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Ein Antrag für Bafög liegt auf einem Tisch.

© Andrea Warnecke/dpa

An den Unis herrscht Frust: Bundestag debattiert über Bafög-Erhöhung

Der Bundestag berät über eine erste Reform der Bafög-Regelung: Sätze sollen erhöht, der Kreis der Empfänger vergrößert werden. Vielen reicht dies jedoch nicht.

Ein vermeintlicher Lichtblick für Bafög-Berechtige: Der Bundestag will in einer ersten Reform die Bedingungen verbessern. Folgende Änderungen sollen demnach ab dem kommenden Wintersemester gelten:

  • Die Bafög-Sätze sollen um 5 Prozent erhöht werden.
  • Zudem soll der Elternfreibetrag um 20 Prozent steigen, sodass sich der Kreis der möglichen Empfängerinnen und Empfänger vergrößert.
  • Darüber hinaus sollen auch Zuschläge für Miete, Kranken- und Pflegeversicherung und für die Kinderbetreuung bei Studierenden mit Kindern erhöht werden.
  • Zudem soll die Altersgrenze von 30 Jahren bei Bafög-Beginn auf 45 Jahre angehoben werden, damit auch später noch ein Studium aufgenommen werden kann. Auch für Schüler und Azubis steigt das Bafög.

Die Opposition im Bundestag hat die von der Ampel-Koalition auf den Weg gebrachte Bafög-Reform als unzureichend kritisiert. Die CDU-Politikerin Monika Grütters sprach am Donnerstag bei der ersten Beratung des Gesetzes von einem „kleinen Wurf“. Auch die LINKE übte Kritik: Die höheren Bafög-Sätze würden von der Inflation komplett aufgefressen, kritisierte die Bildungspolitikerin Nicole Gohlke.

Die Inflation frisst die Bafög-Erhöhung

Auch Studierendennetzwerke zeigt sich unzufrieden. „Es gibt Licht und Schatten bei der geplanten BAföG-Novelle der Bundesregierung.“ meint etwa das Studentenwerk. Die Bedarfssätze bräuchten einen Booster, denn „das anvisierte Plus von 5 Prozent frisst die Inflation sofort wieder auf.“

Bereits im März und April lag die Inflation bei deutlich über sieben Prozent. Die Regierung sollte den Studierenden keinen Kaufkraft-Verlust zumuten, so das Studentenwerk. Stattdessen müsse man die Bafög-Sätze um mindestens 10% erhöhen. Darüber hinaus müssen weitere Schritte folgen, „etwa die Einführung einer Studienstarthilfe, die Erweiterung der Förderhöchstdauer oder ein Absenken des Darlehensanteils.“  

Redner der Regierungsparteien verteidigten das Vorhaben: „Dieser erste Bafög-Schritt ist ein Riesenschritt nach vorn“, sagte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zu ihrem Gesetz. Zur Kritik sagte sie: „Ja, jeder Euro in der Tasche ist immer gut. Aber wir brauchen die richtige Balance zwischen denen, die zahlen, und denen, die etwas bekommen, und diese müssen wir immer wieder neu austarieren.“ Die SPD-Politikerin Lina Seitzel sprach vom Beginn einer Trendwende. Man drehe die Abwärtsspirale im Bafög wieder um.

Derzeitige Bafög-Regelung geht an der Lebensrealität Studierender vorbei

In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Bafög-Empfängerinnen und Empfänger kontinuierlich gesunken. Nach einem Höchststand von 979 000 (einschließlich Schüler-Bafög) im Jahr 2012 lag sie im vergangenen Jahr bei nur noch 639 000. Die Gründe dafür liegen nach Überzeugung des Deutschen Studentenwerks (DSW) unter anderem darin, dass die Leistung über die Jahre nicht genug reformiert, ausgebaut und an neue Lebensrealitäten angepasst wurde.

Gravierende psychische Belastung vieler Studierender

Nach nun vier Semestern in der Pandemie, die größtenteils vollständig digital stattgefunden haben, ist „die psychische Belastungssituation sowie die finanziellen und studienorganisatorischen Problemlagen vieler Studierender existenziell“ warnt das Deutsche Studentenwerk (DSW). Die psychosoziale Beratung der Studierendenwerke müsse, zur Gewährleistung der Chancengleichheit im Studium, dringend ausgebaut werden.

„Es geht um soziale Isolation und Vereinsamung, die grundsätzliche Infragestellung des Studiums, in hohem Maße auch um depressive Verstimmungen, Hoffnungslosigkeit, bis hin zu suizidalen Gedanken. Dadurch werden Studienverläufe mitunter stark verzögert, und Abbruchgedanken sind immer üblicher.“ sagt Dr. Andrea Diekhof, Geschäftsführerin des Studentenwerks Leipzig und Mitglied im DSW-Verbandsrat

Sie appelliert an die deutsche Bildungs- und Hochschulpolitik, sich stärker um die Notlage der Studierenden zu kümmern.

„Vor allem Studierende mit Kindern, mit chronischen Erkrankungen oder Beeinträchtigungen sowie internationale Studierende und Studierende aus nichtakademischen Elternhäusern hatten in den vergangenen vier Semestern mit multiplen Herausforderungen zu tun. Diesen Gruppen fällt es schwer, sich Gehör zu verschaffen und auf ihre Bedarfe hinzuweisen, und sie werden noch weniger von der Politik gesehen.“ erklärt sie die Situation.

Nun wird zuerst über den bestehenden Gesetzentwurf im Bildungsausschuss beraten. Bis zur Verabschiedung im Bundestag besteht unter Studierendenvertreter jedoch noch Hoffnung auf Änderungen im Gesetzestext.

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