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Dem 63-Jährigen wurde in den Bauch gestochen – es war eine Not-OP nötig

© Rayso Leite/AFP

Angriff mit dem Messer: Anschlag auf Brasiliens Radikalen

Bei einem Auftritt wird der rechtsgerichtete Präsidentschaftskandidat Jair Bolsonaro schwer verletzt. Wie wirkt sich das auf Brasiliens Wahlkampf aus?

Der rechtsradikale Präsidentschaftskandidat Jair Bolsonaro stand vor wenigen Tagen auf einer Bühne und rief: „Wir werden die Petralhada erschießen.“ Er meinte damit Mitglieder von Brasiliens linker Arbeiterpartei (PT). In der Hand hielt er ein Kamerastativ, mit dem er ein Sturmgewehr nachahmte.

Nun ist Bolsonaro selbst Opfer eines Mordanschlags geworden. Bei einem Wahlkampfauftritt in der südostbrasilianischen Stadt Juiz de Fora stach ihm ein Mann ein Messer in den Bauch. Der 63Jährige saß zu dem Zeitpunkt auf den Schultern eines Anhängers, umringt von Bodyguards und hunderten Fans. In den jüngsten Umfragen liegt Bolsonaro mit rund 20 Prozent vor allen seinen zwölf Mitbewerbern im ersten Wahlgang.

Der Stich verletzte Bolsonaro schwer. Seine Leber, seine Lunge und seine Darm wurden getroffen. Er verlor viel Blut. Nach einer Notoperation verbrachte er die Nacht auf einer Intensivstation. Einer seiner Söhne verbreitete Nachrichten zum Gesundheitszustand Bolsonaros über Twitter. Sein Zustand scheint stabil zu sein.

Verdächtigungen und Fake News

Die erste Runde der Wahlen in Brasilien ist am 7. Oktober. Ob Bolsonaro bis dahin wieder in den Wahlkampf einsteigen kann, ist fraglich. Über den Täter zirkulierten unterschiedliche Informationen. Die sozialen Netzwerke sind in Brasilien zu einem stetigen Quell von Falschinformationen und Verleumdungen geworden.

Insbesondere rechte Gruppierungen bedienen sich dieser Taktik, wie Untersuchungen gezeigt haben. Sicher scheint, dass der Täter zwischen 2007 und 2014 Mitglied der kleinen Partei Sozialismus und Freiheit (PSOL) war, vergleichbar mit der deutschen Linkspartei. Dennoch verbreitete Bolsonaros Vizekandidat, Armeegeneral Hamilton Mourão, dass der Täter Mitglied der Arbeiterpartei von Ex-Präsident Lula da Silva gewesen sei. Das trifft nicht zu.

In ersten Berichten der Polizei wird erwähnt, dass der Täter einen psychisch gestörten Eindruck gemacht habe. Er soll gesagt haben, dass Gott ihn zu der Attacke aufgefordert habe. Außerdem soll er bereits wegen Körperverletzung inhaftiert gewesen sein.

"Attacke auf die Demokratie"

Brasilien Wahlkampf ist mit diesem Angriff noch verworrener geworden. In den Umfragen führte lange Zeit Ex-Präsident Lula da Silva von der Arbeiterpartei, obwohl er seit April eine umstrittene Gefängnisstrafe absitzt. Seine Kandidatur wurde nun vom Obersten Wahlgericht untersagt. Ohne Lula im Rennen liegt Bolsonaro klar in Führung.

Aber gleich vier Kandidaten von links über grün-christlich bis liberal-konservativ haben gute Chancen gegen ihn in die Stichwahl zu gelangen.

Die anderen Kandidaten verurteilten den Angriff auf Bolsonaro, der seit 27 Jahren Parlamentsabgeordneter in Brasilia ist. Die Grüne Marina Silva twitterte, dass der Angriff auch eine Attacke auf die Demokratie gewesen sei. Ex-Präsidentin Dilma Rousseff schlug einen kritischeren Ton an.

Sie wies daraufhin hin, dass Bolsonaro selbst häufig seinen Gewaltfantasien freien Lauf lasse. Der hatte ihr einmal einen Herzinfarkt und Krebs an den Leib gewünscht. Dilma Rousseff sagte: „Wenn du Hass säst, wirst du Sturm ernten.“

Einer, der spaltet

Tatsächlich spaltet Bolsonaro das Land mit seinem Extremismus: Kinder gehörten geschlagen, wenn sie Anzeichen von Homosexualität zeigten. Einwanderer aus Bolivien oder dem Senegal nennt er „Abschaum“. Zu einer Abgeordneten der Arbeiterpartei sagte er vor laufender Kamera: „Du verdienst es nicht von mir vergewaltigt zu werden.“

Bolsonaros wichtigstes Markenzeichen ist aber die Verteidigung der brasilianischen Militärdiktatur (1964–1985). Sie habe für ihn nur einen Fehler gehabt: „Sie folterte und tötete nicht.“ Dennoch kommt Bolsonaro bei vielen Brasilianern gut an, gerade bei männlichen und sozial Bessergestellten. Er kündigt an, Parlament und Senat „gründlich auszumisten“– und spricht vielen Brasilianern aus der Seele. In beiden Häusern ist die Hälfte aller Mitglieder der Korruption verdächtig.

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