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US-Präsident Barack Obama in San Francisco

© AFP

Barack Obama nach Charleston-Attentat: Er spricht von Hoffnung und vermittelt Resignation

Die Morde von Charleston markieren das Ende jener Hoffnung, dass ein schwarzer Präsident die Wunde des Rassismus heilen könnte. Barack Obama fand nach dem Attentat in Charleston keine Worte. Ein Kommentar.

Am 15. September 1963 platzierten vier Mitglieder des Ku Klux Klan 15 Stangen Dynamit unter den Stufen der „16th Street Baptist Church“ in Birmingham im US-Bundesstaat Alabama. Die Bombe der „White Supremacist“, Anhänger der Ideologie einer weißen Überlegenheit, zerriss an diesem Sonntag vier schwarze Mädchen.

Bei ihrer Beerdigung sagte der Bürgerrechtler Martin Luther King, sie „sind nicht umsonst gestorben. Sie sagen uns, Schwarzen wie Weißen, dass wir Mut gegen Vorsicht eintauschen müssen. Ihr Tod sagt uns, dass wir leidenschaftlich und unnachgiebig arbeiten müssen für die Verwirklichung des Amerikanischen Traums.“ Martin Luther King fand große Worte, die die Nation bewegten. Sie waren ein Meilenstein im Kampf gegen Rassismus. Wenig später wurden die Bürgerrechte Gesetz.

Charleston ist das Ende der Hoffnung

Nachdem jetzt ein 21-jähriger „White Supremacist“ neun schwarze Gläubige in der „Emanuel African Methodist Episcopal Church“ erschossen hat, läuft die Erinnerung an Birmingham wie ein Schock durch das Land. Barack Obama erinnerte an die Worte von Martin Luther King. Er zitierte dessen Rede. Eigene Worte, die der Größe des Verbrechens von Charleston angemessen gewesen wären, fand er nicht.

Obama sprach von Hoffnung und vermittelte Resignation. Vielleicht ist es von einem Präsidenten ja zu viel verlangt; aber die Morde von Charleston markieren das Ende jener Hoffnung, dass ein schwarzer Präsident die Wunde des Rassismus heilen könnte. Obama hat selbst daran geglaubt. Spätestens mit den Opfern von Charleston ist auch diese Illusion gestorben.

Die Kraft des Bildes, ein schwarzer Präsident im Weißen Haus, war unwiderstehlich. Barack Obama nutzte den Sog, den ihm die Symbolik verlieh. Als Person gewordene Hoffnung verführte er sich selbst, Amerika und nicht zuletzt auch Europa. Sein Einzug ins Präsidentenamt schien ein Versprechen auf eine bessere Zukunft, auf ein Amerika, das die Epoche des Rassismus hinter sich lassen würde. Doch da lag die Verwechslung: Die Wahl Obamas war noch kein Versprechen auf die Zukunft, sie war ein Statement der Gegenwart. Amerika ist weit gekommen. Ein Schwarzer kann Präsident werden. Im Blick der Historiker wird das gewiss eine Wende gewesen sein.

In der Gegenwart des Jahres sieben seit Obama aber ist es gerade kein Zufall, dass das Land jetzt Ferguson gesehen hat, Baltimore und Charleston. In einem Land, in dem die Schere zwischen arm und reich drastisch aufgegangen ist, wehren sich die Unterprivilegierten jeder Hautfarbe. Ein schwarzer Präsident im Weißen Haus ermutigt Schwarze und andere Minderheiten, sich zu wehren und nach mehr zu verlangen.

Der Bodensatz weißer Rassisten dagegen, denen es nicht besser geht, als jenen anderer Hautfarbe, brodelt vor Wut über die Anmaßung dieses Schwarzen in Washington und seinesgleichen. „Yes, we can“ hatte Obama versprochen. Aber nach sechs Jahren seiner Präsidentschaft wird die Spaltung des Landes sichtbarer denn je. No, he can’t.

Obamas Nachfolger wird fast sicher wieder weißer Hautfarbe sein. Mindestens zwei Kandidaten, Hillary Clinton wie auch Jeb Bush, haben die Signale der Zeit gehört. Es war ein weißer Präsident, Lyndon B. Johnson, der 1964 die Bürgerrechte durchgesetzt hat. So absurd es klingen mag, für die Schwarzen in Amerika ist jetzt ein Weißer die größte Hoffnung.

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