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Will noch in der Nacht zu Donnerstag nach Israel fliegen: Bundesaußenminister Heiko Maas kündigt am Mittwoch in Berlin seine Vermittlung an.

© REUTERS

Außenminister will im Gazakrieg vermitteln: Heiko Maas kann nur auf den richtigen Moment hoffen

Auf Ratschläge aus Deutschland wartet niemand in Nahost. Der Krieg endet, wenn die Hamas und Israel das wollen. Aber vielleicht wollen sie bald. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Ist der Vorstoß wagemutig oder überheblich? Heiko Maas möchte eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas vermitteln. Er kündigt seine Reise an dem Tag an, an dem der Bundestag über den Gazakrieg debattierte. Und Redner zu Recht anmerkten, auf Ratschläge aus Deutschland, dem Urheber des Holocausts, warte im Nahen Osten kaum jemand.

Aber vielleicht hilft dem Außenminister ein Quäntchen Glück beim Timing. Die realpolitische Wahrheit ist: Dieser Krieg endet nicht durch Vermittlung von außen. Er hört auf, wenn die Hamas und Israel zu dem Schluss kommen, dass sie ihre Kriegsziele zum Großteil erreicht haben und der weitere Beschuss von Wohngebieten des Gegners mehr Schaden als Nutzen bringt.

Die klassischen Vermittler weichen der Aufgabe aus

Das ist der Hintergrund des traurigen Bilds dieser Tage. Seit zehn Tagen sterben Menschen, aber niemand drängt sich danach, zu vermitteln. Keine auswärtige Macht verfügt über Hebel, um ein Ende der Kämpfe gegen den Willen der Beteiligten zu erzwingen.

Die Hamas, die den Gazastreifen diktatorisch regiert, will sich als Organisation zeigen, die sich Israel militärisch widersetzt. Überleben und Wohlergehen der Menschen in ihrem Gebiet hat für sie keine Priorität. Und Israel lässt sich in Fragen der Sicherheit seiner Bürger von niemandem belehren.

Deshalb weichen die klassischen Vermittler, voran die USA, der Verantwortung aus. Unzählige Anläufe sind gescheitert. Ob ihr offizielles Ziel, eine Zwei-Staaten-Lösung, unter den neuen Bedingungen noch realistisch, bezweifeln immer mehr Experten. Manche Konflikte sind unlösbar, jedenfalls solange die Beteiligten weniger an einem Erfolg interessiert sind als die Vermittler und zu den nötigen Zugeständnissen nicht bereit sind.

Palästina hat seine geostrategische Bedeutung verloren

Von den übergeordneten geostrategischen Gründen, die früher stachen, ist nicht viel geblieben. Als Öl- und Gasquelle ist der Nahe und Mittlere Osten im Zuge der Energiewende nicht mehr so wichtig. Dass ein Krieg zwischen Israelis und Palästinensern zum Flächenbrand eskaliert, unter Einbeziehung arabischer Nachbarn wie dem Libanon, Jordanien, Syrien, Ägypten, die dann ins Chaos stürzen, fürchten die Weltmächte heute weniger als früher.

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Israel hat mit einigen arabischen Staaten Verträge geschlossen und wird von ihnen als Gegengewicht zum Iran gebraucht. Das Leid der Palästinenser wiegt im Kalkül nicht mehr so schwer. Sie sind zudem gespalten in die Hamas im Gazastreifen und die Fatah im Westjordanland.

Alles in allem hat der Palästinakonflikt an weltpolitischer Bedeutung verloren. Da warten keine Nobelpreise mehr.

Dieser Krieg endet, wenn die Hamas die Raketen, die sie seit dem Gazakrieg 2014 hortet, verschossen hat. Und Israel bei den Gegenangriffen genügend Waffenfabriken, Lager, Kommandostände und Tunnels der Hamas zerstört hat, um für ein paar Jahre auf Ruhe hoffen zu dürfen. Vielleicht hat Maas das Glück, dass dieser Moment nahe ist. Dann kann er Erfolg einheimsen. Wenn nicht, sind Lippenbekenntnisse zur Waffenruhe, von wem auch immer, wenig wert.

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