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Pegida-Kundgebung in Dresden mit Lutz Bachmann am Rednerpult

© Hendrik Schmidt/dpa

Update

Anti-Islam-Bewegung in Sachsen: Ein CDU-Politiker will auf die Pegida-Bühne

Ein sächsischer CDU-Abgeordneter will auf der Bühne der Anti-Islam-Bewegung Pegida sprechen. Die Opposition ist empört - und fragt: Stoppt die Bundes-CDU den politischen Amoklauf ihres Landesverbandes?

Von Matthias Meisner

Dem sächsischen CDU-Landtagsabgeordneten Sebastian Fischer liegt Pegida am Herzen. Nur nach der letzten Kundgebung war der 33-Jährige, geboren in Oelsnitz im Vogtland, ein wenig enttäuscht. Am Montagabend twitterte er: "Pegida-Vorsänger muss Deutschlandlied ablesen. Ist jetzt nicht euer Ernst?! #Nation #Vaterland #Deutschland".

Dass der Politiker aus Großenhain bei Dresden mit der Anti-Islam-Bewegung noch mehr im Sinn hat, wurde bald darauf klar. Fischer möchte, wie er - ebenfalls im Kurznachrichtendienst Twitter - bestätigte, auf einer der nächsten Pegida-Kundgebungen als Redner auftreten. Er strebe nach einem Dialog mit Pegida, erklärte er. Und auf die Nachfrage "Dialog, im Hinterzimmer? Oder würden Sie auch auf einer Pegida-Kundgebung sprechen?" antwortete er: "Habe angeboten, öffentlich zu sprechen und stehe dazu. Pegida bekommt aber wohl gerade kalte Füße! Wäre schade drum."

Aus seiner Sicht ist diese Annäherung nur konsequent. Denn Sebastian Fischer bedient in der Sachsen-Union - ohnehin der vermutlich rechteste Landesverband der CDU - deren rechten Rand, sendet auch Signale über diesen hinaus. Er will - anders als die Bundespartei - eine Zusammenarbeit mit der AfD, erklärte dazu vor dem letzten CDU-Bundesparteitag in Köln: "AfD nicht verteufeln, sondern als möglichen Partner ernst nehmen! Das ist Signal aus Sachsen-CDU an den CDU-Parteitag." Im Landesverband ist er mit dieser Position nicht völlig isoliert.

Homepage des CDU-Landtagsabgeordneten Sebastian Fischer
Homepage des CDU-Landtagsabgeordneten Sebastian Fischer

© Tagesspiegel

In dieses Bild passt, wenn Fischer in der ultrarechten Zeitung "Junge Freiheit" Seit' an Seit' mit einem AfD-Politiker die Räumung eines Protestcamps von Flüchtlingen vor der Dresdner Semperoper lobt. Nach der Landtagswahl in Sachsen Ende August wünschte sich der CDU-Landtagsabgeordnete eine "gute und sachliche Zusammenarbeit" mit der AfD. Und als sich kürzlich der CDU-Landrat von Meißen mit der NPD traf und anschließend neue Pläne für eine Asylunterkunft in einem ehemaligen Gefängnis verkündete, wurde das von Fischer begrüßt. Weiteres Beispiel einer längst nicht vollständigen Aufzählung: Zum Thema "Pegida & Großenhain" organisierte der CDU-Politiker eine Diskussionsrunde - und wählte dafür das Motto: "Lügenpresse, Volksverräter, Asylbetrüger".

Für die Sachsen-CDU wäre der Auftritt eines ihrer Landespolitiker auf einer Pegida-Kundgebung eine neue Steigerung im ohnehin recht pfleglichen Umgang mit der Bewegung. Zwar hat der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU) die Anführer von Pegida - noch vor deren Spaltung - zum Gespräch getroffen. Auch suchen führende Landes- und Bundespolitiker der CDU über Mittelsmänner den Kontakt zu den Anhängern von Pegida. Auf einer Pegida-Kundgebung in deren Hochburg Dresden aber hat noch kein CDU-Politiker gesprochen - und selbst der der stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende Alexander Gauland verstand sich bei Pegida in Dresden nur als Zaungast.

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Entsprechend empört ist die Opposition im sächsischen Landtag. "Fischer lässt alle Hemmungen fallen", sagte der Landes- und Fraktionschef der Linkspartei, Rico Gebhardt, dem Tagesspiegel. Fischers Aktivitäten, nicht nur in Sachen Pegida, "passen aber in das Bild einer rechtsoffenen, sächsischen CDU", der die "Nöte von ,besorgten Bürgern' wichtiger sind als der Schutz derer, die sich von denen bedroht fühlen müssen." Gebhardt forderte: "Diesen Amoklauf ihres sächsischen Landesverbandes muss die Bundes-CDU im Interesse ihrer Glaubwürdigkeit stoppen."

Ähnlich kritisch äußern sich die Grünen: Deren Parlamentsgeschäftsführer Valentin Lippmann sagte: "Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich versucht mit den Dialogforen der Staatsregierung, Pegida den Wind aus den Segeln zu nehmen. Der CDU-Landtagsabgeordnete Sebastian Fischer wertet Pegida hingegen auf, indem der dort um einen Redebeitrag buhlt. Will er dort den Volkstribun geben?" Lippmann nennt Fischer einen "nach rechts blinkenden" Politiker und fragt: "Wie viel Hinterland hat er in der sächsischen CDU? Wenn sächsische Bundes- und Landtagsabgeordnete im Schulterschluss mit dem sächsischen Innenminister Markus Ulbig Pegida-Leuten ein Gespräch mit der Bundesregierung organisieren, ist das eine offene Frage."

Überrascht zeigt sich die SPD, Juniorpartner in der Tillich-Regierung. Ihr stellvertretender Fraktionschef Henning Homann sagte dem Tagesspiegel, mit Bürgern werde über gesellschaftliche und individuelle Probleme geredet. "Einen Dialog mit Organisatoren von Pegida schließen wir aus. Die ausländerfeindlichen Äußerungen haben Lutz Bachmann und seine Organisation als politischen Partner disqualifiziert." Dies sei auch die Linie der Staatsregierung. "Ich warne davor, diesen Kurs aufzugeben."

Ob es zu einem Auftritt von Fischer bei Pegida kommt, ist offen. Vom Twitter-Account @montagsdemoGIDA, über den die Termine von Pegida und ihrer Ableger bekannt gemacht werden, hieß es an die Adresse von Fischer: "Jetzt wo Wahlen näherrücken, wird die CDU nervös, aber warum nicht? Machen Sie ihr Angebot doch über Facebook".

Der Vorsitzende der sächsischen CDU-Landtagsfraktion, Frank Kupfer, ging indirekt auf Distanz zu Fischer. "Ich werde Äußerungen von einzelnen Abgeordneten in den sozialen Netzwerken nicht kommentieren. Hier verweise ich auf die Eigenverantwortung eines jeden Einzelnen", sagte Kupfer dem Tagesspiegel. "Die CDU-Landtagsfraktion hat zu keiner Zeit Interesse bekundet, auf der Bühne einer Pegida-Demonstration zu reden und hat das auch nicht vor."

Einen Dialog mit Pegida-Anhängern hält Kupfer dagegen für richtig. "Dies tun wir aber im Gespräch, indem wir uns die Argumente des Gegenüber anhören, eigene Argumente vortragen und gegebenenfalls Vorurteile und Ressentiments klar zurückweisen. Mit Menschen in den Dialog zu treten bedeutet für uns nicht, ihnen nach dem Mund zu reden."

Der sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer wollte das Agieren des sächsischen Landtagsabgeordneten nicht bewerten. Er sagte dem Tagesspiegel am Telefon, er habe "wichtigere Dinge zu tun". Und weiter: "Ich kann doch nicht jeden Quark, der bei Twitter läuft, kommentieren."

CDU-Politikerin im Vogtland tritt zurück

Dass es auch in der Sachsen-CDU anders gehen kann, zeigt derweil ein Beispiel aus Oelsnitz - zufällig also aus der Geburtsstadt von Sebastian Fischer. Dort war der stellvertretende Bürgermeister in die Kritik geraten, ein Politiker des in dieser Region noch vertretenen CSU-Ablegers DSU, der nach der Wende gegründet worden war. Der Mann war vom Vogtland aus zu einer Pegida-Kundgebung nach Dresden gereist, hatte dort mit anderen "Lügenpresse" gerufen und kam damit ins ZDF. Ein von der SPD im Stadtrat eingebrachter Antrag zur Abwahl des DSU-Politikers scheiterte knapp. Am Sitzungsende trat dann, wie die "Freie Presse" berichtete, die CDU-Fraktionschefin unter Tränen mit sofortiger Wirkung als erste Stellvertreterin des CDU-Oberbürgermeisters zurück. Sie sehe sich außerstande, das Amt weiterzuführen, sagte sie mit Verweis auf den Auftritt des DSU-Manns in Dresden, den sie missbilligte.

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