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Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), und Thomas Strobl, der Landesvorsitzende der CDU Baden-Württemberg.

© dpa

Baden-Württemberg: Grün-Schwarz will heimlich sparen

Kretschmann und Strobl haben geheime Absprachen getroffen. Das zeigen Enthüllungen. Abgeordnete sind empört, die Opposition schäumt.

Am Wochenende sahen sich Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann und sein Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU) zu einem ungewöhnlichen Schritt veranlasst: In einem kurzfristig aufgesetzten Schreiben wandten sich die Protagonisten der bundesweit ersten grünschwarzen Regierung gemeinsam an die Landtagsabgeordneten ihrer Parteien. Es war der Versuch, die Aufregung in den eigenen Reihen über weitere, in kleinem Kreis getroffene „Nebenabsprachen“ zum offiziellen Koalitionsvertrag zu dämpfen.

Ein Bericht der „Südwest Presse“ hatte die Regierungsspitze in die Defensive gebracht. Danach haben sich Kretschmann und Strobl in einer nichtöffentlichen Absprache auf konkrete Einsparinstrumente und -ziele verständigt, die sich in der Endstufe bis 2020 auf 1,8 Milliarden Euro jährlich summieren sollen.

Konkret ist die Streichung von 5000 Stellen im Landesdienst geplant, womit 250 Millionen Euro gespart werden sollen. Durch Eingriffe in die Beamtenbesoldung sollen bei den Ausgaben weitere 500 Millionen Euro entfallen, ein „Konsolidierungsbeitrag“ der Kommunen soll den Landesetat um 300 Millionen Euro entlasten. Eine Erhöhung der Grunderwerbssteuer um 1,5 Punkte auf dann 6,5 Prozent soll Zusatzeinnahmen in Höhe von 300 Millionen Euro bringen.

Nicht im Koalitionsvertrag

Diese Details finden sich weder im Koalitionsvertrag noch waren sie dem Gros der Regierungsabgeordneten bekannt. Erst vor vier Wochen waren Nebenabsprachen zwischen Kretschmann und Strobl über die wichtigsten Vorhaben auf der Ausgabenseite bekannt geworden. Danach hatten die Parteizentralen das Dokument notgedrungen selbst veröffentlicht.

Man habe nie verschwiegen, dass es weitere Nebenabreden zum Koalitionsvertrag gebe, schreiben Kretschmann und Strobl nun den eigenen Abgeordneten. Die Bezeichnung „Geheimpapier“ sei daher falsch. Zugleich erklären sie, dass sie ihre „internen Verhandlungsstrategien nicht öffentlich machen“ könnten, um die Position des Landes nicht zu schwächen. Die Nebenabreden würden aber lediglich „denkbare Instrumente“ aufzeigen, um den Haushalt zu sanieren. Sie könnten keinesfalls „das Königsrecht des Parlaments, über den Haushalt zu entscheiden, außer Kraft setzen“, versucht die Regierungsspitze dem Eindruck entgegenzuwirken, dass den eigenen Abgeordneten nur eine Statistenrolle zugedacht sein könnte. Das Misstrauen in den eigenen Reihen ist nach der Enthüllung der ersten Nebenabreden vor vier Wochen ohnehin groß.

„Wäre ich Regierungsabgeordneter, würde ich mich nicht in derartiger Art und Weise hinter meinem Rücken auf Entscheidungen verpflichten lassen“, sagte FDP-Landtagsfraktionschef HansUlrich Rülke. Gerüchte, dass das Duo an der Regierungsspitze hinter den Kulissen auch einen schriftlichen Deal über Personalangelegenheiten getroffen hat, kursieren auch in den Reihen der Koalition. „Dass so etwas unter einem Ministerpräsidenten Kretschmann geschieht, hätte ich mir vor einem halben Jahr noch nicht vorstellen können“, sagt die designierte SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier.

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