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Kinder im überfüllten Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos.

© Louisa Gouliamaki/AFP

Aufnahme von geflüchteten Kindern: Bundesregierung setzt auf „Ordnung und Humanität“

Die Koalition hat sich darauf geeinigt, schutzbedürftige Kinder aus griechischen Flüchtlingslagern aufzunehmen. Hilfsorganisationen geht das nicht weit genug.

Der SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sprach von einem „achtbaren Erfolg“, doch am Ende war es wohl eine Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Die Spitzen der Koalition verständigten sich in der Nacht zu Montag darauf, dass Deutschland gemeinsam mit anderen europäischen Staaten besonders schutzbedürftige Flüchtlingskinder von den griechischen Inseln aufnimmt. Insgesamt sollen zwischen 1000 und 1500 geflüchtete Kinder aus den völlig überfüllten Lagern geholt werden. Wie viele von ihnen nach Deutschland kommen dürfen, blieb am Montag unklar.

„Ordnung und Humanität gehören für uns zusammen“, hieß es in einer nach dem Treffen der Koalitionsspitzen veröffentlichten Erklärung. Zu den besonders Schutzbedürftigen werden schwer erkrankte Kinder sowie unbegleitete Flüchtlinge unter 14 Jahren gezählt. Die meisten von ihnen seien Mädchen, wird in der Erklärung betont.

„Koalition der Willigen“ soll Kinder aufnehmen

Auf europäischer Ebene werde derzeit über eine humanitäre Lösung verhandelt, um in einer „Koalition der Willigen“ die Aufnahme dieser Kinder zu organisieren. „In diesem Rahmen steht Deutschland bereit, einen angemessenen Anteil zu übernehmen.“ Neben Deutschland könnten sich auch Frankreich, Portugal, Luxemburg und Finnland an der „Koalition der Willigen“ beteiligen. Welches Land wie viele Kinder aufnimmt, muss von den Innenministern noch ausgehandelt werden.

Der Einigung der großen Koalition war ein Streit innerhalb der Union über die Aufnahme von Flüchtlingen vorausgegangen. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus geriet in der vergangenen Woche mit Bundesinnenminister Horst Seehofer aneinander, nachdem dieser eine Aufnahme von Geflüchteten grundsätzlich befürwortet hatte. Die Leute wollten keine Flüchtlinge, soll Brinkhaus geschrien haben. Später betonte der Fraktionschef, er stehe dazu, dass Deutschland aus humanitären Gründen weiterhin Flüchtlinge aufnehme. Seehofer wiederum erklärte am Montag, Ordnung und Begrenzung von Migration seien Voraussetzung für Humanität.

„Jeder Tag unter diesen Umständen ist für die Kinder ein Tag zu viel“

Wann die Kinder die Lager auf den griechischen Inseln verlassen können, ist noch unklar. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, das sei keine Frage von Monaten, sondern eher von Wochen.

Hilfsorganisationen fordern eine sofortige Aufnahme der Minderjährigen aus den griechischen Flüchtlingslagern, in denen katastrophale Zustände herrschen. „Die Kinder in Griechenland und der Türkei dürfen nicht länger Spielball der Politik sein“, erklärte Christian Schneider, Geschäftsführer von Unicef Deutschland. „Jeder Tag unter diesen Umständen ist für die Kinder ein Tag zu viel.“

Nach Angaben von Unicef leben in Griechenland insgesamt etwa 40 000 geflüchtete Kinder, von ihnen seien 5300 unbegleitet.

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