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Limousinen der Fahrbereitschaft des Deutschen Bundestages in Berlin.

© picture alliance / dpa /Bernd von Jutrczenka

Arbeitskampf im Parlament: Warum die Chauffeure der Bundestagsabgeordneten streiken

Die Beschäftigten des Bundestags-Fahrdienstes fordern einen Tarifvertrag. Doch der Bund blockiert eine Vereinbarung. Unterstützung kommt nun aus dem Parlament.

Im Detail darüber reden, was sie jeden Tag hören und sehen – das dürfen sie nicht. „Wir kriegen Einblicke, die nur die wenigsten haben“, sagt Georg Sommerfeld. „Wir erleben niedergeschlagene Abgeordnete bei ihrer letzten Dienstfahrt, wenn sie aus dem Bundestag geflogen sind, genau wie euphorische Politiker, wenn sie gerade in den Bundestag gewählt wurden.“

Sommerfeld arbeitet seit 2014 für den Fahrdienst des Parlaments. In schwarzen Luxuskarossen kutschiert er Abgeordnete durch die Hauptstadt, Prominente genau wie Hinterbänkler.

Seine Limousine muss stets top-gepflegt sein, das Benehmen tadellos, der Fahrtstil vorbildlich. Das stehe sogar in seinem Arbeitsvertrag, sagt der 34-Jährige. „Wir sind stolz darauf, die Arbeit des Parlaments zu unterstützen.“

„Das geht mir nicht in den Kopf“

Doch Sommerfeld und viele seiner knapp 270 Kolleginnen und Kollegen sind sauer. Der Grund: Sie wollen einen Tarifvertrag, bekommen aber keinen, weil der Bund das blockiert.

Den Fahrdienst des Bundestags übernimmt die Firma „BwFuhrparkService“, die dafür rund 120 Autos bereithält. Das Unternehmen gehört zu 75 Prozent dem Verteidigungsministerium. Sommerfeld sieht deshalb Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in der Pflicht, für gerechte Löhne zu sorgen. „Ich wollte mich eigentlich nicht in den Wahlkampf einmischen“, sagt er. „Aber wenn ich sehe, dass die CDU in ihrem Programm die Tarifbindung für wichtig erklärt, sich aber dann ausgerechnet ein unionsgeführtes Ministerium dem verweigert, dann geht mir das nicht in den Kopf.“

Warnstreik: Vor dem Reichstagsgebäude und dem Paul-Löbe-Haus demonstrierten Fahrerinnen und Fahrer des Bundestags vergangene Woche für einen Tarifvertrag.
Warnstreik: Vor dem Reichstagsgebäude und dem Paul-Löbe-Haus demonstrierten Fahrerinnen und Fahrer des Bundestags vergangene Woche für einen Tarifvertrag.

© dpaKay Nietfeld/dpa

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Im CDU-Wahlprogramm heißt es: „Gerechte Löhne entstehen nur durch Tarifverträge.“ Doch beim Bundestags-Fahrdienst macht das CDU-geführte Verteidigungsministerium offenbar eine Ausnahme. Dort verweist man auf eine Betriebsvereinbarung zwischen Geschäftsführung und Beschäftigten des „BwFuhrparkService“. Die ermögliche die nötige „Flexibilität“ für den 24-Stunden-Service des Fahrdienstes. Von einem Tarifvertrag hält man offenbar wenig. Ein Gespräch darüber mit Kramp-Karrenbauer sei vor zwei Wochen „ergebnislos“ geblieben, heißt es bei der Gewerkschaft Verdi.

Parlamentsbetrieb ohne Fahrservice kaum möglich

Dreimal ist Sommerfeld mit einigen Mitstreitern deshalb bereits in den Warnstreik getreten, zuletzt am vergangenen Donnerstag. Zu ihrer Demo im Regierungsviertel kam auch die stellvertretende SPD- Fraktionschefin Katja Mast. „Die Fahrerinnen und Fahrer haben das Recht auf einen ordentlichen Tarifvertrag“, sagt sie. „Sie sehen auch nicht ein, warum sie anders behandelt werden als die Beschäftigten der Ministerien.“ Im Gegensatz zu den Angestellten beim „BwFuhrpark“ werden die Fahrerinnen und Fahrer, die bei den Ministerien oder der Parlamentsverwaltung beschäftigt sind, nach Tarif bezahlt.

„Gleichen Lohn für gleiche Arbeit“, fordert auch Susanne Ferschl, Vizechefin der Linksfraktion. „Das muss gerade für die Unternehmen des Bundes gelten. Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit.“ Beide Politikerinnen betonen, dass ihre Arbeit in den Sitzungswochen, in denen ein Termin auf den anderen folgt, ohne Fahrservice kaum möglich wäre. Dass die Angestellten dafür ordentliche Bezahlung verdienen, findet auch Dennis Radtke, Vizechef des CDU-Arbeitnehmerflügels. Der Bund müsse mit gutem Beispiel vorangeht. Die SPD-Politikerin Mast sagt: „Das Beste wäre, wenn der Bundestag und der Bund insgesamt nur noch Aufträge an Firmen und Dienstleister geben würden, die nach Tarif bezahlen.“

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