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Wolfgang Schäuble will den Fokus auf Integration statt auf Abschiebungen lenken. Unsere Kolumnistin kritisiert das.

© dpa

Asylpolitik: Warum Wolfgang Schäuble irrt

Weniger auf Abschiebung, denn auf Integration setzen, hat Bundestagspräsident Schäuble als Maxime gefordert. Dabei liegt das Problem woanders. Ein Zwischenruf.

Ein Zwischenruf von Barbara John

Kürzlich hat Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble in Mediengesprächen eine Neuausrichtung  in der deutschen Flüchtlingspolitik vorgeschlagen. „Wir sollten uns klarmachen, wie schwer es ist, im Einzelfall abzuschieben. Deswegen sollten wir auch nicht die Hoffnung haben, die Großzahl dieser Menschen zurückzuführen. Eher sollten wir alle Kraft aufbringen, sie in unsere Gesellschaft zu integrieren.“ Gemeint waren nicht die als schutzbedürftig anerkannten Flüchtlinge, sondern abgelehnte Asylbewerber.

Das klingt wie ein totaler Widerspruch zur deutschen und europäischen Haltung in Sachen Abschiebung. Konterkariert es nicht komplett die deutsche und europäische Haltung in Sachen Rückführung nicht schutzbedürftiger Migranten? Hatte nicht die Kanzlerin im vergangenen Jahr eine „nationale Kraftanstrengung“ bei Abschiebungen angekündigt? Legte nicht auch EU-Flüchtlingskommissar Avramopoulos einen Aktionsplan zur schnelleren Rückführung von Flüchtlingen vor? Und mahnte nicht sogar der neue Vertreter des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) in Deutschland, Dominik Bartsch, dass verschleppte Abschiebungen in Deutschland die Akzeptanz des deutschen Asylsystems gefährden könnten?

Schäuble habe eine Einladung ausgesprochen, kreischte das Internet

Es kam, wie es kommen musste: In Internetforen und sozialen Netzwerken gab es einen mehrheitlichen Aufschrei: Schäubles Äußerungen seien der Offenbarungseid, dass der Staat Recht und Gesetz nicht mehr durchsetzen könne. Außerdem würde es von Schleppern und Migrationswilligen verstanden als erneute „Einladung“ sich unbedingt auf den gefährlichen Weg nach Deutschland zu machen, obwohl keine Schutzgründe vorliegen, aber Bleiberecht und Integration angeboten werden.

Gewollt oder ungewollt, Schäuble hat mit seinen Bemerkungen die Achillesferse des deutschen Asylsystems getroffen. Wo jeder einen Asylantrag stellen kann, aber bei Ablehnung durch zahlreiche legale Regeln und viele unorthodoxe Methoden vor einer Ausweisung geschützt wird, da will jeder hin. Die Ursache von potenziellen  Massenabschiebungen ist unser attraktives Aufnahmesystem. Das gilt es zu ändern, um Abschiebungen im Ansatz zu verringern.

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