zum Hauptinhalt
Sag mir, was du isst, und ich sag dir, ob du den Job hast? Diskriminierungen gehen neue, hippe Wege.

© picture alliance / dpa

Arbeitsrecht: Wenn Firmen Vegetarier bevorzugen

Bei klassischen Benachteiligungen ist die Arbeitswelt sehr wach. Aber was ist, wenn Diskriminierung als Lifestyle daherkommt - und Essgewohnheit Einstellungskriterium werden? Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Der Coworking-Anbieter Wework will nur noch Mitarbeiter haben, die vegetarisch essen. In der Firma selbst wird kein Fleisch mehr serviert. Spesenrechnungen werden nur anerkannt, wenn der Gast fleischlos bewirtet wurde. Wework, das in Berlin vier Büro-auf-Zeit- Standorte betreibt, will durch den Fleischverzicht seiner weltweit 6000 Mitarbeiter seinen CO2-Fußabdruck verringern. Eine gute Sache eigentlich. Aber ist es richtig, Arbeitnehmern in einem freiheitlichen Gemeinwesen per Dienstanweisung das Wurstbrot zu verleiden?

Bei Tageslicht betrachtet, betreibt das Unternehmen im Dienst einer vermeintlich guten Sache eine Politik, die einen hässlichen Namen hat: Diskriminierung. Arbeitgeber haben in den vergangenen Jahren viel gegen die Benachteiligung von Beschäftigten unternommen. Manche verzichten auf Bewerbungsfotos, einige anonymisieren die Unterlagen, damit Bewerber mit fremd klingenden Namen dieselben Chancen haben. Ein paar Firmen sorgen sogar dafür, dass Männer und Frauen annähernd gleich bezahlt werden.

Charleene, Mahmut, Colatrinker, Fleischesser haben schlechte Karten

Die Arbeitswelt ist sehr wach, wenn es um die klassischen Benachteiligungen geht. Kein Monat, in dem sich nicht ein Arbeitsgericht mit der Frage beschäftigt, ob Kirchen ihren Mitarbeitern den neuen Partner, die Polizei ihren Beamten ein Tattoo verbieten dürfen. Was aber ist mit den neuen Formen von Ausgrenzung? Die sind genauso falsch wie die alten, werden aber gerne übersehen. Die neuen Ausschlussmethoden sind feiner, freundlicher, achtsamer. Man sieht ihnen nicht an, dass sie die ganze Hochnäsigkeit des liberalen akademisch gebildeten Großstadtmilieus gegen den Rest transportieren. Nicht nur Charleene und Mahmut müssen jetzt fürchten, bei der Einstellung übersehen zu werden. Auch der Colatrinker soll sich verstecken und der Schweinsbraten-Liebhaber ebenso. Sie sollen den frischen, smarten Start-Ups nicht zu nahe kommen. Gibt es im Kampf für Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Gesundheit gerechte Benachteiligung? Nein. Solange jeder diesem Land gleich viel gelten soll, kann es keine andere Antwort geben.

Zur Startseite