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Was passiert, wenn sich bald niemand mehr an Verkehrsregeln hält?

© Getty Images/iStockphoto

Auto-Aggressionen am Badesee: Rammen sie bald auch rote Ampeln weg?

Poller umnieten für Parkplätze: Die Randale am Glienicker See in Kladow eröffnen den Blick in verletzte Autofahrerseelen. Wo soll das enden? Ein Szenario.

Berlin-Kladow, Glienicker See vor einer Woche: Autofahrer rammen mit ihren Fahrzeugen gegen Holzpoller, reißen die aus dem Boden, um möglichst nah am See zu parken. Und man muss kein Misanthrop sein, um zu sagen: Solche Szenen werden sich im Sommer garantiert wiederholen – in Berlin und anderswo.

Das hängt mit der Überfüllung vieler Badestellen zusammen und mit der Hitze, umso mehr in den übermotorisierten Blechkisten, wenn die schon viel zu lang in der Sonne gestanden haben. Aber vor allem aber mit der neuen Position, in der sich Autofahrende heute wiederfinden: in der Defensive.

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Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist für Tempolimits, die Berliner SPD hat die Unterstützung für den Weiterbau der Autobahn 100 aufgegeben, wer sich in Städten als Autofahrer oder -fahrerin outet, wird angeschaut, als jagte er sein Essen mit der Keule.

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Und soziale Bewegungen wie die „Letzte Generation“, deren Mitglieder sich auf Hauptverkehrsstraßen festkleben, verunsichern die verletzte Autofahrerseele vollends. Da sitzen sie dann, die menschlichen Poller der Generation Z, die man anders als am See bisher nicht umrammt. Aber: Wird das so bleiben?

Autofahrer fühlen sich als Opfer

Verkehrsregeln als unverbindliche Empfehlung anzusehen war lange das Privileg von Radfahrer*innen und Fußgänger*innen. Wenn die Ampelphasen auch so bescheuert getaktet sind!

Nun nehmen sich auch die Motorisierten zunehmend Freiheiten – aus einer gefühlten Opferrolle, bei der der Aggressionstacho im Daueranschlag verharrt. Schließlich haben sie schon allerlei hingenommen: die vielen Radfahrstreifen, auf denen vereinzelte Fahrräder unterwegs sind, während sie nebendran im Stau schmoren, die weggefallenen Parkplätze, das teure Benzin. Nun ist offenbar Schluss.

Wen rammen sie als Nächstes weg?

Der „Letzten Generation“ stellt sich also ein letztes Aufbäumen entgegen, oder eher: ein letztes Aufbrummen.

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Was kommt nach dem Pollervorfall von Kladow? Überpinseln die Automobilisten bald Zebrastreifen mit Motoröl? Betonieren sie sich ihre eigene Stadtautobahn? Fahren auch sie in Zukunft einfach über rote Ampeln? Oder gar gegen sie? Rammen sie auch die weg? Wenn man nur oft genug dagegendonnert, weicht jedes Hindernis.

Mit dem Kopf durch die Wand: Das passt zu einem Verkehrsmittel, dessen Superkraft „Planet zerstören“ heißt. Aber vielleicht müssen die heiß gelaufenen Automänner tatsächlich einfach mal ins kalte Wasser springen. Man besorge ihnen ein Planschbecken mit Eisdiele in fußläufiger Distanz – und einen guten ÖPNV-Anschluss.

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