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Ein Polizist führt eine Demonstrantin in Minsk ab.

© imago images/ITAR-TASS

Update

Außenminister beraten über Belarus: Polizei in Minsk darf nun auch scharf auf Demonstranten schießen

Die Staaten der EU wollen die Gewalt gegen das Volk in Belarus bestrafen. Neue Sanktionen könnten auch Machthaber Lukaschenko treffen.

Die EU-Staaten drohen dem Machtapparat in Belarus neue Sanktionen an. Wenn sich die Lage in dem Land nicht verbessere, sei die EU bereit, weitere restriktive Maßnahmen zu ergreifen, heißt es in einer am Montag bei einem Außenministertreffen in Luxemburg verabschiedeten Erklärung. Als eine Person, die dann betroffen sein soll, wird neben ranghohen Beamten konkret auch der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko genannt.

Unter anderem Bundesaußenminister Heiko Maas hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, auch Lukaschenko persönlich mit EU-Sanktionen zu belegen. „Die Gewalt geht weiter. (...) Es gibt nach wie vor Verhaftungen von friedliebenden Demonstranten“, sagte der SPD-Politiker in Luxemburg. Er habe deswegen vorgeschlagen, ein neues Sanktionspaket auf den Weg zu bringen. „Zu den Personen, die dann sanktioniert werden, soll auch Lukaschenko gehören.“

Bislang zählt Lukaschenko nicht zu denjenigen 40 Personen, die die EU wegen Wahlfälschungen oder der gewaltsamen Niederschlagung von friedlichen Protesten sanktioniert hat. Als Grund wird genannt, dass Sanktionen gegen Lukaschenko persönlich die diplomatischen Bemühungen zur Beilegung des Konflikts erschweren könnten und der EU die Möglichkeit nähmen, ihren Kurs noch einmal zu verschärfen.

In Belarus gibt es seit der Präsidentenwahl am 9. August Proteste und Streiks gegen den autoritären Staatschef, der bereits seit 26 Jahren an der Macht ist. Auslöser sind Fälschungsvorwürfe gegen die Wahl, nach der sich Lukaschenko mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger hatte erklären lassen. Inzwischen gab es bei den Protesten mehrere Tote, Hunderte Verletzte und mehr als 10.000 Festnahmen.

Hunderte Festnahmen bei Massenprotest am Wochenende

Bei neuen Massenprotesten gegen Lukaschenko sind nach offiziellen Angaben mehr als 700 Demonstranten festgenommen worden. Das teilte das Innenministerium am Montag in Minsk mit. Nur wenige seien wieder freigelassen worden, 570 seien in Gefängnisse gebracht worden, hieß es. Unter den Festgenommenen sind der Menschenrechtsgruppe Wesna zufolge auch zahlreiche Journalisten.

Die Sicherheitskräfte hatten am Sonntag bei einer Großkundgebung der Demokratiebewegung Knall- und Blendgranaten sowie Tränengas eingesetzt und waren auch mit Wasserwerfern gegen Demonstranten vorgegangen. Auf Bildern war zu sehen, wie Polizisten auf Protestierer mit Schlagstöcken einschlugen und sie verfolgten. Es gab zahlreiche Verletzte.

Derweil ermächtigte das belarussische Innenministerium die Polizei, auch mit Schusswaffen gegen Demonstranten vorzugehen. Grund sei eine Radikalisierung der Oppositionsbewegung gegen Präsident Alexander Lukaschenko, hieß am Montag in Minsk. Vertreter der Opposition kritisieren dagegen eine zunehmende Härte der Sicherheitsbehörden gegen friedliche Demonstranten.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD)
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD)

© Imago/Photothek/Janine Schmitz

Bei den Protesten am Sonntag gingen im ganzen Land Zehntausende Menschen auf die Straße. Die Demonstranten wurden jedoch immer wieder von der Polizei auseinandergetrieben, so dass genaue Teilnehmerzahlen schwer zu ermitteln waren. Das Innenministerium sprach landesweit von lediglich 11.000 Teilnehmern.

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Weiteres Thema bei dem Ministertreffen in Luxemburg ist der Giftanschlag auf den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny mit dem militärischen Nervenkampfstoff Nowitschok. Dabei wird ein deutsch-französischer Vorschlag diskutiert, Sanktionen gegen mögliche Verantwortliche in Russland zu verhängen. EU-Vertreter hielten im Vorfeld eine Grundsatzeinigung für möglich, konkrete Sanktionen würden aber erst später beschlossen.

Nach Bestätigung durch die Organisation zum Verbot chemischer Waffen (OVCW) stehe „mittlerweile objektiv fest, dass es sich um einen Verstoß gegen das Chemiewaffen-Übereinkommen handelt“, sagte Maas. Dies könne nicht ohne Konsequenzen bleiben. Die Minister hätten nun „die erste Gelegenheit“, über den deutsch-französischen Vorschlag für Sanktionen zu beraten und das weitere Verfahren festzulegen. (dpa, AFP, Reuters)

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