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Anthony Albanese präsentiert sich gerne als zugänglich und versöhnend.

© Wendell Teodoro/AFP

Australiens neuer Premier: Vom Langweiler zum sexy Klimakämpfer

Anthony Albanese beendete die zehnjährige Machtstellung der Konservativen in Australien. Der Weg nach oben wurde ihm lange nicht zugetraut.

Gleich der erste Tag im Amt soll ein Zeichen sein: keine Zeit verlieren. Erst legte Australiens neuer Premierminister Anthony Albanese von der Labour-Party den Amtseid ab, dann machte er sich auf den Weg zu seiner ersten Auslandsreise.

In Tokio trifft der 59-Jährige auf US-Präsident Joe Biden, sowie auf die Staatschefs von Japan und Indien.

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Dabei war das offizielle Endergebnis der australischen Parlamentswahl zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht amtlich. Doch klar ist: Albaneses Sozialdemokraten werden die stärkste Fraktion – und stellen damit nach australischem Recht automatisch den Regierungschef.

Zudem erklärte Albanese, dass er sich die Unterstützung von grünen und unabhängigen Abgeordneten gesichert habe, um eine Mehrheit im Parlament zu erhalten.

Er galt als biederer Verwaltungsfachmann

Fast zehn Jahre konservative Dominanz konnte Albanese damit beenden. Ein Erfolg, den ihm viele in Down Under nicht zugetraut haben. Denn lange galt der gelernte Bankkaufmann als biederer Verwaltungsfachmann, aber nicht als potenzieller Regierungschef, der Australien in eine klimaneutrale Zukunft führen will.

Albanese wuchs als Sohn einer alleinerziehenden Mutter in ärmsten Verhältnissen in Sydney auf. „Es gab nur sie und mich. Dieses Vertrauen, eine Mutter zu haben, die einen bedingungslos liebt, prägt mich bis heute“, erzählte Albanese in einem Interview.

Seine Mutter war es schließlich auch, die ihn in dem Ziel unterstützte, als erster in seiner Familie den höchsten Schulabschluss zu machen und später zu studieren. Im Wahlkampf sagte Albanese: „Die Tatsache, dass ihr Kind die Chance hat, Premierminister zu werden, zeigt, wie mutig und stark sie war.“

Sein Nachname war eine Bürde

Doch nicht nur die finanzielle Situation machte es ihm als junger Mann schwer – auch der Name war eine Bürde. „Der klingt einfach nicht so, wie die anglo-keltischen Namen aller anderen um mich herum“, sagt Albanese selbst. Heute scherzt er darüber, der erste Premier mit einem fremd klingenden Namen zu sein.

Lange hatte ihm seine Mutter erzählt, sein Vater – ein Italiener – sei tot. Erst mit Mitte 30 machte sich Albanese auf die Suche und fand seinen lebenden Vater im süditalienischen Barletta.

Bereits in der Schule hatte Albanese begonnen, sich politisch zu engagieren. 1996 wurde er erstmals Abgeordneter im Parlament, später unter anderem Verkehrsminister.

Ein Unfall änderte alles

Doch dann kam der Januar 2021. Bei einem Unfall mit seinem Wagen wurde Albanese schwer verletzt. „Ich dachte, das war es jetzt“, sagt er heute über die Stunden danach. Doch er kämpfte sich zurück – und veränderte sich.

Statt Kassengestell trägt er nun modische Brillen, statt alter Sackos maßgeschneiderte Anzüge. „Sexy Albo“, nennen ihn die Australier inzwischen scherzhaft. Auch die Hochzeit mit seiner 16 Jahre jüngeren Frau fällt in diese Zeit.

Und er fasste einen Entschluss: Nach einigen Niederlagen lag die sozialdemokratische Labour-Party am Boden, Albanese wollte sie wieder nach oben führen.

Dabei versuchte er sich als kompromissbereiter und einender Gegenpart zum Premierminister Scott Morrison zu präsentieren. Vor allem aber als Kämpfer gegen den Klimawandel, den Morrison nie ernst nahm.

Am Wochenende nun ging der Plan auf. Er wolle Australien „zu einer Supermacht der erneuerbaren Energien“ machen, erklärte Albanese noch am Wahlabend. Die Mehrheit der Australier unterstützt ihn dabei. Beim Gipfeltreffen in Tokio hat er nun die Chance zu zeigen, was er sich darunter genau vorstellt.

Lion Grote

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