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Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire kritisiert das Karlsruher Urteil.

© AFP

Anleihekäufe der EZB: Paris kritisiert Karlsruher Urteil

Das Urteil des Verfassungsgerichts zu den Anleihekäufen der EZB schlägt weiter Wellen. Jetzt kritisiert Frankreichs Finanzminister Le Maire den Richterspruch.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Aufkauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) zwischen 2015 und 2018 geht die politische Diskussion über die Tragweite des Richterspruchs weiter. Aus dem Ausland gab es Kritik. So rief Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire am Mittwoch in Paris die Unabhängigkeit der EZB in Erinnerung.  „Die Entscheidung des Verfassungsgerichts in Karlsruhe trägt nicht zur Stabilität bei“, monierte Le Maire.

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Zwischen 2015 und 2018 hatte die EZB Staatsanleihen und andere Wertpapiere mit einem Volumen von rund 2,6 Billionen Euro erworben. Der Großteil der Staatsanleihen wurde dabei über das Programm PSPP auf dem Sekundärmarkt durch die Zentralbank aufgekauft. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts vom Dienstag verstieß die Notenbank dabei teilweise gegen das Grundgesetz, weil der Aufkauf nicht ausreichend begründet war. Innerhalb von drei Monaten muss die EZB nun die von den Karlsruher Richtern geforderte Abwägung zwischen ihrem währungspolitischen Ziel und den wirtschaftspolitischen Konsequenzen der damaligen Anleihekäufe nachliefern.

Finanzstaatssekretär Kukies: Berlin will auf schnelle Reaktion der EZB hinarbeiten

Finanzstaatssekretär Jörg Kukies erklärte angesichts des Urteils am Mittwoch vor dem Haushaltsausschuss des Bundestags nach Teilnehmerangaben, dass sich die Bundesregierung bei der EZB für eine schnelle Prüfung der Anleihekäufe einsetzen werde. Den Angaben zufolge sieht Kukies keine Auswirkungen des Urteils auf das aktuelle Corona-Rettungsprogramm der EZB (PEPP) mit einem Volumen von 750 Milliarden Euro. Zur Begründung sagte Kukies demnach, dass das aktuelle Rettungsprogramm materiell anders ausgestaltet sei das frühere PSPP-Programm.

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Bundesbankpräsident Jens Weidmann verteidigte im Gespräch mit der „Zeit“ das gegenwärtige EZB-Programm mit den Worten, es seien in der Corona-Krise „umfangreiche und außergewöhnliche geldpolitische Maßnahmen“ nötig gewesen – auch wenn es im Detail Meinungsverschiedenheiten unter den Notenbankern gegeben habe. Grundsätzlich sprach sich Weidmann dafür aus, dass Notenbanken auch in der Lage sein müssten, „den Krisenmodus zu verlassen, wenn es wirtschaftlich wieder aufwärts geht“.

Grünen-Haushälter Kindler kündigt eingehende Prüfung an

Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Sven-Christian Kindler, sagte dem Tagesspiegel, es räche sich, „dass die Bundesregierung seit Jahren wirksame fiskalische Antworten in Europa blockiert und die EZB die Kohlen aus dem Feuer holen lässt“. Er kündigte an, dass sich der Bundestag mit dem Urteil des Verfassungsgerichts eingehend beschäftigen und die Konsequenzen sorgsam prüfen werde. „Wir stehen vor einer komplexen Fragestellung im Bundestag, die wir in Hinblick auf die zu wahrende Unabhängigkeit der EZB klug und besonnen angehen müssen“, fügte er hinzu. Rechtlich sei die EZB nicht an Beschlüsse der Bundesregierung, des Bundestages und des Bundesverfassungsgerichts gebunden, sondern nur an Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). „Die Unabhängigkeit des EuGH, der EZB und des Bundesverfassungsgerichts sind gleichzeitig zu achten und zu respektieren“, so Kindler.

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