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Das Ladesäulennetz in Deutschland ist immer noch löchrig – und das Neuwagenangebot bei E-Autos spärlich.

© Martin Gerten/dpa

Autogipfel zur Elektro-Mobilität: Von einer E-Wende ist die Autobranche weit entfernt

Will der Verkehrssektor klimaneutral werden, muss viel mehr passieren – und eine Alternative für die Beschäftigten der Branche gefunden werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Henrik Mortsiefer

Der Erfolg scheint der Bundesregierung recht zu geben: Seit die Kaufprämie im Juni verdoppelt wurde, steigen die Zulassungszahlen für Elektroautos und Plug-in-Hybride sprunghaft. Vom Durchbruch der Elektromobilität ist die Rede, die staatliche Starthilfe wirkt, die Verbraucher wenden sich vom Verbrennungsmotor ab. So gesehen kann man sich fragen, ob die beim gestrigen Autogipfel mit der Kanzlerin beschlossenen zusätzlichen Fördermaßnahmen eigentlich notwendig waren. 

Weitere drei Milliarden Euro pumpt die Regierung in die Autobranche: die Kaufprämie wird gleich bis 2025 verlängert, für alte Lkw gibt es eine Abwrackprämie, ein Zukunftsfonds soll den Strukturwandel abfedern. Zusammen mit dem Konjunkturprogramm fließen insgesamt fünf Milliarden Euro frisches Fördergeld in die Schlüsselbranche. Läuft denn der (Elektro-)Motor der Branche nicht auch ohne Subventionen? Der Eindruck täuscht: Von einer echten Antriebswende sind die deutsche Automobilindustrie und die Verbraucher noch weit entfernt.

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Angefangen beim spärlichen E-Neuwagenangebot über das löchrige Ladesäulennetz bis zur Lust an immer größeren, PS-stärkeren Verbrenner-SUVs. Das alles reicht nicht, um den Verkehrssektor dem Ziel des Pariser Klimaabkommens und den CO2-Grenzwerten in der EU näher zu bringen. Wenn die Industrie in 30 Jahren klimaneutral sein will, was sie beschwört, dann muss viel mehr passieren. Weil das aber wehtun wird, ist es gut, dass der Staat jetzt in der Lage ist zu helfen. Denn Geld heilt manche Wunden.

Die Beschäftigten in der Autoindustrie brauchen eine Perspektive

Das Experiment, den Benziner oder Diesel tatsächlich abzuschaffen und auf Batteriebetrieb umzuschalten, wagt man eher, wenn die Anschaffung 10.000 Euro weniger kostet. Auch der Spediteur oder die Kommune überlegen eher, ob sie den alten Laster oder Müllwagen verschrotten, um einen modernen anzuschaffen. Und die Beschäftigten in der Autoindustrie, die ihre „alten“ Jobs verlieren werden, brauchen eine Perspektive, wie sie sich für die neuen Aufgaben qualifizieren können. Fördern ist also gut, fordern noch besser. Gefordert werden müssen nicht nur Industrie, Konsumenten und Beschäftigte.

Die Anschaffung schmutziger PKW ist im Vergleich zu E-Fahrzeugen zu günstig

Die Politik hat noch gut zu tun, wenn die Verkehrswende gelingen soll. Der CO2-Preis ist zu niedrig, um eine Lenkungswirkung zu entfalten. Fossile Kraftstoffe wie Diesel und Kerosin sind zu billig, um Investitionen in Alternativen attraktiver zu machen. Die Anschaffung großer, schwerer und schmutziger Pkw ist verglichen mit E-Fahrzeugen zu günstig. Nicht zu vergessen: ÖPNV oder Fahrrad bieten oft keine Antwort auf Alltagsfragen, die sich nur mit dem eigenen Auto beantworten lassen. Die politische Agenda ist seit gestern Abend nicht kleiner geworden. Der nächste Autogipfel kommt bestimmt

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