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Politik: Ausweis von Offenheit

Lobbyisten fordern von ihrer Branche mehr Transparenz – etwa beim Einfluss auf Abgeordnete

Von Matthias Meisner

Berlin - Die Deutsche Gesellschaft für Politikberatung (Degepol) will, dass Lobbyisten im Bundestag künftig nur noch dann ein- und ausgehen können, wenn sie ihre Aktivitäten transparent machen. Degepol-Chef Dominik Meier und der Ethikbeauftragte des Vereins, Heiko Kretschmer, schrieben an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), die Erlangung eines Hausausweises sollte „besser an konkretere Pflichten der Antragsteller geknüpft sein“. In dem Brief, der dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es, dazu gehöre die Verpflichtung der Lobbyisten zu Verhaltenskodizes „sowie zu umfassenden und sanktionsbewehrten Transparenzpflichten mit Angaben zu Personen, Zielen und finanziellem Aufwand des Lobbyings“. Ein Verstoß solle demnach zum Entzug des Ausweises für Einzelpersonen oder deren Institutionen führen können.

Der Bundestag berät – alarmiert auch durch jüngste Terrorwarnungen – gegenwärtig über strengere Hausausweisregeln. Nach Angaben der Parlamentsverwaltung sind zurzeit unter anderen circa 1500 Vertreter von Verbänden im Besitz eines Hausausweises, können sich also unkontrolliert in den Räumen des Parlaments bewegen. Die Degepol hatte sich 2002 nach der Affäre um den damaligen Public-Relations-Berater Moritz Hunzinger gegründet – dessen umstrittene Beratungstätigkeit unter anderem für den SPD-Politiker Rudolf Scharping, zu jener Zeit Verteidigungsminister, hatten der PR-Branche nach eigener Einschätzung „erheblichen Schaden“ zugefügt.

Die Degepol schrieb an Lammert, es gehe nicht um ein „generelles Weniger“ an sachgerechtem Einfluss. Die Diskussion um die Bildungsgutscheine für Kinder aus armen Familien etwa zeige, dass „sachgerechter Einfluss“ von Experten und Interessenvertretern zu einer Verbesserung der Gesetzgebung beitragen könne. Umso mehr bedürfe es „fairer Regeln“ zur Erlangung eines Hausausweises. Darüber hinaus unterstützt die Degepol die Forderung der Bundestags-Opposition nach einem obligatorischen Lobbyregister. Eine Antwort des Bundestagspräsidenten lag am Wochenende noch nicht vor.

Die Initiative Lobby-Control unterstützte den Vorstoß der Degepol nach Transparenz bei der Hausausweisvergabe an Lobbyisten als „ersten Schritt“ und „Mindestforderung“. Lobby-Control-Sprecherin Nina Katzemich sagte dem Tagesspiegel, generell sei die Vergabe von Bundestags-Hausausweisen an Lobbyisten „kein gutes System“. Sie könnten sich bei einzelnen Abgeordneten einen Termin geben lassen, müssten nicht den freien Zugang haben, ohne ihre Gesprächspartner und Geldgeber offenzulegen. „Es muss für Lobbyisten auch ganz ohne Hausausweise gehen.“

Besonders schwierig wird die Angelegenheit, wenn Interessenvertretung und Interessenentscheidung vermischt werden – denn dann helfen auch strengere Hausausweisregeln nicht. Degepol-Chef Meier schrieb an Lammert: „So wird Lobbying spätestens dann zu einem gesellschaftlichen und politischen Problem, wenn Mandatsträger selbst im Nebenberuf die Interessenvertretung ausüben.“ Dann nämlich könnten die Sphären über die verschiedenen Interessen gar nicht mehr getrennt werden.

Die Rechtsstellungskommission des Bundestags hatte im April eine Neuregelung beschlossen, mit der die Nebeneinkünfte von Abgeordneten über 10 000 Euro besser sichtbar gemacht werden sollen. Umstritten ist die gleichzeitig geplante Erhöhung der Untergrenze der Veröffentlichungspflicht von 1000 auf 10 000 Euro. Lobby-Control will gemeinsam unter anderem mit Transparency International und dem Verein Mehr Demokratie an diesem Montag die Kampagne „Wir wollen wissen, wer bezahlt!“ vorstellen, die sich mit den Nebeneinkünften der Parlamentarier befasst. Lobby- Control etwa meint, auch Einkünfte von Abgeordneten unter 10 000 Euro könnten „in der Summe aus verschiedenen Aufträgen erhebliche Beträge ausmachen und durchaus eine finanzielle Abgängigkeit von einer bestimmten Branche bedeuten“.

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