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Außenminister düpiert: Trump gefährdet eine Lösung für Nordkorea

Wegen der Kontakte zu Nordkorea geht der US-Präsident seinen Außenminister Rex Tillerson hart an. Dabei könnte in der Krise mit Pjöngjang ein Wendepunkt erreicht sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anna Sauerbrey

Es war ein typischer Donald Trump: Am Samstag hatte US-Außenminister Rex Tillerson nach einem Besuch in China öffentlich gemacht, dass die USA direkte Gesprächskontakte zu Nordkorea unterhalten. Am Sonntag fuhr ihm der Präsident via Twitter in die Parade: Er habe Tillerson, „unserem wunderbaren Außenminister“ gesagt, er „verschwende seine Zeit“, wenn er mit „Little Rocket Man“ rede. „Spar dir die Mühe, Rex“, ließ er Tillerson wissen und schrieb mit Blick auf Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un weiter: „Nett zu Little Rocket Man zu sein, hat 25 Jahre lang nicht funktioniert – warum sollte es jetzt funktionieren?“

Nun wird international darüber spekuliert, wie lange sich der düpierte Tillerson wohl noch im Amt halten könne, ob er der nächste entlassene Minister werde oder aus Selbstachtung zurücktreten wird. Oder arbeiten die beiden möglicherweise zusammen – ein geschicktes diplomatisches „Good cop, bad cop“-Spiel?

Trump hatte bereits zuvor die Politik seines Ministers torpediert

Nichts, was Donald Trump und die US-Regierung bisher getan haben, lässt darauf schließen, dass sie zu einer solchen Strategie in der Lage sind. Sie würde auch keinen Sinn machen. Wesentlich wahrscheinlicher ist, dass sich hier erneut die Kluft im Weißen Haus zwischen dem populistischen Maulhelden an der Spitze und den halbwegs regierungsfähigen Pragmatikern auf den Ministerposten zeigt.

Es ist nicht das erste Mal, dass Trump die Diplomatie seines Außenministers auf Twitter hintertreibt. Als Tillerson kurz nach Amtsantritt nach Mexiko reiste, um das amerikanisch-mexikanische Verhältnis zu reparieren, das Trump durch seine rassistischen Ausfälle im Wahlkampf und seine Drohung, das nordamerikanischen Freihandelsabkommen zu kündigen schwer beschädigt hatte, wiederholte Trump noch während seines Aufenthaltes öffentlich seine These, aus Mexiko kämen nichts als „bad guys“. In der Katar-Krise versuchte Tillerson hinter den Kulissen, Saudi-Arabien und Katar zu Gesprächen zu bewegen; der Präsident hingegen bezeichnete das kleine Land öffentlich als Terrorunterstützer, stellte sich bei einem Besuch überdeutlich an die Seite Saudi-Arabiens und nahm den USA somit die Möglichkeit, in die Vermittlerrolle zu schlüpfen.

Dabei läuft es in der Nordkorea-Frage diplomatisch nicht schlecht

Besonders deprimierend an diesem neuerlichen (un-)präsidialen Sperrfeuer ist, dass das Wenige, was in der Nordkorea-Krise diplomatisch möglich ist, derzeit eigentlich gar nicht so schlecht läuft. Der Sicherheitsrat hat sich mit den Stimmen von Russland und China auf gemeinsame Sanktionen geeinigt. Zum ersten Mal scheint es so, als würde China diese Sanktionen tatsächlich umsetzen. Nordkoreanischen Unternehmern in China wurde unmittelbar nach dem UN-Beschluss ein Ultimatum gesetzt, das Land zu verlassen. Berichten zufolge geschieht das auch tatsächlich. Nordkorea verliert damit eine wichtige Einnahmequelle.

In den USA äußern sich langjährige Beobachter des Konflikts – etwa die ehemalige Staatssekretärin im Verteidigungsministerin, Michele Flournoy - positiv überrascht darüber, wie stark sich China derzeit engagiert, um den nordkoreanischen Diktator zum Einlenken zu bewegen. Der „Economist“ zitierte in seiner aktuellen Ausgabe Max Baucus, den US-Botschafter in Peking, mit der Aussage, Xi Jinping habe sich nie so abwertend über die Machenschaften Kim Jong Uns geäußert wie jetzt. Chinesische Intellektuelle dürfen dieser Tage öffentlich über die Folgen eines nordkoreanischen Systemzusammenbruchs nachdenken. Man kann wohl sagen: Es ist etwas in Bewegung gekommen in der Region.

USA könnten Kim mit Chinas Hilfe in die Zange nehmen

China und die USA hätten nun die Chance, Nordkorea in eine Zange aus Anreizen und wirtschaftlichem Druck zu nehmen: Die Amerikaner, indem sie, wie nun Rex Tillerson, die Hand ausstrecken und öffentlich anerkennen, mit dem Regime zu sprechen, was Kim Jong Un innenpolitisch als Sieg verkaufen könnte. Die Chinesen, indem sie nach und nach den Devisenhahn zudrehen. Nicht Trump und Tillerson spielen „Good cop, bad cop“, sondern die USA und China. Jedenfalls könnten sie es – wäre da nicht ein unkontrollierbarer Präsident.

Für China ist es eine sensible Operation, seine Politik gegenüber Nordkorea zu ändern und auf ein gemeinsames Ziel mit den Amerikanern hinzuarbeiten. Diese Art der Zusammenarbeit erfordert Vertrauen und eine möglichst klare Haltung auf beiden Seiten. Die neuerliche Auseinandersetzung zwischen Trump und Tillerson ist kein geschicktes Taktieren – es ist Teil der Zerstörung der diplomatischen Macht der USA. Es sei denn, die neuen Partner Amerikas beginnen sich darauf zu verlassen, dass Trumps Worten nie Taten folgen.

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