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Wegen des Lockdowns sind in der Kölner Fußgängerzone Kneipen. Restaurants und Geschäfte geschlossen.

© AFP/Fassbender

Anti-Corona-Maßnahmen in Deutschland: Ist ein härterer Lockdown wirklich nötig?

Trotz vieler Maßnahmen, das Corona-Infektionsgeschehen zu bändigen, ist Besserung kaum in Sicht. Geht es nicht anders als mit einem strengeren Lockdown?

Die verlässlichen Zahlen für Deutschland – Intensivpatienten und Todesfälle – sind nicht ermutigend, die der gemeldeten täglichen Neuinfektionen zwar unzuverlässig wie noch nie, aber auch nicht gerade niedrig. Forderungen nach einem härteren Lockdown werden lauter. Ist er nötig?

Infektionen werden nicht durch Verordnungen verhindert, sondern dadurch, dass Menschen sich so verhalten, dass Infektionen weniger wahrscheinlich werden. Ein Lockdown wäre also nicht nötig, wenn sehr, sehr viele maximal auf sich und andere aufpassen würden. Das tun sie aber nicht ausreichend. Und es ist oft auch fast unmöglich, etwa wenn man ein Kind in einer Schule oder Kita ist – oder eben dessen Vater oder Mutter.

Ein Lockdown ist Mittel zum Zweck, ein harter Lockdown ist ein hartes Mittel. Der Zweck muss also ein sehr wichtiger und anders nicht zu erreichen sein.

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Derzeit haben wir es in Deutschland mit einem hohen, breit gestreuten Infektionsgeschehen kombiniert mit winterlichem Wetter zu tun – hinzu kommen sich verbreitende, stärker ansteckende Virusvarianten. Unter solchen Bedingungen hat es noch keinen einzigen wie auch immer gestalteten Lockdown gegeben, der das Infektionsgeschehen nachhaltig so gedrückt hätte, dass man wieder zu einer gewissen Normalität zurückkehren konnte, ohne die Zahlen gleich wieder nach oben zu treiben.

Selbst Wirtschaftsvertreter fordern nun eher Verschärfungen

Lockerungen aber haben in Herbst- und Wintermonaten fast überall zu massiven Anstiegen geführt. Und eines der Argumente für sie oder „Lockdowns light“ lautete lange, die Wirtschaft bräuchte sie dringend. Doch selbst deren Vertreter fordern nun eher Verschärfungen, weil keine Volkswirtschaft und auch kaum ein einzelner Betrieb mit dauernder Unsicherheit gut zurechtkommt.

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Ein härterer, längerer, konsequenterer – und, wie die Virologin Melanie Brinkmann fordert, europaweiter – Lockdown ist zwar noch nie erfolgreich erprobt worden. Es ist aber sehr plausibel, dass er die beste, vielleicht einzige Möglichkeit ist, die Zahlen in absehbarer Zeit so weit zu drücken, dass schnelle Testungen und Ergebnismitteilungen sowie Nachverfolgungen überall möglich werden. Nur dann könnten gezielte Maßnahmen wie effektive Isolation Einzelner die flächendeckenden ablösen, ohne in die nächste Welle zu laufen.

Es gibt dazu Modellrechnungen, etwa die des Mobilitätsforschers Kai Nagel von der TU Berlin. Demnach käme man, selbst wenn Schulen geschlossen blieben oder im Unterricht gute Masken getragen würden, wenn es Ausgangssperren ab 20 Uhr gäbe und auf der Arbeit durchgehend Maske getragen würde, „erst Anfang Februar wieder in den Bereich, wo die Kontaktnachverfolgung greift“. Mit den derzeitigen Maßnahmen sei damit „erst im April“ zu rechnen.

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