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Nichts geht mehr. Am Dienstag fallen in Frankreich voraussichtlich fast 90 Prozent der TGV-Hochgeschwindigkeitszüge aus.

© Christophe Simon/AFP

Bahnstreiks in Frankreich: Kampf der Schiene

Am Dienstag und Mittwoch kommt es in Frankreich wegen des Streiks der Eisenbahner zu zahlreichen Zugausfällen. Für Präsident Macron wird die Reform der Staatsbahn SNCF zur Kraftprobe.

Über Ostern können sich die Franzosen noch weit gehend auf ihre Bahn verlassen. Der angekündigte Streik der Eisenbahner, der am Ostermontag um 19 Uhr beginnt und den Zugverkehr in den ersten Stunden kaum beeinträchtigen dürfte, wird sich hingegen an diesem Dienstag und am Mittwoch umso stärker bemerkbar machen. Mit der Arbeitsniederlegung protestieren die Gewerkschaften in Frankreich gegen den von Staatschef Emmanuel Macron geplante Umbau der Staatsbahn SNCF nach dem Vorbild der Deutschen Bahn. Für den französischen Präsidenten, der im vergangenen Jahr eine Reform des Arbeitsrechts durchsetzte und dabei auf einen ausgiebigen Dialog mit den Gewerkschaften setzte, ist es die zweite große innenpolitische Bewährungsprobe in seiner Amtszeit.

Öffnung für den Wettbewerb soll langsamer erfolgen als ursprünglich geplant

Mit der Reform der SNCF will Macron Privilegien wie Vorzugsrenten für neu eingestellte Eisenbahner abbauen. Zudem soll das französische Schienennetz für Konkurrenz aus dem EU-Ausland geöffnet werden. Verkehrsministerin Elisabeth Borne hat inzwischen das Vorhaben entschärft und angekündigt, dass die Regionen sich mit der Freigabe des Wettbewerbs unter den europäischen Bahn-Anbietern auch über das von der EU angepeilte Jahr 2020 hinaus Zeit lassen können.

Zusätzlich zum Bahnstreik, den französische Medien bereits zum „Kampf der Schiene“ deklariert haben, legen an diesem Dienstag zudem Beschäftigte der Fluggesellschaft „Air France“ die Arbeit nieder, für die Gewerkschaften eine Gehaltserhöhung von sechs Prozent fordern. Nach Angaben der Geschäftsleitung von „Air France“ sollen aber trotz des Streiks drei von vier Flügen wie geplant starten. Zur Arbeitsniederlegung sind zudem an diesem Dienstag Beschäftigte der Müllabfuhr sowie im Energiesektor aufgerufen.

Die größte Herausforderung besteht für Macron indes im Aufstand der Eisenbahner. Für die ersten geplanten Streiktage in dieser Woche rechnen die Gewerkschaften mit einem hohen Mobilisierungsgrad. Die SNCF geht davon aus, dass an diesem Dienstag fast 90 Prozent der TGV-Hochgeschwindigkeitszüge ausfallen.

Betroffene Kunden können ihre DB-Tickets umbuchen

Das hat auch Folgen für den Fernverkehr in Deutschland. Vom Streik im Nachbarland sind unter anderem die Verbindungen zwischen Frankfurt (Main) und Paris, zwischen Stuttgart und der französischen Hauptstadt sowie zwischen Frankfurt (Main), Lyon und Marseille betroffen. Reisende, die ihre bereits gebuchte Reise nicht antreten möchten, können ihre DB-Tickets kostenlos umbuchen oder erstatten lassen.

Die Gewerkschaften CGT, Unsa, SUD und CFDT, die zum Bahnstreik aufgerufen haben, argumentieren, dass der geplante Umbau der SNCF nichts an dem milliardenschweren Schuldenberg der Bahn sowie den chronischen Verspätungen und Zugausfällen ändere. Ob die Streikbewegung erfolgreich ist oder ob sich Macron mit seinen Reformplänen durchsetzt, wird sich indes erst im Verlauf der kommenden Wochen herausstellen. Die Gewerkschaften verfolgen eine Art Zermürbungstaktik: Sie haben angekündigt, ihre Streiks an jeweils zwei von fünf Tagen bis Ende Juni fortzusetzen.

Knappe Mehrheit befürwortet Macrons Reformpläne

Entscheidend dürfte für Macron die Reaktion der Öffentlichkeit auf die Arbeitsniederlegungen der Eisenbahner sein. Laut einer von der Zeitung „Journal du Dimanche“ veröffentlichten Umfrage befürwortet eine knappe Mehrheit von 51 Prozent seine Reformpläne für die SNCF. Doch die Stimmung könnte sich gegen Macron wenden, falls die Streiks wirklich bis Ende Juni andauern sollten. Der Staatschef setzt indes darauf, dass die Gewerkschafts-Front von CGT, Unsa, SUD und CFDT demnächst bröckelt. Tatsächlich sind Frankreichs Gewerkschaften nicht mehr so stark wie 1995. Damals gelang es den Eisenbahnern, ein SNCF-Reformprojekt mit einem wochenlangen Streik zu Fall zu bringen.

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