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Massenansturm? Pegida will nach zuletzt sinkenden Teilnehmerzahlen bei ihren „Spaziergängen“ nun bis zu 30 000 Menschen in Dresden versammeln.

© imago/dpa

Auftritt von Geert Wilders in Dresden: Pegida driftet immer weiter nach rechts

Pegida will mit einer Rede des niederländischen Islam-Hassers Geert Wilders am Montag wieder mehr Anhänger mobilisieren. Doch in Dresden formiert sich Widerstand.

In Dresden formiert sich der Widerstand gegen den Auftritt des niederländischen Islam-Hassers Geert Wilders, der am Montag vor bis zu 30 000 Pegida-Anhängern reden soll. Ein Bündnis plant eine Blockade, die Polizei einen Großeinsatz – und die sächsische CDU geht inzwischen auf Distanz zu Pegida.

Von der Aufregung, die er in der Stadt auslöst, wird Geert Wilders vermutlich kaum etwas mitbekommen. Wenn der niederländische Rechtspopulist, Chef der Kleinpartei „Partei für die Freiheit“ (PVV), am späten Montagnachmittag mit dem Linienflug aus Düsseldorf in Dresden landet, wird am Flugzeug eine Limousinen-Kolonne warten. Der 51-Jährige lebt unter ständigem Polizeischutz. Mit Eskorte wird es auf schnellstem Wege in die Flutrinne gehen – ein Veranstaltungsgelände am Rande der Dresdner Innenstadt, auf dem sonst Popstars auftreten. Die Bühne, die Rechtsaußen Wilders betreten wird, hat allerdings Lutz Bachmann bereitet, der Mitbegründer und Frontmann der Pegida-Bewegung.

Das Bündnis der beiden ist gleich in mehrfacher Hinsicht symbolträchtig: Es markiert einerseits einen weiteren deutlichen Rechtsruck der Pegida-Bewegung. Was Wilders und die selbst ernannten „Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes“ teilen, ist das Schüren der Angst vor dem Islam. Andererseits sind die Rechtspopulisten Bachmann und Wilders auch insofern aufeinander angewiesen, als der Zuspruch für ihre Ideen spürbar nachlässt. Wilders und seine PVV gelten in den Niederlanden als politisch isoliert. Die Teilnehmerzahlen bei den montäglichen „Abendspaziergängen“ der Pegida waren seit der Führungskrise und der Spaltung der Pegida-Spitze Ende Januar deutlich zurückgegangen.

Reichlich Gegenwind

Das Gelände soll für den Auftritt eingezäunt werden – damit gilt die Kundgebung als Veranstaltung im geschlossenen Raum, für die die Stadt Dresden keine weiteren Auflagen erteilt. Gegenwind gibt es gleichwohl reichlich: Auf ihrer Homepage macht die Stadt deutlich, was man im Rathaus vom Wilders-Auftritt hält: „Die Demonstration der Rechtspopulisten ist auf die Ausgrenzung und Ablehnung von Menschen wegen ihrer religiösen oder ethnischen Herkunft gerichtet. Diese Ausgrenzung ist aber keine Option für eine zukunftsfähige Stadtgesellschaft“, heißt es dort.

Auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), der noch zu Jahresbeginn selbst in einem Zeitungsinterview erklärt hatte, der Islam gehöre nicht zu Sachsen, ist auf größtmögliche Distanz zu Wilders und Bachmann gegangen. Er warnte die Organisatoren der Kundgebung am Sonntag explizit vor ausländerfeindlichen Entgleisungen. „Fremdenfeindliche oder rassistische Ausfälle durch Redner werden wir nicht dulden und konsequent gegen die Veranstalter vorgehen“, kündigte Tillich an. Die große Mehrheit der Sachsen sei „weltoffen und Ausländern gegenüber aufgeschlossen“, betonte der Ministerpräsident. Das wird am Montag aller Voraussicht nach auch Sachsens Innenminister Markus Ulbig noch einmal erklären. Der CDU-Politiker ist auch Kandidat seiner Partei für die Dresdner Oberbürgermeisterwahl – und hat gemeinsam mit zwei Mitbewerbern zu einer Pressekonferenz geladen, um gegen den Auftritt von Wilders Stellung zu beziehen. Das ist insofern bemerkenswert, als Ulbig sich nicht nur im Januar und Februar mit Mitgliedern des Pegida-Organisationsteams getroffen hatte, sondern auch trotz massiver Kritik des Koalitionspartners SPD bislang keinen Anlass gesehen hatte, seinen kurzen Draht zu Pegida zu kappen.

Handfester Widerstand ist geplant

Parallel zu den politischen Statements wird in Dresden handfest Widerstand gegen den Wilders-Auftritt organisiert. „Wir wollen verhindern, dass Geert Wilders sprechen kann“, betont Silvio Lang, Sprecher des Bündnisses „Dresden Nazifrei“. Es gelte zu verhindern, dass Dresden zum „neuen Zentrum der Rechtspopulisten in Europa“ werde. Nach Aussagen mehrerer Ex-Mitstreiter soll Bachmann bereits 2014 um Auftritte des Gründers des rechtsextremen französischen Font National, Jean-Marie Le Pen, und des Chefs der rechten britischen Ukip-Partei, Nigel Farage, bei Pegida geworben haben. Damals sei er aber im Orga-Team noch überstimmt worden.

Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders.
Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders.

© dpa

Dem Wilders-Auftritt wollte „Dresden Nazifrei“ ursprünglich eine Demonstration in Sicht- und Hörweite des eingezäunten Areals an der Flutrinne entgegensetzen. Doch die Dresdner Versammlungsbehörde habe nur eine Route „weitab vom Schuss“ genehmigt, sagt Lang. Deshalb habe „Dresden Nazifrei“ die Strategie geändert, sagte Lang dem Tagesspiegel. Das Bündnis ruft jetzt explizit zur Blockade der Zugangswege zur Flutrinne auf. Für Lang geht es ums Prinzip. Pegida-Anhänger seien zwar keine „reinen Nazis“, betont der Bündnis-Sprecher. „Aber wer jetzt noch bewusst hingeht, folgt einer rassistischen Ideologie.“ Der dürfe und müsse man sich in den Weg stellen.

Die Diagnose, dass die Pegida-Bewegung noch weiter nach rechtsaußen abgedriftet ist, teilt Eric Hattke durchaus. Doch im Gegensatz zu Silvio Lang will der Sprecher des Netzwerks „Dresden für alle“ nicht explizit zu Blockaden aufrufen. Das Netzwerk hat stattdessen einen Sternlauf organisiert, der etwa eine halbe Stunde vor Beginn des Wilders-Auftritts endet – an einem Platz in bequemer Fußweg-Entfernung zur Flutrinne. Was die Sternlauf-Teilnehmer anschließend machten, sei „ihre Sache“, sagte Hattke dem Tagesspiegel. Wichtig sei das Signal, dass es in Dresden gesellschaftlichen Widerstand gegen Wilders und Pegida gebe.

Gleich nach seiner Rede fährt Geert Wilders wieder zum Flughafen

Die Strategie der Dresdner Versammlungsbehörde und der Polizei zielt offenkundig darauf, die Pegida-Kundgebung und die Gegendemonstranten auf größtmöglichem Abstand zu halten. „Das hat schon bei einigen Neonazi-Demos nicht funktioniert“, kritisiert Silvio Lang. Auf seiner Webseite unterstellt „Dresden Nazifrei“ den Behörden deshalb „kaltes Kalkül“: Menschen, „die womöglich stundenlang anreisen“, stellten sich „nicht friedlich kilometerweit entfernt von Pegida zum Protest auf“, heißt es dort. Sobald es deshalb Auseinandersetzungen mit der Polizei gebe, könne man wieder „volles Rohr auf linke Gewalttäter schimpfen“. Umso eindringlicher erinnere „Dresden Nazifrei“ deshalb an den „klaren und deutlichen Aktionskonsens“ des Bündnisses: „Von uns geht keine Eskalation aus!“

Dass die Stimmung in der Stadt gleichwohl durchaus angespannt ist, lässt sich auch an den Vorbereitungen den Polizei ablesen. „Wir werden deutlich mehr Kräfte im Einsatz haben als an den vergangenen Montagen“, sagt Polizeisprecherin Jana Ulbricht.

Geert Wilders wird auch von dem Polizeiaufgebot wohl wenig mitbekommen. Gleich nach seiner Rede soll der Rechtspopulist wieder zum Flughafen chauffiert werden, um mit der letzten Maschine nach Düsseldorf zurückzufliegen. Auf der Bühne macht er dann Platz für die ehemalige AfD-Politikerin Tatjana Festerling. Die ist voll auf einer Linie mit ihrem Vorredner: „Wir wollen hier keine dauerbeleidigten, dauerfordernden, unverschämten Minderheiten aus islamischen Ländern, die uns mit ihrem Koran und ihren Sonderrechten auf die Nerven gehen“, verkündete sie Ostermontag vor Pegida-Anhängern – passenderweise auf der Veranstaltung, auf der Bachmann sie offiziell als Oberbürgermeister-Kandidatin für Dresden vorstellte.

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