großen Wohnung einer älteren Dame mit der zu kleinen der jungen Familie ein Geschoss weiter verbunden wurde.
Natürlich hat Ex-Berliner Fuhrhop weiter die alte Heimat im Auge und auch die Volksabstimmung zum Tempelhofer Feld von Anfang an begleitet. Der Hauptstadt riet Fuhrhop schon lange vor dem Wahltag, was Karlruhes Theaterleute und Studierende oder die Hamburger Mietgemeinschaft praktizieren: „Mut zur Nähe“. Also, Berlinerinnen und Berliner aller Länder: Rückt zusammen!

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