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Lars Klingbeil, Generalsekretär der SPD

© Christian Mang/REUTERS

„An der SPD wird es nicht scheitern“: Klingbeil macht Fortbestand der Koalition von Union abhängig

Zerbricht die große Koalition? Das ist nach Meinung von SPD-Generalsekretär Klingbeil davon abhängig, wie sich die Union bei strittigen Themen entscheidet.

Aus Sicht von SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hängt der Fortbestand der großen Koalition von CDU und CSU ab. „Ob die Koalition die Halbzeitbilanz übersteht, hängt davon ab, ob die Union bereit ist, die festgelegten und vereinbarten Dinge auch zu liefern“, sagte Klingbeil der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. „An der SPD wird es nicht scheitern. Der Ball liegt jetzt im Feld der Union.“

Für die SPD verwies Klingbeil auf die für den 24. Juni angekündigte Vorstandssitzung zur Klärung der nächsten Schritte nach dem Rücktritt von Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles. Dabei werde auch festgelegt, wie die Partei die Halbzeitbilanz der Koalition ziehen wolle. 

Es gehe um die Frage: „Was haben wir erreicht, und was wollen wir noch erreichen?“ Klingbeil betonte: „Das Klimaschutzgesetz ist für dieses Jahr verabredet, die Grundrente, auch die Abschaffung des Soli mit einer Entlastung für 90 Prozent der Menschen.“

Der SPD-Generalsekretär sagte: „Die Koalition ist nicht in der Krise, nur weil die SPD nach einem Personalwechsel eine neue Führung hat - in der Partei und in der Fraktion.“ Bisher führen kommissarische Nachfolger die SPD und ihre Bundestagsfraktion.

„Schwierig ist es für die Regierung vielmehr, dass wir bei vereinbarten Themen nicht vorankommen“, sagte Klingbeil. Das Kanzleramt blocke das Klimaschutzgesetz. „Beim Thema Grundrente haben wir eine Verkantung.“ 

Und bei der Innovationspolitik, den Themen Digitalisierung und künstliche Intelligenz erwarte er mehr Impulse. „Da hatte die Kanzlerin ja einiges angekündigt“, so Klingbeil. Bei diesen Themen müsse die Regierung vorankommen. „Sonst werden sich Stimmen mehren, die sagen: Wie soll das eigentlich weitergehen?“

Streitthema Grundrente

Bei der Grundrente streiten Union und SPD über eine Bedürftigkeitsprüfung. Sie ist im Koalitionsvertrag vereinbart, die SPD will darauf aber verzichten. Unions-Fraktionsvize Andreas Jung pocht nun auf Einhaltung der Koalitionsvereinbarung. „Genau so wollen wir sie umsetzen. Eine Grundrente für Menschen, die nicht von Altersarmut bedroht sind, halten wir weder für gerecht noch für finanzierbar.“

Vielleicht kommt ja bei der SPD noch die Erkenntnis an, dass die Groko für sie eine ganze Sargnagelpistole ist. Am besten noch vor der Landtagswahl in Sachsen.

schreibt NutzerIn Drehrummbumm

Jung nahm zugleich Finanzminister Olaf Scholz in die Pflicht und mahnte einen baldigen Entwurf für die Abschmelzung des Solidaritätszuschlages an. Die Mittel dafür seien eingeplant, sagte Jung der dpa. Zugleich bekräftigte er: „Und sobald es geht, wollen wir als Union dann die Abschaffung des Soli für alle.“ Nach dem Koalitionsvertrag sollen nur die unteren Einkommensschichten beim Soli entlastet werden, was etwa 90 Prozent der Soli-Zahler betreffen würde.

Jung mahnte auch eine schnelle Neuregelung der Grundsteuer an. Dem schloss sich der DGB an. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag), die Koalition müsse jetzt endlich die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für eine Reform der Steuer auf den Weg bringen. „Wer das Ausbluten der Städte und Kommunen verhindern und den sozialen Zusammenhalt nicht weiter gefährden will, muss jetzt schnell handeln.“

SPD-Politiker beschwören Zusammenhalt der Partei

Unterdessen beschworen führende SPD-Politiker den Zusammenhalt der Partei. „Wir sind schon in schwierigem Fahrwasser und es ist unruhig. Aber wenn die Mannschaft zusammenhält auf dem Boot, dann kommt man auch gut durch den Sturm“, sagte die kommissarische Vorsitzende Schwesig am Dienstagabend auf der traditionellen Spargelfahrt des konservativen Seeheimer Kreises auf dem Berliner Wannsee. Auch Vizekanzler Olaf Scholz forderte, die SPD müsse sich nun „unterhaken“, jeder Einzelne müsse Verantwortung übernehmen.

Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sagte, es tue ihm im 50. Jahr seiner Mitgliedschaft weh, die SPD in einer solchen Situation zu sehen. „Die Lage der SPD ist unzweifelhaft sehr existenziell. Und sie hat offenbar ihre politische Mission im 21. Jahrhundert verloren“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat von 2013 am Dienstagabend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“.

Wann und wie die SPD nach dem Rücktritt von Nahles einen neuen Vorsitzenden wählt, soll am 24. Juni geklärt werden. Unter anderem gibt es Rufe nach einer Urwahl, bei der alle SPD-Mitglieder abstimmen könnten. Allerdings hat sich bisher kein möglicher Kandidat aus der Deckung gewagt.

Der kommissarische SPD-Chef Schäfer-Gümbel sieht Vorteile in einer Doppelspitze. „Eine Doppelspitze kann unterschiedliche Charaktere und Kommunikationsstile verbinden“, betonte er. Es dürfe aber keine Flügelrepräsentanz geben. Mit Blick auf eine Urwahl verwies Schäfer-Gümbel in der „Passauer Neuen Presse“ darauf, dass das Parteiengesetz diese nicht vorsehe.

Am Ende müsse ein Parteitag entscheiden. „Wir wollen aber eine breite Beteiligung vorher ermöglichen“, betonte der hessische SPD-Politiker. Seeheimer-Sprecher Johannes Kahrs plädierte dafür, dass auch Nicht-Mitglieder bei der Suche nach einem neuen SPD-Chef einbezogen werden sollten.

Ob die große Koalition über das Jahr 2019 hinaus hält, steht für Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier in Zweifel. „Ende des Jahres halte ich für möglich. Aber ich würde das im Moment mal 50:50 sehen“, sagte der CDU-Bundesvize dem Radiosender Hit Radio FFH. Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther (CDU), setzt auf einen Fortbestand des Regierungsbündnisses.

„Es ist müßig, über was anderes in dieser Wahlperiode zu sprechen. Von daher wünsche ich mir ausdrücklich, dass die Koalitionspartner beieinander bleiben und die Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl nutzen, um das umzusetzen, was im Koalitionsvertrag steht“, sagte Günther im RTL-„Nachtjournal“.

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