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Politik: Arm durch Kinderreichtum

Weltgesundheitsbericht: Mehr Geld für Gesundheit und Bildung

Brasilien hat es richtig gemacht – sagen die UN. Das Land gehört mit seinen rund 172 Millionen Einwohnern zu den ärmsten Schwellenländern der Welt, rund 25 Millionen Menschen leben in extremer Armut, manche von nur einem Dollar am Tag. Trotzdem nennt der diesjährige Weltbevölkerungsbericht des Bevölkerungsfonds der UN (UNFPA) das lateinamerikanische Land als positives Beispiel. Denn die Regierung setzt seit einigen Jahren einen Schwerpunkt dort, wo er nach Ansicht der UN-Organisation hingehört: Bei Programmen zur „reproduktiven Gesundheit“ und besonders bei der Bildung der Frauen. Seit Anfang der Neunzigerjahre ist in Brasilien die Geburtenrate um 13,7 Prozent gesunken. Die UN gehen davon aus, dass 0,7 Prozent des Wirtschaftswachstums pro Jahr darauf zurückzuführen sind.

Damit steht Brasilien im Gegensatz zu den meisten anderen Entwicklungs- und Schwellenländern: Nach dem UNFPA-Bericht wird sich in den 49 ärmsten Staaten die Bevölkerung in den kommenden 50 Jahren verdreifachen. In Äthiopien zum Beispiel könnten im Jahr 2050 rund 186 Millionen Menschen anstatt der jetzt 63 Millionen leben. Insgesamt wird die Zahl der Menschen in den armen Ländern auf fast zwei Milliarden steigen – jetzt sind es etwa 650 Millionen. Armutsbekämpfung, sagt Hans Fleisch von der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW) kann aber nur erfolgreich sein, wenn die Bevölkerung langsamer wächst.

Die Geburtenzahlen gehen meist zurück, wenn der Bildungsgrad wächst. Mit der Bildung steigen die Aussichten auf einen besser bezahlten Job, mehr Geld für die Familie und die bessere Ausbildung der Kinder. Funktioniert hat das bisher nur in den südostasiatischen Tigerstaaten. Dort ist in den vergangenen Jahren das Bevölkerungswachstum im Schnitt um 0,5 Prozent zurückgegangen. Wäre dies weltweit der Fall gewesen, wäre die Armut um ein Drittel gesunken, ist sich Fleisch sicher.

Dass aber nach wie vor das ärmste Fünftel der Bevölkerung 74-mal weniger verdient als das reichste, in einigen afrikanischen Ländern die Hälfte der 15- bis 19-Jährigen nicht einmal die erste Klasse abgeschlossen hat, und in den Entwicklungsländern ein Fünftel aller Krankheiten in Zusammenhang mit Geburt und Sexualität stehen – die Schuld dafür liegt nach Ansicht der UNFPA nicht nur bei den Entwicklungsländern. Die Weltbank geht davon aus, dass pro Jahr zusätzlich 30 Milliarden Dollar in den Entwicklungsländern allein im Gesundheitsbereich investiert werden müssten. Doch während die armen Länder selbst im Jahr 2000 rund 8,3 Milliarden Dollar ausgegeben haben – etwa 73 Prozent dessen, was auf der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo 1994 vereinbart worden war – stellten die Geberländer mit 2,6 Milliarden Dollar nur etwa 46 Prozent der von ihnen zugesagten Summe.

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