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Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne)

© Imago/photothek/Thomas Trutschel

Baerbock stellt Aktionsplan vor: Deutschland will Evakuierung aus Afghanistan beschleunigen

Außenministerin Baerbock fürchtet in Afghanistan die „größte humanitäre Katastrophe unserer Zeit“. 15.000 Menschen warteten auf die Ausreise nach Deutschland.

Die Bundesregierung will die Evakuierung von besonders schutzbedürftigen Menschen aus Afghanistan beschleunigen. Dafür sollen etwa bürokratische Hürden bei der Visa-Erteilung abgebaut werden, wie Außenministerin Annalena Baerbock am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung eines Sieben-Punkte-Aktionsplanes für Afghanistan sagte.

Es seien noch 15.000 Menschen in Afghanistan, zu deren Aufnahme sich Deutschland bereiterklärt habe. Darunter seien auch 135 deutsche Staatsangehörige. Afghanistan steuere „in die größte humanitäre Katastrophe unserer Zeit“, warnte die Grünen-Politikerin.

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Als besonders schutzbedürftig gelten etwa Menschenrechtsverteidiger, aber auch ehemalige afghanische Ortskräfte der Bundeswehr, des Auswärtigen Amts oder des Entwicklungsministeriums. „Sie sind nicht vergessen“, versicherte Baerbock. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, alle in Sicherheit zu bringen.“ Bisher hat die Bundesregierung seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan Mitte August rund 10.000 Menschen in Sicherheit gebracht, 5300 davon seien von der Bundesregierung ausgeflogen worden.

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Große Teile der Wirtschaft in Afghanistan seien zusammengebrochen, viele Menschen müssten hungern, Familien verkauften in ihrer Verzweiflung ihre Töchter, um Nahrungsmittel kaufen zu können, sagte Baerbock kurz vor Weihnachten. „Über 24 Millionen Menschen brauchen in diesem Winter humanitäre Hilfe, um überleben zu können.

Weniger Hürden im Visaverfahren

Gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium wolle man Hürden im Visaverfahren abbauen, um bei der Evakuierung nicht kostbare Monate zu verlieren, bekräftigte Baerbock. Für bestimmte Fälle könne dies eine digitale Datenerfassung und Sicherheitsüberprüfung vor der Ausreise und eine Visa-Ausgabe in Transitländern oder beim Eintreffen in Deutschland bedeuten.

Es müsse alles dafür getan werden, die Reisewege aus dem Land unbürokratisch zu gestalten, sagte Baerbock. „Denn unser gemeinsames Ziel ist der Aufbau nicht einer, sondern mehrerer humanitärer Luftbrücken von Afghanistan nach Deutschland.“ Zudem werde man die Definition der Kernfamilie von Menschen mit Ausnahmezusagen sowie mit Blick auf Härtefälle offener angehen, um auch die Lebenswirklichkeit stärker im Blick zu haben. Dies würde bedeuten, dass es einen größeren Kreis von Ausreiseberechtigten geben würde.

Hilfsgelder sollen nicht bei den Taliban landen

Von Deutschland finanzierte Hilfe werde ausschließlich durch die Vereinten Nationen und Nichtregierungsorganisationen geleistet, sagte die Ministerin. „Denn die Hilfe muss dort ankommen, wo sie am meisten gebraucht wird: Bei den Menschen und nicht bei den Taliban.“ Die Bundesregierung habe angeboten, sich an einem Überwachungsmechanismus zu beteiligen, damit die Gelder nicht bei den Taliban landeten.

Vom kommenden Jahr an wolle die Bundesregierung in enger Abstimmung mit internationalen Partnern auch wieder mit eigenem Personal direkt in Afghanistan präsent sein, um sich ein eigenes Bild der Lage zu verschaffen, kündigte Baerbock an. „Dieses Arbeiten vor Ort ist keine politische Legitimierung oder gar Anerkennung des Taliban-Regimes“, versicherte sie. Es gehe darum, Ausreisen zu ermöglichen.

Angesichts der Sorge vor einer möglichen Aufwertung der Taliban zeichnet sich keine Reise Baerbocks in das Land ab. In der aktuellen Lage stelle sich diese Frage nicht, sagte sie. Der designierte Botschafter Markus Potzel führe „unterschwellig“ konstruktive Gespräche. Ohne Gesprächskanäle offen zu halten, könne den Menschen am Ort nicht geholfen werden. Baerbock unterstrich: „Das ist das komplette Gegenteil von einer Anerkennung der Taliban. Und es gibt absolut gar keinen Grund, die Taliban, die De-facto-Regierung, politisch irgendwie aufzuwerten.“ Man sei „den Menschen in Afghanistan verpflichtet und nicht den Taliban.“

Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP hatte in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, man wolle ein humanitäres Aufnahmeprogramm des Bundes in Anlehnung an die Programme im Rahmen des Syrien-Krieges auch für Afghanistan nutzen. In dem Papier heißt es zudem, die Anerkennung der Regierung in Kabul werde „an ihre Inklusivität und an die Bewahrung der Menschenrechte“ geknüpft. Insbesondere werde man sich für Frauen- und Mädchenrechte sowie für den Schutz und die Aufnahme derer einsetzen, die durch eine frühere Zusammenarbeit mit Deutschland gefährdet seien. (dpa)

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