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Außenminister Heiko Maas (SPD) bei seinem Besuch im Irak.

© dpa/Jens Büttner

Update

Außenminister-Treffen in Bagdad: Maas sieht Grundlage für Rückkehr irakischer Flüchtlinge

Können Flüchtlinge aus Deutschland schon jetzt in den Irak zurückkehren? Der irakische und der deutsche Außenminister finden: Ja.

Ein Jahr nach dem militärischen Sieg über die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) im Irak sieht Bundesaußenminister Heiko Maas eine Grundlage für die Rückkehr von Flüchtlingen aus Deutschland. „Wir stellen hier fest, dass sich die Sicherheitslage eindeutig verbessert hat“, sagte Maas (SPD) am Dienstag bei einem Besuch in der irakischen Hauptstadt Bagdad. „Das gilt hier für Bagdad, aber auch für weite Teile dieses Landes.“ Es gebe zwar noch einiges zu tun. „Aber ich glaube, die Sicherheitslage ist tatsächlich so, dass man sagen kann: Es besteht auch die Basis dafür, (...) dass Menschen eine Perspektive haben hier zu bleiben, aber auch wieder hierher zurückzukommen“, sagte der Außenminister.

Am Montag hatte sich die irakische Regierung bereits ähnlich geäußert. Ein Jahr nach dem militärischen Sieg über die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) rief sie die nach Deutschland geflüchteten Landsleute zur Rückkehr auf. „Wir hoffen, dass diese Bürger freiwillig in den Irak zurückkehren werden“, sagte der irakische Außenminister Mohammed Ali al-Hakim nach einem Treffen mit Heiko Maas in Bagdad. Die Sicherheitslage im Irak bezeichnete er als „exzellent“ und „stabil“. „Der Irak ist ein sicheres Land und wir rufen unsere Bürger zur freiwilligen Rückkehr in unser Land auf.“

Während des Bürgerkriegs in ihrer Heimat sind Hunderttausende Iraker nach Deutschland geflüchtet. Ende September waren nach Angaben aus der Bundesregierung 245.000 Menschen registriert. Der IS hatte 2014 große Teile des Landes unter seine Kontrolle gebracht. Die Gegenoffensive führte im vergangenen Jahr zur Befreiung der nordirakischen Millionenstadt Mossul. Am 10. Dezember 2017 erklärte der damalige irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi zwar den militärischen Sieg über den IS. Vor allem im Norden des Landes um Mossul herum sind aber noch immer IS-Zellen aktiv. Dort kommt es auch immer wieder zu Anschlägen der Terrormiliz.

Maas sagte dem Irak erneut weitere Hilfe beim Wiederaufbau und der Verbesserung der Lebensverhältnisse zu - auch um ein Wiedererstarken des IS zu verhindern. „Wir stehen bereit, auch in Zukunft mit internationalen Partnern verlässlich weiter Verantwortung zu übernehmen und den Irak auf seinem Weg zu unterstützen“, sagte er. „Die Terrorherrschaft von IS wurde gebrochen. Jetzt muss ein Wiedererstarken im Untergrund unter allen Umständen verhindert werden, um Terrorgefahren im Irak, in der Region, aber auch Europa abzuwenden.“

Weiter sagte Maas dem Irak auch militärische Unterstützung zu. Deutschland hatte den Kampf gegen den IS im Irak vor allem mit der Ausbildung kurdischer Peschmerga-Kämpfer und Waffenlieferungen unterstützt. Derzeit sind rund 100 deutsche Soldaten zur Ausbildung und Beratung der irakischen Streitkräfte in der Kurdenmetropole Erbil und im zentralirakischen Tadschi, 30 Kilometer von Bagdad entfernt, stationiert.

„Auch Sicherheitsaspekte sind ein Teil der Unterstützung, die von Deutschland erwartet werden können“, betonte Maas. Der Einsatz der in Jordanien für den Kampf gegen den IS stationierten „Tornado“-Aufklärungsjets und eines Tankflugzeugs soll allerdings im nächsten Jahr beendet werden. Die Bundesregierung setzt jetzt verstärkt auf zivile Hilfe.

Der irakische Außenminister Al-Hakim bewertete die Sicherheitslage trotzdem positiv. Nur auf syrischer Seite gebe es „viele Dinge, die noch Grund zur Besorgnis liefern“, sagte er bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Maas laut Übersetzer.

Vier Millionen Binnenflüchtlinge konnten bereits in die ehemals vom IS besetzten Gebiete zurückkehren. Für 1,8 Millionen ist die Sicherheitslage in ihren Heimatgebieten aber noch zu gefährlich. In Bagdad hat sich die Sicherheitslage allerdings deutlich verbessert. Maas flog zwar wie seit Jahren bei solchen Besuchen üblich mit einem „Transall“-Militärtransporter in die irakische Hauptstadt. In der Maschine wurden schusssichere Westen verteilt und die Fahrzeugkolonne bestand wie immer aus gepanzerten Fahrzeugen.

Handfeste wirtschaftliche Interessen Deutschlands

Die Zeiten, in denen die Hauptstadt Bagdad regelmäßig von Terroranschlägen erschüttert wurde, sind aber vorbei. In diesem Monat ordnete der neue Ministerpräsident Adil Abdel Mahdi an, die mit Betonmauern geschützte Hochsicherheitszone im Zentrum der Stadt für einige Stunden am Tag zu öffnen. Seit 2003 war das Gebiet, in dem Ministerien und die US-Botschaft liegen, für normale Iraker praktisch unzugänglich. Die Mauern, die dort über viele Jahre hochgezogen wurden, werden langsam aber wieder abgebaut.

Der Außenminister reiste am Dienstag von Bagdad nach Erbil weiter. Auch dem kurdischen Ministerpräsidenten Nechirvan Barsani sagte er weitere Hilfe für den Neuanfang nach dem Kampf gegen den IS zu und zog eine positive Zwischenbilanz. „Stabilisierungsprojekte greifen in allen Gebieten, die vom IS befreit wurden“, sagte er. Deutschland hatte die kurdischen Peschmerga-Kämpfer mit Waffenlieferungen und Ausbildung in großem Stil für den Kampf gegen den IS unterstützt.

Deutschland ist nach den USA das Land, das den Irak in den vergangenen vier Jahren am stärksten mit Hilfsgeldern für Entwicklung, Stabilisierung und Wiederaufbau unterstützt hat. Mehr als 1,5 Milliarden Euro wurden dafür bereitgestellt. Die Bundesregierung hofft darauf, dass ein stabiler Irak die Nahost-Region insgesamt beruhigen kann. „Wir sind überzeugt, dass ein souveräner, stabiler, geeinter, demokratischer Irak in die Region hinwirken kann und sollte“, sagte Maas.

Es gibt aber auch handfeste wirtschaftliche Interessen Deutschlands in dem Land, die bei dem Besuch Maas' auch Thema waren. So ringt derzeit Siemens mit dem US-Konkurrenten General Electric (GE) um den milliardenschweren Ausbau der irakischen Stromkapazitäten. Obwohl der Irak eines der ölreichsten Länder der Welt ist, leidet die Bevölkerung unter der schlechten Versorgung mit Elektrizität - und mit Wasser. In den vergangenen Monaten kam es deswegen vor allem im Südirak zu Protesten, bei denen Demonstranten mit Sicherheitskräften zusammenstießen. (dpa)

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