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Ex-Bundespräsident Joachim Gauck.

© dpa/ Friso Gentsch

Aussagen von Ex-Bundespräsident Gauck: Die Grenzen der eigenen Toleranz

Der Aufruf des Ex-Bundespräsidenten zu „Toleranz in Richtung rechts“ bietet wenig Orientierung. Zumal Gauck selbst inkonsequent handelt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ingrid Müller

Nun hat sich also auch der Ex-Bundespräsident Joachim Gauck zum Umgang der Parteien und der Gesellschaft mit politischen Ansichten rechts, und er meint dabei offenbar ziemlich weit rechts der Mitte, zu Wort gemeldet. Er fordert eine „erweiterte Toleranz in Richtung rechts“, aber auch, zu lernen „mutiger intolerant zu sein“ gegenüber Intoleranten – gleichgültig ob sie politisch rechts oder links stehen.

Allerdings verheddert er sich selbst und offenbart damit auch seine ganze Ratlosigkeit über den Umgang mit den vielen Unzufriedenen, von denen sich ausweislich von Wahlen und Umfragen eine ganze Reihe am ehesten etwas davon versprechen, bei der AfD ihr Kreuzchen zu machen.

Ja, Gauck hat Recht, dass es immer wieder die Diskussion um die Grenzen geben muss. Und, dass das Grundgesetz und alle anderen Gesetze die absolute Grenze sind. Doch bei der von ihm geforderten Toleranz nach rechts stößt er selbst an seine Toleranzgrenze.

Er findet es problematisch, dass die Bundestagsabgeordneten bisher jeden AfD-Kandidaten für den Posten eines Parlamentsvizepräsidenten abgelehnt haben. Aber er selbst will nicht mit dem schon immer am äußersten konservativen Rand agierenden ehemaligen CDU-Mitglied und heutigen AfD-Chef Alexander Gauland auf einem Podium sitzen – weil der sich von „extrem Rechten unterstützen lässt“ und aus seiner Sicht reaktionär ist. Wo bleibt da die Konsequenz? Logisch ist das nicht.

Eigentlich geht es doch darum, dass endlich wieder mehr Menschen mit unterschiedlichen Meinungen diskutieren. Diskutieren bedeutet aber, sich mit dem anderen auseinanderzusetzen. Das ist etwas anderes als die Rechthaberei und das Niedermachen einer Person, was derzeit allzu oft als Debatte verkauft wird.

Diskutieren setzt zuhören und miteinander reden voraus

Diskutieren setzt zuhören und miteinander reden voraus. Im Bundestag müssen sich die Abgeordneten im besten Fall mit anderen Ansichten auseinandersetzen. Dabei muss es vielleicht auch häufiger wieder mehr um die Sache als um die Person dessen gehen, der sich äußert.

Mehr miteinander reden als übereinander schimpfen – das mag anstrengend sein. Ein paar moderierte Gespräche, zu denen dann nur ausgesuchte Diskutanten kommen, werden es allerdings allein nicht richten können. Immerhin: Etwas ist in Gang gekommen. Viele Politiker versuchen inzwischen immerhin, auf Touren durchs Land, die Nöte der Wähler aus der Nähe zu erfahren.

Nicht zuletzt der hilflose Umgang mit lautstarken Zwischenrufen hat allerdings gezeigt, dass da viel Luft nach oben ist.

Ein in sich nicht konsistenter, dann doch eher pauschaler Aufruf zu erweiterter Toleranz in Richtung rechts sowie zu mutiger Intoleranz á la Gauck bietet dafür allerdings wenig Orientierung.

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