zum Hauptinhalt
Wie kommen politische Entscheidungen in Zukunft zustande? Die Grünen sind für Bürgerräte.

© imago

Antrag im Bundestag: Grüne wollen Bürgerräte zur Stärkung der Demokratie

Pilotprojekte gab es bereits, doch bislang hat die große Koalition in Sachen Bürgerbeteiligung keine Fortschritte gemacht. Die Grünen fordern mehr Mitsprache.

Klimakrise, Corona-Pandemie, Vertrauensverlust der Demokratie: Es sind keine kleinen Herausforderungen vor denen die Politik in diesen Zeiten steht. Und weil die Aufgaben gesamtgesellschaftliche seien, sollten auch möglichst viele Bürgerinnen und Bürger bei der Bewältigung beteiligt werden, finden die Grünen.

In einem Antrag an den Bundestag fordert die Grünen-Fraktion ein neues Beteiligungsgesetz als Grundlage für Bürger*innenräte. Diese sollen durch Zufall bundesweit ausgelost werden und die Vielfalt der Gesellschaft abbilden. Sie könnten dann beratend bei Gesetzgebungsprozessen beteiligt werden. Dafür, so der Antrag, soll innerhalb der Bundesregierung eine verantwortliche Position geschaffen werden, die für Bürgergesellschaftliches Engagement, Demokratie, Partizipation und Zivilgesellschaft verantwortlich ist.

"Neben mehr Beteiligung ist eine engagierte Zivilgesellschaft entscheidend für Zusammenhalt und eine lebendige Demokratie", heißt es in dem Antrag, der dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt. Die Grünen fordern darin zudem, dass ein Online-Beteiligungsportal und ein "Büro für Beteiligung" beim Deutschen Bundestag eingerichtet wird. Als Vorbild wird unter anderem Baden-Württemberg genannt. Dort hat der Grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann bereits vor zehn Jahren die "Politik des Gehörtwerdens" verkündet und mit Gisela Erler eine Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung installiert.

Eigentlich hatte die Große Koalition das Thema auf ihrer Agenda. "Wir werden eine Expertenkommission einsetzen, die Vorschläge erarbeiten soll, ob und in welcher Form unsere bewährte parlamentarisch-repräsentative Demokratie durch weitere Elemente der Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie ergänzt werden kann", heißt es im Koalitionsvertrag von 2018 auf Seite 163. Doch wenige Monate vor Ende der Legislatur ist die GroKo beim Thema Bürgerbeteiligung - trotz der Intervention des Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU) - nicht weitergekommen.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Pandemie live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Dabei hat es in den vergangenen Jahren immer wieder Pilotprojekte für mehr Bürgerbeteiligung gegeben. So hatte erst vor wenigen Tagen der Bürgerrat "Deutschlands Rolle in der Welt" unter dem Vorsitz der früheren Chefin der Stasi-Unterlagenbehörde, Marianne Birthler, nach zehn Online-Sitzungen ihre Ergebnisse dem Bundestag übergeben. In dem Bürgerrat, der sich mit der Zukunft der deutschen Außenpolitik beschäftigte, waren auch acht Berliner beteiligt gewesen.

Bürgerrat fürs Schaufenster reicht nicht

Doch eine Strategie und klare Regeln gibt auch nach diesem Bürgerrat nicht. "Es reicht nicht, ab und zu einen Bürgerrat ins Schaufenster zu stellen", sagt die Grünen-Politiker Anna Christmann. Sie hat den Antrag mitinitiiert und sieht nur Vorteile durch Bürgerräte: "Kluge Beteiligungsverfahren festigen unsere repräsentative Demokratie und erhöhen das Vertrauen in politische Institutionen. Bürgerräte ermöglichen fundierte Meinungsbildung in der Bevölkerung, die ein wichtiger Input für die parlamentarische Arbeit sind."

Die Arbeit der Großen Koalition sei vor diesem Hintergrund enttäuschend, findet Christmann, die im Bundestag unter anderem im Unterausschuss für Bürgerschaftliches Engagement sitzt. "Für mehr Beteiligung war diese Wahlperiode bisher leider ein Ausfall, das muss sich ändern."

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false