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Besucher besichtigen am 03.02.2012 das Erkundungsbergwerk Gorleben.

© Julian Stratenschulte/dpa

Atomausstieg in Deutschland: Die Kernkraft und ihr toxisches 176-Milliarden-Euro-Erbe

Fukushima war auch für Deutschland eine Zäsur. Trotz Atomausstieg werden die Menschen noch lange mit den Hinterlassenschaften umgehen müssen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Matthias Jauch

Zehn Jahre nach der Havarie in Fukushima sucht Japan noch immer den richtigen Umgang mit dem Unglück, zählt zehntausende Menschen, die ihre Heimat verloren.

Auch aktuelle Bilder aus der Region lassen keinen Zweifel daran, dass die Entscheidung der Bundesregierung richtig war, die nur Tage nach dem Unfall die ältesten Meiler vom Netz nahm und wenige Monate später den beschleunigten Atomausstieg beschloss, nur Monate nach den AKW-Laufzeitverlängerungen.

Fukushima war auch für Deutschland eine Zäsur. Jahrzehntelang wurde um die Kernenergie gestritten. Auch weil es um dieses grundsätzliche „Ja“ zur Atomkraft ging, wurde so erbittert an den AKW-Bauzäunen und um das lange geplante Endlager Gorleben gekämpft, um jeden Castor, der dorthin transportiert wurde.

Nun steigt Deutschland so konsequent wie weltweit kein anderes Land aus dieser Energie aus. Doch wenn Ende 2022 die letzten Meiler vom Netz gehen, ist das Zeitalter der Atomkraft auch in Deutschland noch längst nicht vorbei. Auf die zwei Generationen, die diese strahlende Energie genutzt haben, folgen nun viele Generationen, die mit den Folgen umgehen müssen. Der Preis ist hoch – finanziell wie gesellschaftlich.

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Gerade erst erhielten die AKW-Betreiber zusammen 2,4 Milliarden Euro für ihre hinfälligen Investitionen und die verbliebenen Reststrommengen, die sie durch das abrupte Abschalten ihrer Meiler 2011 verloren. Gewaltige 176 Milliarden Euro werden für den Umgang mit den Altlasten ausgegeben sein, bis 1900 Castoren sicher in einem Endlager eingeschlossen sind. Die Betreiber haben diese Verantwortung für 24 Milliarden Euro an den Steuerzahler abgetreten.

Wie heikel der Umgang mit der Atomkraft ist, zeigt immer wieder die Endlagersuche

Für viele Verbraucher erscheint individuell der Ausstieg bitter, sie weisen auf die steigenden Strompreise hin. Der gleichzeitige Ausstieg aus Kohle- und Atomstrom ließ bei ihnen in den letzten Jahren Sorgen um die Energieversorgung wachsen. Tatsächlich sind es auch private Haushalte, die die Energiewende schultern. Sie tragen über den Strompreis nicht unwesentlich die Kosten für den Umbau des Energiesystems.

Aber Atomstrom war in der Vergangenheit auch deshalb so billig, weil die Industrie staatliche Subventionen erhielt. Ohne diese lohnen sich AKW-Neubauprojekte schon heute nicht mehr, während Energie aus erneuerbaren Quellen immer günstiger wird.

Wie heikel der Umgang mit der Atomkraft hierzulande ist, zeigt sich immer wieder an der Endlagersuche. Auch als Lehre aus Gorleben, aus dem nicht zu brechenden Widerstand gegen das Endlager in Niedersachsen, wurde die Suche vor wenigen Jahren völlig neu aufgesetzt.

Jede Region in Deutschland sollte nun infrage kommen, nicht der kleinste Zweifel an einer vermeintlichen Entscheidung im Hinterzimmer aufkommen. Doch eine erste Einfärbung der Landkarte im vergangenen Herbst, der Unmut in manch betroffener Region, zeigt auch, dass Widerstände auch diese Suche begleiten werden.

Für die jüngeren Generationen bleibt nun der Umgang mit den Hinterlassenschaften dieser Epoche. Es ist ein lästiges Erbe, um das gestritten werden wird.

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