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Zum Schutz vor Wilderern werden den Nashörnern wie diesem Breitmaulnashorn oft die Hörner abgeschliffen. Allerdings ist das Horn keine reine Zierde für das Tier, es hat auch einen Nutzen. Wenn Nashörner durch das Dickicht streifen, oder sich gegen große Raubkatzen wehren, ist das Horn manchmal auch überlebensnotwendig. Diese Lösung ist deshalb ziemlich umstritten.

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Artenschutz: Nashorn – Gold wert Die Jagd hat dramatisch zugenommen.

Vor allem in Südostasien versprechen sich viele gute Geschäfte. Deshalb sind in diesem Jahr in Südafrika allein 528 Nashörner abgeschlachtet worden.

Auf den ersten Blick sieht das Objekt der Begierde fast hässlich aus. Es ist hart, aus dem gleichen Material wie ein Fingernagel und eigentlich kaum mehr als ein Bündel fest zusammengeklebter Haare. Dennoch kostet ein Kilo Rhinohorn mehr als das Äquivalent in Gold: Bis zu 60 000 Dollar werden in Südostasien für das vermeintliche Heil- und Potenzmittel gezahlt, mehr als für ein Kilo des gelben Metalls, das „nur“ etwa 50 000 Dollar wert ist.

Kein Wunder, dass der illegale Handel mit dem Horn seit ein paar Jahren floriert. 528 Nashörner sind in diesem Jahr in Südafrika bereits gewildert worden. Und bis zum Jahresende dürfte die Zahl auf fast 600 steigen – ein einsamer Rekord (2011: 448 Nashörner). Noch stehen die Dickhäuter damit zwar nicht vor der Ausrottung. Insgesamt leben in Südafrika noch immer rund 20 000 Breitmaulnashörner und fast 5000 Spitzmaulnashörner, überwiegend im Krüger-Nationalpark. Doch wenn die Entwicklung so weitergeht wie in den vergangenen zwei Jahren, dann werden mehr Tiere getötet, als geboren werden beziehungsweise auf natürliche Weise sterben (rund 400 im Jahr). Es ist ein Kampf gegen die Zeit.

Angesichts der besorgniserregenden Lage gibt Südafrika mittlerweile viel Geld für den Kampf gegen die Wilderei aus. Auch haben am Kap die Hawks, eine Sondereinheit der Polizei zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens, nun alle Ermittlungen im Kampf gegen die Wilderei übernommen. Seitdem ist die Zahl der Verhaftungen deutlich gestiegen, auch wenn der Polizei oft nur die kleinen Fische und nicht deren Hintermänner ins Netz gehen.

Vor kurzem erwischten die Ermittler jedoch zumindest einen der Drahtzieher. Der aus Thailand stammende Geschäftsmann Chumling Lemtongthai wurde am Freitag von einem südafrikanischen Gericht des Nashornschmuggels für schuldig befunden und am Freitag zu 40 Jahren Haft verurteilt. Das Gericht verhängte die ungewöhnlich harte Strafe, obwohl der 44-Jährige gestanden hatte, dass er sich auf betrügerische Weise Jagdgenehmigungen verschafft habe. Obwohl der Geschäftsmann seit langem im Verdacht des illegalen Handels mit Nashorn stand, hatten ihm die Behörden in den vergangenen beiden Jahren je eine Lizenz zum legalen Abschuss eines Nashorns gewährt. Trotz des Kampfes gegen die Wilderei erteilen die zuständigen Stellen am Kap noch immer Lizenzen für die legale Jagd auf Nashörner. Dafür müssen reiche Jäger rund 70 000 Dollar ausgeben. Das machte sich der Thailänder zunutze: Wie sich herausstellte, ergatterte er gleich 40 weitere Lizenzen für die Trophäenjagd – und ließ dafür aus Thailand importierte Prostituierte als Großwildjäger posieren. 26 der Hörner exportierte er anschließend illegal nach Laos.

Ein Breitmaulnashorn in Südafrika. So sehen die Tiere aus, bevor Wilderer es in die Hände bekommen haben.
Ein Breitmaulnashorn in Südafrika. So sehen die Tiere aus, bevor Wilderer es in die Hände bekommen haben.

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Inzwischen wird immer deutlicher, dass der Handel mit dem Rhinohorn Teil eines weltweiten, illegalen Handelsnetzes mit geschützten Tierarten ist. Zu ihnen gehören auch die sogenannten Perlemoen oder Abalonen, eine an der südafrikanischen Küste beheimatete Seeschneckenart, die auf Deutsch Seeohren heißt und in China eine begehrte Meeresdelikatesse ist. Vieles deutet darauf hin, dass der Seeohrenschmuggel eine Art Vorläufer für die Nashornwilderei war – und die Grundlage für den Handel legte. Mit dem Ende der Apartheid vor 20 Jahren und der Integration des lange Zeit isolierten Landes in den Welthandel kam damals das organisierte Verbrechen ins Land – darunter neben Drogenhändlern und Waffenschiebern auch die chinesische Triade. Oft lief das Geschäft mit den Ländern im Fernen Osten dabei in einer Art Tauschhandel ab: Abalonen aus Südafrika wurden gegen Drogen wie etwa Mandrax-Tabletten aus Ostasien gehandelt, wo die Meeresschnecke, genau wie das zu Pulver gemahlene Rhinohorn, als ein wirkungsvolles Potenzmittel und Aphrodisiakum gilt.

Der Schmuggel von Abalonen hat dabei nach Angaben von Adrian Lackay, einem Sprecher der Finanzbehörde, eine ähnlich große Bedeutung erlangt wie der Nashornhandel. Schätzungen zufolge schmuggeln die Banden unter Einsatz modernster Geräte mehr als das Zehnfache der legal exportierten Abalonen nach Ostasien, wo es für mehrere hundert Dollar je Kilo weiterverkauft wird. Die Dimension des Handels mit der muschelartigen Schale wird auf einen Schwarzmarktwert von rund 100 Millionen Euro im Jahr beziffert. Allerdings ist der Handel wegen der verbesserten Polizeiarbeit, aber auch der weitgehenden Plünderung vieler Fischgründe zuletzt hinter den Nashornschmuggel zurückgefallen.

Dank der Geschäfte mit Abalone können die Nashornwilderer heute auf ein technisch ausgeklügeltes System zurückgreifen. So gibt es Geschäftsleute mit guten Beziehungen zu Speditionen oder den Zollbehörden. Auch gibt es ausgebildetes Personal, das sich am Schmuggel beteiligt, darunter offenbar sogar Tierärzte und Besitzer von Wildfarmen. Schließlich ist die Nachfrage in Asien wegen der stark angewachsenen Mittelklasse derart groß und die Kooperationen der Behörden dort so gering, dass das illegale Geschäft wohl noch lange Zeit boomen dürfte. Übrigens ist das in Vietnam verkaufte Nashorn oft genug Wasserbüffelhorn. Das hat der Schweizer Tierfilmer und Umweltschützer Karl Ammann durch DNA-Untersuchungen von Proben nachgewiesen.

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