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Viele Rentner sind auf Sozialhilfe angewiesen (Symbolbild)

© dpa/Felix Kästle

Armut im Alter: Immer mehr Rentner leben von Sozialhilfe

Die Zahl der Grundsicherungsempfänger steigt auf 1,08 Millionen. Sozialminister Heil hält daher eine Grundrente für notwendig.

Immer mehr Rentner können von ihrer Rente nicht leben und sind auf Sozialhilfe angewiesen. Gleiches gilt für Menschen mit einer Erwerbsminderung. Das zeigen neue Zahlen des Statistischen Bundesamts. Wie die Behörde am Mittwoch mitteilte, ist die Zahl der Rentner und Erwerbsgeminderten, die Grundsicherung bezogen haben, im vergangenen Dezember auf knapp 1,08 Millionen gestiegen. Das waren 1,9 Prozent mehr als im Jahr davor. Erwerbsminderungen machen 48 Prozent aus, Altersarmut 52 Prozent: Rund 560.000 Menschen jenseits der 65 sind aus finanziellen Gründen ein Fall für die Sozialhilfe – das sind 150.000 mehr als vor zehn Jahren. In Berlin betrifft das knapp 44.000 Bürger.

Trotz des Anstiegs sind nach Meinung von Experten tatsächlich noch viel mehr Menschen von Altersarmut betroffen. „40 bis 50 Prozent der Bedürftigen verzichten auf staatliche Sozialleistungen“, heißt es beim Sozialverband VdK. Viele haben Angst, dass sich das Sozialamt das Geld bei ihren Kindern zurückholt – zu Unrecht, denn das passiert nur, wenn das Einkommen der Kinder über 100.000 Euro im Jahr liegt.

„Je größer die Zahl derer, die Grundsicherung im Alter beziehen, desto größer auch die Zahl derer, die von ihrer Altersrente offensichtlich nicht leben können“, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dem Tagesspiegel. Heil wertete die jüngsten Zahlen auch als Beleg dafür, dass Deutschland die Grundrente dringend braucht: „Wer jahrzehntelang in die Rentenversicherung eingezahlt hat, dem muss der Gang zum Amt erspart bleiben. Und er muss am Ende mehr haben als die Grundsicherung“, meint der Minister. Die SPD will die Rentenansprüche von Geringverdienern aufstocken und dabei auf eine Bedürfnisprüfung verzichten. Die Union lehnt das ab, seit Wochen sucht die Koalition nach einem Kompromiss.

Altersarmut ist die größte Angst der Bundesbürger

Die Sozialverbände weiß Heil hinter sich. VdK-Präsidentin Verena Bentele nannte die steigende Zahl der Grundsicherungsempfänger einen „Skandal“. Es gebe sehr viele Betroffene , die lange gearbeitet und in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hätten. Deren Renten seien aber dennoch so gering, dass sie staatliche Hilfen wie die Grundsicherung beantragen müssten. Bentele forderte einen Freibetrag von 212 Euro pro Monat für die gesetzliche Rente bei der Grundsicherung: Rentenbezüge bis zu dieser Höhe sollten – anders als heute – nicht mehr angerechnet werden. Bentele plädiert wie der Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt, Wolfgang Stadler, für die Heil’sche Grundrente.

„Trotz einer positiven Rentenentwicklung wächst die Zahl der bedürftigen Rentnerinnen und Rentner weiter“, gab Stadler zu bedenken. Die Bezüge der rund 20 Millionen Rentner in Deutschland steigen seit Jahren. Am 1. Juli können sich Rentner im Westen auf eine Erhöhung um 3,18 Prozent, im Osten um 3,91 Prozent freuen. Dennoch muss eine immer weiter steigende Zahl von Senioren zum Sozialamt: Betroffen sind Geringverdiener, Langzeitarbeitslose, gescheiterte Selbstständige und Menschen, die aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht täglich drei Stunden arbeiten können.

Im Alter zu verarmen, ist die größte Angst der Bundesbürger. Fast vier von fünf Deutschen treibt diese Sorge um, hat jüngst eine repräsentative Umfrage der OECD ergeben.

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