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UN-Generalsekretär Antonio Guterres ist 100 Tage im Amt.

© dpa

António Guterres: Kuscht der neue UN-Generalsekretär vor den USA?

Der neue UN-Generalsekretär ist seit 100 Tagen im Amt. Vielen ist er zu still - nicht zuletzt, wenn es um Donald Trump geht. Ein Porträt.

Am ersten Tag als UN-Generalsekretär richtete António Guterres einen Friedensappell an die ganze Welt: „Lassen Sie uns 2017 zu einem Jahr für den Frieden machen.“ Der 67-jährige António Guterres setzte am 1. Januar, zu Beginn seiner fünfjährigen Amtszeit, ein klares Zeichen. Der neunte UN-Generalsekretär, so hofften viele seiner Mitarbeiter, werde nach dem achten UN-Generalsekretär, dem hölzernen Ban Ki Moon, für neuen Schwung sorgen. Und, so sagten Diplomaten voraus, Guterres, der frühere Premierminister Portugals und Ex-UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, werde vor mächtigen UN-Mitgliedern wie den USA nicht kuschen.

Nun ist Guterres 100 Tage im Amt. Doch seit seinem Friedensappell am 1. Januar hat er keine aufrüttelnden Auftritte mehr hingelegt. Der als Politfuchs geltende Guterres bleibt in der Deckung. Und gerade bei der wichtigsten Herausforderung für die UN, der Lösung der vielen blutigen Konflikte, konnte Guterres nicht punkten.

Trump und Syrien: Guterres hält sich zurück

Beispiel Syrien. Nach dem erneuten Angriff mit Chemiewaffen auf Zivilisten, der sehr wahrscheinlich auf das Konto des Assad-Regimes geht, und dem darauf folgenden US-Militärschlag veröffentlichten die UN nur ein dünnes Kommuniqué: Darin warnte Guterres vor dem „Risiko der Eskalation“ und beschwor die Konfliktparteien, bei den blockierten Genfer Syrien-Gesprächen Fortschritte zu machen. Doch die Leitung der Genfer Runden überlässt Guterres weiter seinem glücklosen Sondergesandten Staffan de Mistura.

Die Zurückhaltung des UN-Generalsekretärs wird besonders im Verhältnis zu den USA deutlich: Seit Donald Trump Präsident ist, fahren die Amerikaner einen Konfrontationskurs gegenüber den Prinzipien der Vereinten Nationen. Trumps Aufnahmestopp für syrische Flüchtlinge verstößt gegen das Völkerrecht. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch verlangte: „Guterres muss eine klare Position einnehmen.“ Guterres aber scheute vor offener Kritik zurück. Nach mehreren Tagen schließlich sagte er: „Ich hoffe sehr, dass die getroffenen Maßnahmen nur temporär sind.“

Einige Mitarbeiter zeigen aber auch Verständnis für Guteres. „Die UN sind nun einmal finanziell von keinem Land abhängiger als von den USA“, erklärt eine Funktionärin. „Da muss sich Guterres gut überlegen, ob er Trump offen attackiert oder ob er versucht, auf diplomatischem Weg Trumps Politik etwas erträglicher zu machen.“

Jan Dirk Herbermann

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