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Henning Harnisch im Einsatz.

© picture alliance / Rainer Jensen

Basketballer Harnisch über sein Engagement für die SPD: "Ich bin schon seit Jahren Wahlkämpfer"

Der ehemalige Basketball-Nationalspieler Henning Harnisch unterstützt den Wahlkampf der SPD in Hessen. Im Interview spricht er über Erfolg, Politik und seine Idee von Sport.

Im Wahlkampfteam der Hessen-SPD findet sich ein prominenter Kopf: der Ex-Basketballspieler Henning Harnisch (50). Früher gewann er Meistertitel mit Leverkusen und Alba Berlin sowie 1993 mit der Nationalmannschaft den Europameistertitel. Als Vizepräsident bei Alba Berlin kümmert er sich vor allem um die Nachwuchsarbeit. Im Wahlkampfteam von Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel wird er er der Beauftragte für Sport und Teilhabe.

Herr Harnisch, setzt Thorsten Schäfer-Gümbel mit der SPD in Hessen wirklich mehr auf Sport oder wollte er mit Ihnen bloß einen Basketball-Europameister im Wahlkampfteam haben?

Er hat sich auf die Denkweise eingelassen, das habe ich gemerkt. Auf das, was hinter unserer Sportidee steckt.

Was ist das denn, Ihre Sportidee?

Den Sport ganzheitlich von unten für alle aufzubauen. Indem man Bildungsorte wie Kitas, Grund- und Oberschulen neu mit den örtlichen Vereinen vernetzt. Deutschland ist kein echtes Sportland, weil es Zufall ist, ob jemand Sportler wird. Das wollen wir auflösen, gerade in Gegenden, in denen es den Leuten nicht so gut geht.

Warum passt das zur SPD?

Soziale Gerechtigkeit fand ich als Slogan immer gut, aber auch sehr abstrakt. In unserer Sportidee steckt das drin: Sport für alle. Dass ein Miteinander hergestellt wird, ist eine der Traditionslinien des Vereinssports. Die ist brüchig geworden, aber sie kann neu gestärkt werden.

Welche Rolle wollen Sie dabei spielen, wenn Sie von diesem Montag an durch Hessen reisen?

Mein Titel bringt es gut zum Ausdruck: Ich bin der Beauftragte für Sport und Teilhabe. Thorsten Schäfer-Gümbel hat bei meiner Vorstellung gesagt, dass es darum geht, Sport aus der Nische herauszuholen. Das entspricht genau meinem Sportverständnis. Sport ist auch Bildung, Jugend, Soziales, Gesundheit, Stadtentwicklung.

Und wenn Sie Erfolg haben sollten?

Es wäre eine Riesengenugtuung, wenn man diese Sportidee in Hessen umsetzen könnte. Es ist mir wichtig, inhaltliche Arbeit da umzusetzen, wo ich herkomme. Hessen hat eine überragende Sporttradition, die gilt es nun, neu aufzuladen.

Was bedeutet das für Ihre Stellenbeschreibung?

Es gibt ein breites Spektrum, was möglich ist. Wir müssen erstmal sehen, wie es sich entwickelt. Es gibt tolle und wichtige Gründe, warum es Ressorts gibt, aber auch Gründe, warum man davon unabhängig sein sollte. Auf Bundesebene ist das Innenministerium für Sport zuständig, aber mit einem total engen Sportverständnis. Eine Spitzensportreform muss doch im Grunde in der Kita anfangen.

In Berlin haben Sie mit Alba viele Sportprojekte aufgebaut. Ihre Erfahrungen hier haben Sie also nicht abgeschreckt, noch politischer zu arbeiten?

Ich bin eigentlich schon seit Jahren Wahlkämpfer – für inhaltliche Ideen im Sport. Und die setzt man oft im politischen Raum um. Den musste ich auch erst nach und nach kennenlernen, also Bezirksämter, Sport- und Bildungsausschüsse, Stadträte, Senatsverwaltungen.

Mit welchem Beispiel aus Berlin werden Sie in Hessen Ihren Ansatz vorstellen?

Am dichtesten haben wir unsere Idee in der Gropiusstadt realisiert. Mit Schul- und Hortleitern, Wohnungsbaugesellschaften, Quartiersmanagement, Bildungs- und Jugendstadträten, Bezirksbürgermeister. Kern ist, dass sieben Kindergärten und sieben Schulen und alle eben aufgezählten Akteure mit uns einen Vertrag unterschrieben haben. Qualifizierte Trainer werden Teil des Bildungsortes und arbeiten mit Erziehern an der Kita, gehen mit den Vorschulkindern in den Sportunterricht der ersten Klasse der Nachbarschule, unterstützen die Lehrer im Sportunterricht oder machen eine Vielzahl von AGs. Dann gibt es Highlights wie Projekttage, Feriencamps und neue Wettkämpfe. Denn Ballsportarten leben vom Reiz des Wettbewerbs. Alles mündet in einem Jahresplan, der zum Schuljahresabschluss feierlich gemeinsam ausgewertet wird.

Gibt es in Hessen eine Offenheit dafür, wenn jemand aus Berlin mit einer solchen Idee kommt?

Wir setzen die Idee dank einer Kooperation von Alba schon bei Lich Basketball um. Diesen Verein leitet Annette Gümbel, die Ehefrau von Thorsten Schäfer-Gümbel. Es ist ein extrem fruchtbarer und vertrauensvoller Dialog. Und so wie in der Gropiusstadt funktioniert es auch in Lich, so unterschiedlich die Orte auch sind.

Wie gehen Sie jetzt vor?

Ich lerne die Leute vor Ort kennen, Trainer und Lehrer, Vereine, Bildungspartner, frage, was ihnen wichtig ist, was ihnen fehlt und bringe dann behutsam die eigene Idee ein. Wobei ich die nicht eins zu eins kopieren muss. Eine Frage ist: Wie kann man Sportlehrer stärken? Jeder kennt den Typus Sportlehrer, der einen für Bewegung und Spiele begeistert. Der stellt Sportbiographien her. Aber wir haben ihn gesellschaftlich zu wenig in den Mittelpunkt gestellt. Viele Schulleiter wissen nicht, wie wertvoll so ein Lehrer für die Schulatmosphäre ist.

Was muss denn Politik tun?

Die Hauptaufgabe im politischen Raum ist, inhaltliche Ideen stark zu machen, eine Vision auszudrücken, die machbar ist. Und zur Umsetzung braucht es dann natürlich auch Geld.

Mancher Sportlehrer wird sagen, ich habe so viel Stunden, muss meinen Lehrplan umsetzen, da bleibt keine Zeit für Kooperationen mit Vereinen.

Es geht um eine Bereitschaft, sich auf einen inhaltlichen Prozess einzulassen. Wir haben in Berlin angefangen, ohne dass Geld da war. Am Anfang steht der Dialog mit Schulleitern, Hortleitern, Trainern, Erziehern. Wie kann man auch zur Entlastung der Sportlehrer einen Pool schaffen von Trainern, die das hauptamtlich machen können? Da geht es um eine neue Erzählung für die Politik. Darum, Ideen stark zu machen, die wahrscheinlich erst in zehn oder zwanzig Jahren blühen werden.

Wie wollen Sie damit in die politische Logik der Legislaturperiode eindringen?

Nehmen wir die Isländer. Die mussten auf ihrer Insel immer sehr kreativ sein. Dass sie in den Spielsportarten bei Europa- und Weltmeisterschaften stark mitgespielt haben, kam auch erst Jahre später. Am Anfang stand eine Idee. Das Ziel ist, messbare Ergebnisse zu schaffen, also dass etwa die Kinder in der Gropiusstadt in soundsoviel Jahren durch den Sport zu x Prozent zufriedener, fitter, sozial verträglicher, gesünder sind als in einem Vergleichsgebiet. Man investiert in eine Idee, die einen gesellschaftlichen Nutzen herstellt. Wenn man dafür eine andere Öffentlichkeit herstellt, Krankenkassen und andere mit hineinholt, sind wir auf einem sehr interessanten Weg.

Wen sehen Sie auf diesem Weg als Ihre Verbündeten?

Meine natürlichen Verbündeten sind die, die selbst Sport machen und seinen Wert täglich erfahren. Da gibt es in Hessen überragende Persönlichkeiten: Harald Schmid, Jochen Behle, Cornelia Hanisch, mit denen bin ich groß geworden. Und es gibt Leuchttürme. Warum sollte nicht Eintracht Frankfurt Leuchtturm der Sportidee werden? Indem die Trainer der Eintracht eine bedeutende Rolle in schwierigen Stadtteilen spielen und eng zusammenarbeiten mit Lehrern und Erziehern und den Sportvereinen vor Ort. Mein Ziel ist, da bin ich wettbewerbsorientierter Sportler, dass Hessen das Vorbild-Sportland Deutschlands wird.

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