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US-Präsident Donald Trump am Donnerstag bei seiner Ankündigung aus dem Pariser Klimavertrag auszusteigen.

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Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen: Trump ernennt sich zum obersten Klimaschützer

Der US-Präsident verkündet den Austritt der USA aus dem Pariser Klimavertrag. Trump stellt die Interessen der USA in den Vordergrund. Die globale Klimaerwärmung kümmert ihn kaum.

Die Sonne scheint, die Bäume im Garten des Weißen Hauses erstrahlen im frischen Grün des Frühsommers, und Donald Trump fühlt sich wohl in seiner Rolle des Verteidigers Amerikas. „Ich bin gewählt worden, um die Menschen von Pittsburgh zu vertreten, nicht die von Paris“, sagt der US-Präsident. Er kündigt den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimavertrag an – und will gleich neu verhandeln, um bessere Bedingungen für Amerika herauszuschlagen.

Wie das angesichts von fast 200 beteiligten Staaten funktionieren soll, sagt der ehemalige Geschäftsmann nicht. Muss er auch nicht. In Trumps Sicht der Dinge können die USA alles haben: Freiheit von Klimaauflagen und die Rolle des weltweit führenden Akteurs in Umwelttechnologie. „Wir werden die Saubersten sein“, verkündet Trump. „Aber wir werden keine Arbeitsplätze verlieren.“ Der US-Präsident zertrümmert das umfassendste Klimaabkommen der Welt und ernennt sich gleichzeitig zum obersten Klimaschützer.

Präsident Donald Trump sagte am Donnerstag in Washington, das derzeitige Abkommen bringe den Vereinigten Staaten viele Nachteile wie immense Arbeitsplatzverluste. Er wolle die USA nach Neuverhandlungen auf einer „fairer“ Basis entweder erneut am Pariser Vertrag beteiligen oder in ein neues Abkommen führen. „Wenn wir das können, ist das großartig, wenn nicht, dann ist das auch in Ordnung.“ Trump betonte, der Schutz der Umwelt liege ihm sehr am Herzen.

So wenig. Trump macht eine Fingerbewegung, als er auf die Klimaerwärmung zu sprechen kommt.
So wenig. Trump macht eine Fingerbewegung, als er auf die Klimaerwärmung zu sprechen kommt.

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Trumps Auftritt im Rosengarten des Weißen Hauses folgt den populistischen Vorgaben des Chefstrategen Stephen Bannon. In dieser Weltsicht haben sich alle anderen Staaten auf dem Globus verbündet, um die USA auszunehmen wie eine Weihnachtsgans. „Sie lachen uns aus, aber nicht mehr lange.“ China müsse unter dem Pariser Vertrag überhaupt keine Auflagen erfüllen, ruft er empört aus. Indien erwarte Milliardensummen an Unterstützung, doch Trump will die US-Beteiligung am dafür eingerichteten Green Climate Fund einstellen.

Seitenhiebe auf Länder wie Deutschland

Trumps Entscheidung ist ein Erfolg für die populistisch-protektionistische Fraktion in der US-Regierung und stellt die größte Volkswirtschaft der Welt gegen die internationale Staatengemeinschaft. Neben den USA lehnen nur Nicaragua und Syrien den Pariser Pakt ab.

Unklar blieben zunächst wichtige Details des Ausstiegsplans. Nach EU-Angaben kann ein Austritt nicht sofort wirksam werden; vielmehr werde ein entsprechendes Verfahren bis zu vier Jahre dauern, also bis zum Ende von Trumps Amtszeit im Jahr 2020. Wichtige Vertragspartner wie die EU und China wollen auch nach einem Austritt der USA bei ihren Verpflichtungen unter dem Abkommen bleiben. Neuverhandlungen mit fast 200 Staaten dürften sehr kompliziert werden, weil dann auch andere Staaten neue Bedingungen fordern dürften.

Offen ist auch, wie sich die Kehrtwende der USA, die bei Verabschiedung des Vertrags im Jahr 2015 eine wichtige Rolle spielten, auf die weltweiten Klimaziele auswirken wird. Die Amerikaner produzieren pro Kopf mehr Treibhausgas als die Bürger aller anderen Länder der Welt. Mehrere wichtige US-Bundesstaaten wie Kalifornien wollen trotz Trumps Erklärung bei ihren Klima-Zielen bleiben.

Im Weißen Haus hatte es vor Trumps Erklärung erhebliche Meinungsunterschiede zu dem Thema gegeben, das zu einem Symbol für die Haltung der USA gegenüber der internationalen Staatengemeinschaft geworden ist. Isolationisten und Protektionisten wie Chefstratege Stephen Bannon halten das Klimaabkommen für einen Job-Killer. Bannon und andere betonen, dass Trump seinen Wahlsieg im vergangenen Jahr nicht zuletzt den Menschen in den amerikanischen Kohlegebieten zu verdanken hatte, die auf die Schaffung von Arbeitsplätzen durch eine Wiederbelebung fossiler Energieträger hoffen. Viele republikanische Politiker im Kongress denken ähnlich. Konservative Denkfabriken argumentieren ebenfalls, ein Austritt aus dem Vertrag diene amerikanischen Interessen.

Außenminister Rex Tillerson und andere Berater plädierten dagegen für einen Verbleib im Vertragsrahmen. Auch Trumps Tochter Ivanka und sein Schwiegersohn Jared Kushner waren laut Medienberichten gegen einen Aussteig. Elon Musk, Chef des Elektroauto-Herstellers Tesla, hatte für den Fall des Rückzugs der USA aus dem Klimavertrag seinen Rücktritt aus Beratungsgremien der Regierung angekündigt.

Überholte Argumente

Die Klage über eine unfaire Behandlung der USA gehört zu Trumps Standardbehauptungen aus dem Wahlkampf – das Problem ist nur, dass seine Argumente in der internationalen Klimadebatte seit Jahren überholt sind. Dass Länder wie China, die relativ spät mit der Industrialisierung begannen, nicht mit entwickelten Ländern wie den USA auf eine Stufe gestellt werden können, wenn eine nachhaltige Reduzierung von Treibhausgasen erreicht werden soll, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Nur bei Trump offenbar nicht. Diese Ausgangsbasis dürfte alle Versuche von Neuverhandlungen extrem erschweren.

Dasselbe gilt für Trumps Seitenhiebe auf Länder wie Deutschland: Einige der Länder, die den Pariser Vertrag lobten, seien unter jenen Staaten, die den USA gegenüber unfaire Handelspraktiken an den Tag legten oder ihre Beiträge zur Verteidigung schuldig blieben, schimpft der Präsident. Dies sei „ziemlich offensichtlich“. Doch das werde sich ändern: Auch andere internationale Verträge würden demnächst neu verhandelt, sagt Trump: eine Kampfansage, die für das transatlantische Verhältnis nichts Gutes erwarten lässt.

In den USA hat der Präsident für seine Haltung einige Unterstützung, doch es gibt viele Kritiker. Wichtige US-Unternehmen wie der Ölkonzern Exxon Mobile und Apple warnten vor einem Ausstieg aus dem Pariser Vertrag. Der Fernsehsender CNN zitierte Meinungsumfragen, nach denen 70 Prozent der Amerikaner überzeugt sind, dass sich das Weltklima wandelt. Eine Mehrheit von 55 Prozent gehen demnach davon aus, dass die Menschheit die Klimaveränderung verursacht – was von einigen Mitgliedern der Trump-Regierung bestritten wird.

Obama reagiert auf Trumps Ankündigung

Trumps Vorgänger Barack Obama warf seinem Nachfolger vor, Amerika in eine kleine Gruppe von Ländern gebracht zu haben, „die die Zukunft ablehnen“.

Tatsächlich wollen mehrere US-Bundesstaaten weiter für eine Reduzierung von Emissionen kämpfen. Am Tag vor Trumps Entscheidung verabschiedete der Senat in Kalifornien, der bevölkerungsreichste und wirtschaftsstärkste Staat des Landes, ein Gesetz, das die Umstellung des gesamten Energiebedarfs auf erneuerbare und CO2-neutrale Energiequellen bis zum Jahr 2045 vorsieht.

Auch die Bundesstaaten Washington und Colorado sowie mehrere US-Metropolen kündigten das Festhalten an der geplanten Reduzierung des CO2-Ausstoßes an. Der Bürgermeister von New York, Bill de Blasio, erklärte, seine Stadt werde die Dinge ab sofort „selbst in die Hand nehmen“.

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