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Der letzte Schrei in China: Kunstgegenstände aus Elfenbein. Dieses Exemplar wird allerdings im deutschen Elfenbeinmuseum in Erbach bei Frankfurt am Main in Hessen gezeigt.

© dpa

Artenschutz: Ein hoher Preis

Das Unwissen der Chinesen über Elefantenstoßzähne begünstigt den Handel.

Es wäre eine riesige Herde. 600 Elefanten auf einem Haufen würden einen ganzen Landstrich in Beschlag nehmen. Mitte Oktober aber reichte im Hongkonger Containerhafen Kwai Chung eine halbe Halle, um 600 Elefanten zu lagern. Sie lagen dort nur noch in Form ihrer Stoßzähne aus Elfenbein, die Wilderer illegal getöteten Tieren abgenommen hatten. Der Hongkonger Zoll hatte die 3,8 Tonnen schwere Ware im Rahmen von Ermittlungen gegen eine Schmugglerbande konfisziert. Von den Festgenommen stammte einer aus Hongkong, die anderen sechs Männer kamen aus Festlandchina. Das verwundert nicht.

China ist das Zentrum des illegalen Elfenbeinhandels. „Trotz der Bemühungen der Regierung, den Elfenbeinhandel zu regulieren, bleibt China der größte Empfänger von geschmuggeltem Elfenbein“, schreibt die Tierschutzorganisation Internationaler Tierschutz-Fonds (Iwaf) in einem Bericht über den chinesischen Elfenbeinmarkt. Weil das Washingtoner Artenschutzabkommen (Cites) China 2008 erlaubte, 108 Tonnen Elfenbein aus vier afrikanischen Ländern einzukaufen, existiert in der Volksrepublik neben dem illegalen Elfenbeinmarkt auch ein legaler. Dieser sollte die Nachfrage befriedigen und mit Hilfe des gewachsenen Angebots die Preise und damit auch den Gewinn für illegales Elfenbein senken. Das Gegenteil ist jedoch eingetreten; die Nachfrage in China ist noch größer geworden. So sehen das die meisten Nichtregierungsorganisationen, beispielsweise auch Pro Wildlife in München.

„Der Kauf 2008 hat die Produktion und den Handel von Elfenbeinprodukten beflügelt und die Nachfrage für Elfenbein in der wachsenden Klasse der wohlhabenden Konsumenten angeregt, die Elfenbeinprodukte als Sammel- und Investmentprojekt begehren“, heißt es in dem Bericht des Tierschutz-Fonds.

Eine Einschätzung, die Tom Milliken nicht teilt. Milliken leitet das Informationssystem über den Elefantenhandel (Etis) der Nichtregierungsorganisation Traffic. Seit 1991 beobachtet er inzwischen im Auftrag von Cites den illegalen Elfenbeinhandel – 1989 fiel die Entscheidung, den Handel einzustellen. Milliken argumentiert, dass trotz der Auktion 2008 immer größere Mengen Elfenbein von den Zollbehörden konfisziert werden. Seit 1996 steigt der Verbrauch in China kontinuierlich. Dagegen sei der Markt in Japan nahezu ausgetrocknet, sagt Milliken.

Iwaf stellt in seinem Bericht über den chinesischen Markt fest, dass illegales Elfenbein in legalen Verkaufsstellen für den Markt gewaschen wird. Eine Beobachtung, die auch Milliken teilt. Das Kontrollsystem sei „nach einiger Zeit ausgehöhlt worden“, sagt er. Iwaf schreibt, dass die Chinesen erst durch den legalen Verkauf Elfenbein als Geldanlage entdeckt hätten. „Weißes Gold“ wird das Elfenbein in China auch genannt. In den vergangenen sechs Jahren hat sich der Preis für Elfenbein in China verdreifacht. 2011 wurden 11 100 Stück Elfenbeinschnitzereien in China auf Auktionen angeboten, doppelt so viele wie im Jahr zuvor.

Der Verkauf wird auch von der Unwissenheit der Chinesen über den Elfenbeinhandel begünstigt. Um das zu ändern, engagiert sich der unglaublich populäre chinesische Basketballstar Yao Ming für den Schutz afrikanischer Elefanten und Nashörner. Der ehemalige Spieler der US-amerikanischen Basketballliga NBA hielt sich im Sommer in Afrika auf und bloggte über seine Reise. Mehr als eine Million Chinesen lesen seine Texte über den Tierschutz. „Ich denke, es ist sehr verwirrend für die Menschen, dass Elfenbein immer noch legal zu erwerben ist und neben illegalem Elfenbein von gewilderten Elefanten liegt“, schreibt Yao Ming im Internet. „Eine Elfenbeinschnitzerei wird zwar Tausende von Kilometer entfernt von einem traurigen Kadaver eines gewilderten Elefanten erbeutet, aber wir müssen diesen Zusammenhang herstellen.“

Zumal einige Chinesen offenbar noch nicht einmal den Zusammenhang zwischen Elfenbein und einem toten Elefanten kennen. „Xiang Ya“, Elefantenzahn, heißt Elfenbein auf Chinesisch, das führt zu Verwirrungen. Der Tierschutz-Fonds hat eine Umfrage unter Chinesen gemacht. „70 Prozent dachten, Elfenbeinzähne fallen aus, können von den Händlern eingesammelt werden und wachsen dann nach“, berichtete eine chinesische Aktivistin der Zeitschrift „Vanity Fair“. „Sie wussten nicht, dass Elfenbein zu bekommen, bedeutet, das Tier zu töten.“

Tom Milliken beobachtet, dass „die Chinesen derzeit alles kaufen“. Auch für Rhinozeroshorn gibt es in China einen Markt, für Seepferdchen, Tropenhölzer, alles, was selten, teuer und illegal ist. Das sei vor 30 Jahren in Japan genauso gewesen, erzählt Milliken. Doch nun sei es dort sogar gelungen, die Namensstempel aus Elfenbein unter offiziellen Dokumenten durch Stempel aus Holz zu ersetzen. Bis dahin ist es in China noch ein langer Weg. mit deh

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