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Boris Palmer erhält Unterstützung von vielen Parteifreunden.

© Bernd Weißbrod/dpa

Aufruf gegen Parteiausschluss: Mehr als 500 Grüne unterstützen Palmer

Gegen den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer läuft ein Parteiausschlussverfahren. Nun formieren sich seine Unterstützer.

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) erhält Unterstützung in seinem Kampf gegen das laufende Parteiausschlussverfahren gegen ihn.  Mehr als 500 Grüne aus ganz Deutschland unterstützen Palmer in einem Aufruf, der dem Tagesspiegel vorliegt. Der Aufruf wurde am Montag dem Grünen-Landesvorstand in Baden-Württemberg, der das Ausschlussverfahren unterstützt, übergeben. Unterzeichnet ist das Schreiben von vielen Grünen-Mitglieder aus dem Südwesten, aber auch einige prominente Bundesgrüne haben den Appell gezeichnet.

In dem Schreiben wird beklagt, dass innerparteiliche Debatten bei den Grünen nur in einem sehr verengten Raum möglich seien. „Intellektuelle Exzentriker“ und „Charakterkopf“ wie Palmer würden nicht als Bereicherung gesehen. „Wir appellieren an das Grundprinzip Grüner Politik, dass immer die Bereitschaft zur Konfliktüberwindung und Aussöhnung vorhanden sein muss“, heißt es weiter.

Der Landesverband Baden-Württemberg hatte Anfang Mai 2021 auf einem digitalen Parteitag ein Parteiordnungsverfahren mit dem Ziel des Parteiausschlusses gegen Palmer eingeleitet. Anlass war ein Facebook-Beitrag Palmers über den früheren deutschen Fußball-Nationalspieler Dennis Aogo, in dem er das so genannte N-Wort benutzt hatte.

Palmers Unterstützer kritisieren, dass der Antrag für das Parteiausschlussverfahren spontan gestellt wurde und die Delegierten vorher nicht auf Kreisebene diskutieren konnten. Palmer habe sich zudem nicht parteischädigend verhalten, argumentieren seine Unterstützer: „Kein deutscher Oberbürgermeister hat in Zusammenarbeit mit seiner Verwaltung, dem Gemeinderat und seinen Bürgerinnen und Bürgern so viel urgrüne Ziele realisiert wie Boris Palmer“, heißt es weiter. Auch die Vermittlungsversuche beim Bauprojekt Stuttgart 21 im Jahr 2010 hätten den Grünen sehr geholfen.

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In dem Schreiben üben die Unterstützer jedoch auch Kritik an Palmers Provokationen. „Viele – auch wir – halten manche Äußerung von Boris für unpassend, geschmacklos, beleidigend oder verstörend.“ In seiner Rolle als gewählter Bürgermeister müsse er sich da mehr in Zurückhaltung üben. „Doch als Gründe für einen Parteiausschluss reichen diese verbalen Entgleisungen nicht aus“, heißt es in dem Schreiben. Palmer sei kein Rassist.

Grünen-Spitze: Grenzüberschreitungen gehören nicht zur Debattenkultur

Der Grüne-Landesverband reagierte am Montagnachmittag auf das Schreiben. „Wir Grüne haben in unserer Geschichte immer wieder bewiesen, dass wir eine streitbare Partei sind, die lebendig und offen diskutiert“, sagte eine Parteisprecherin. Natürlich gehe es dazu, auch abweichende Meinungen und Provokationen innerhalb einer Partei zu ertragen. „Grenzüberschreitungen des Sagbaren, bei denen Menschengruppen gegeneinander ausgespielt werden, gehören nicht zu einer gesunden Debattenkultur und nicht zu den Grundsätzen von Bündnis 90/Die Grünen“, sagte die Sprecherin. 

Ex-Grünen-Chef Ludger Volmer macht sich für Palmer stark. (Archivfoto)
Ex-Grünen-Chef Ludger Volmer macht sich für Palmer stark. (Archivfoto)

© Klaus Franke dpa

Zu den prominenten Unterzeichnern Palmers zählen die frühere Vize-Bundestagspräsidentin Antje Vollmer, der frühere Oberbürgermeister von Freiburg, Dieter Salomon, und Rezzo Schlauch, früherer Parlamentarischer Staatssekretär und inzwischen Anwalt von Boris Palmer. Unter den Unterstützern befinden sich aber auch Parteilinke, wie der Mitgründer und ehemaligen Grünen-Chef, Ludger Volmer.

Auch Berliner Grüne unterstützen Palmer

Auch einige Grüne aus dem Landesverband Berlin, aus dem es in der Vergangenheit immer wieder heftige Kritik an Palmer gegeben hatte, unterstützen den Aufruf. So haben unter anderem Hartmut Bäumer aus Pankow, der auch Vorsitzender von Transparency International ist, Ellis Huber aus Charlottenburg-Wilmersdorf – der frühere Präsident der Ärztekammer Berlin – und Christa Markl-Vieto, die viele Jahre Stadträtin in Steglitz-Zehlendorf war.

Abschließend fordern die Unterzeichner, dass die Kreisverbände in Baden-Württemberg die Causa Palmer noch einmal diskutieren sollten. Auf dem kommenden Landesparteitag, so hoffen es Palmers Unterstützer, solle das Parteiausschlussverfahren dann zurückgezogen werden. Bis dahin könnte eine Entscheidung jedoch längst gefallen sein. Der Landesparteitag findet in Baden-Württemberg traditionell am Jahresende statt.

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