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Andre Poggenburg ist Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt.

© AFP

André Poggenburg: Beleidiger beleidigen geht selten gut

Jenseits der Empörung: Einige Reaktionen auf die Aschermittwochsrede von AfD-Politiker Poggenburg lassen hoffen, dass sich ein Umgang findet mit ihm und seinesgleichen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Die Deutsche Welle überschrieb einen Beitrag zum Wesen des politischen Aschermittwoch mal mit „Wo die Beleidigung Programm ist“. Man ist also gewarnt, was aber kein Freifahrtschein für die Beleidiger ist.

Besonders beleidigend äußerte sich in diesem Jahr wenig überraschend ein Politiker der AfD, André Poggenburg aus Sachsen-Anhalt, dessen Wortwahl bereits mehrfach auffällig war. Diesmal ging es gegen Türken. Vorhersehbar wie seine verbalen Grobheiten waren auch die darauf folgenden Reaktionen, jedenfalls einige. Heiko Maas, noch Bundesjustizminister, quittierte die Rede mit der Twitter-Mitteilung, wer rede wie Poggenburg, müsse sich Rassist nennen lassen.

Die Strategie: böse Worte mit noch böseren Worten toppen. Das bringt aber nichts, wenn man es mit Leuten zu tun hat, die vor wenig bis nichts zurückschrecken. Gegen die kann ein Bundesminister einen Böse-Wörter-Wettbewerb gar nicht gewinnen. Dass Maas das nicht längst erkannt hat, ist schade. Denn die Handlungskette aus Beleidigung und Empörung plus eskalierender Zurückbeschimpfung ist so abgedroschen, einfallslos und langweilig. Sie ist ritualisierte Hilflosigkeit. Wer will die sehen?

Poggenburg dürfte sich über die Weiterdrehe seiner Verbalinjurien freuen, denn die verstärkt seine Rede. Und macht ihn größer als nötig. Das soll nun nicht heißen, dass beleidigende Reden unbeantwortet oder unkommentiert bleiben sollen.

Die Türkische Gemeinde fand eine lässige Antwort

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, gerade in Sachsen-Anhalt auf Amtsantrittstour unterwegs, sagte, auf Poggenburg angesprochen: „Was ich sehe, ist, dass es Politiker gibt, die Maßlosigkeit in der Sprache, Rücksichtslosigkeit und Hass in ihrer Haltung zu einer eigenen Strategie machen. Und ich hoffe nur, dass sich die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes nicht vor diesen Karren spannen lassen.“ Was besser ist, als Rassist zu rufen, weil es sich mit dem Gesagten auseinandersetzt, statt es zu bewerten.

Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland, Adressatin der Rede, hat reagiert. Mit zweierlei. Zum einen hat sie Strafanzeige wegen Volksverhetzung gestellt, was den Fall quasi zur Sachprüfung delegiert, zum anderen verweist sie per Twitter auf ihre Homepage, wo es heißt: „Vielleicht haben die Beleidigungen von Herrn Poggenburg ja den positiven Effekt, dass viele Menschen in der Folge einen Blick auf die Homepage der Türkischen Gemeinde in Deutschland riskieren“ – und genau das ist ja in dem Moment passiert. Es ist eine lässige Art zu reagieren, und eine, gegen die mit Schaum vorm Mund nicht viel auszurichten ist.

Dass die Aschermittwochsrede nicht mehr allein vorhersehbar-ermüdende Empörungsreaktionen auslöst, sondern auf Auseinandersetzung hier und lässige Replik da trifft, kann vielleicht als Hinweis darauf genommen werden, dass sich ein Sinn dafür entwickelt, wie mit Poggenburg & Co. angemessen umgegangen werden kann. Dass bald auf die Beleidigung als Programm auch die Reaktion Programm ist. Und zwar ein unaufgeregt-sachliches, das der Beleidigung jeden Reiz nimmt.

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