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Ein Screenshot des Videos, mit dem sich die Terrororganisation Al-Qaida auf der arabischen Halbinsel zum Angriff auf die Redaktion des französischen Satiremagazins "Charlie Hebdo" bekennt.

© dpa

Al Qaida im Jemen: Terrororganisation bekennt sich zu Anschlag auf "Charlie Hebdo"

In einem an diesem Mittwoch auf YouTube veröffentlichten Video bekennt sich Nasser al-Ansi, der Vertreter des jemenitischen Ablegers von Al Qaida, zu den Anschlägen in Paris. Die Terrororganisation in Jemen hat eine lange Geschichte und ist überraschend gut organisiert.

„Botschaft zur gesegneten Schlacht von Paris“, heißt der zynische Titel des elfminütigen Videos. „Wir, Al Qaida im Jemen, übernehmen die Verantwortung für diese Operation – als Vergeltung für den Propheten Allahs“, deklamiert der bärtige Terror-Kommandeur Nasser al-Ansi in die Kamera. Der Angriff sei von Al Qaida-Chef Ayman al-Zawahiri persönlich angeordnet worden. Die Mitstreiter im Jemen hätten das Ziel festgelegt, den Operationsplan entworfen und finanziert sowie „die Helden rekrutiert“. Denn die beiden getöteten Brüder Said und Cherif Kouachi unterhielten offenbar seit Jahren enge Verbindungen zu den Extremisten an der Südspitze der Arabischen Halbinsel.

Universität als Kaderschmiede für Radikale aus aller Welt

2009 studierte Said nach Informationen aus Sanaa zunächst für einige Zeit an der Imam-Universität des radikalen Predigers Abdel Majid al-Zindani, der von den USA als „globaler Terrorist“ gesucht wird. Die Hochschule des so genannten „roten Scheichs“, die inzwischen durch die schiitischen Houthis verwüstet und geschlossen wurde, galt viele Jahre lang als Kaderschmiede für Radikale aus aller Welt. Zwei Jahre später hielt sich Saïd Kouachi, aber auch sein Bruder Cherif, für mehrere Monate im Jemen auf – diesmal in einem Al Qaida-Trainingscamp, wo sie das Töten und den Umgang mit Waffen lernten.

Eingeladen hatte das Terror-Duo offenbar der in den USA geborene Scheich Anwar al-Awlaki, der bis zu seinem Drohnen-Tod im Herbst 2011 mehrfach zum Mord an Mohammed-Karikaturisten aufrief, ebenso wie das Online-Magazin „Inspire" der jemenitischen Extremisten. „Gesucht, tot oder lebendig, für Verbrechen gegen den Islam", hetzte das Blatt Anfang 2013 gegen den letzte Woche in Paris erschossenen Chefredakteur Stéphane Charbonnier von „Charlie Hebdo“.

Al Qaida im Jemen gilt derzeit als die gefährlichste Filiale des von Osama bin Laden gegründeten Terrornetzwerks, die das bitterarme Land in den letzten zwei Jahrzehnten  zum Schauplatz schwerer Attentate und spektakulärer internationaler Terrorpläne gewandelt hat. Blutiger Auftakt war im Oktober 2000 eine Motorboot-Attacke auf den amerikanischen Zerstörer USS Cole, der im Hafen von Aden aufgetankt wurde. 200 Kilogramm Sprengstoff rissen ein 10 mal 10 Meter großes Loch in den Schiffsrumpf. 17 Seeleute starben, 39 wurden verwundet.

2006 begann sich Al Qaida neu zu organisieren

Im Februar 2006 gelang es 23 Terroristen, sich aus dem Hochsicherheitsgefängnis von Sanaa zu befreien. Unter Führung des charismatischen Nasir al-Wuhayshi, der ebenfalls zu den Geflohenen gehörte, begann sich Al Qaida fortan neu zu organisieren. Stellvertreter wurde der Saudi Said al-Shihri, der sechs Jahre in Guantanamo gesessen hatte und 2013 von einer Drohne getötet wurde. Ihr neues Terrorbündnis für Jemen und Saudi-Arabien nannten die beiden fortan „Al Qaida auf der Arabischen Halbinsel“ (AQAP)

2009 verlagerte die Al Qaida-Führung ihre Verbrechen dann erstmals ins Ausland. Im August 2009 versuchte ein Attentäter, den heutigen saudischen Innenminister Prinz Mohammed bin Nayef mit im Enddarm versteckten Sprengstoff zu ermorden. Vier Monate später folgte der Attentatsversuch des „Unterhosenbombers“ auf einen amerikanischen Airbus, der sich im Anflug auf Detroit befand.

2011 eroberte Al Qaida mehrer Landstriche

Im Oktober 2010 verschickten die Bombenbastler aus Jemen zwei mit Dynamit präparierte Druckerpatronen per Luftfracht an jüdische Gemeinden in den USA. Sie sollten offenbar die Flugzeuge über dem Atlantik zum Absturz bringen, doch der Terrorplan wurde rechtzeitig entdeckt. Ein Jahr später eroberten die Extremisten, deren Zahl auf 500 bis 1000 geschätzt wird, erstmals mehrere Landstriche entlang der Küste zum Golf von Aden, aus denen sie die Armee erst unter hohen Verlusten wieder vertreiben konnte. Zurück blieben zerstörte Städte und Dörfer, verwüstete und verminte Felder sowie zehntausende Obdachlose.

Und so liegt die Zahl der amerikanischen Drohnenangriffe im Jemen nach Angaben des „Long War Journals“ mittlerweile seit drei Jahren gleichauf mit den Einsätzen in Pakistan. Trotzdem steigt die Zahl der Terrorattentate von Jahr zu Jahr weiter, allein im ersten Halbjahr letzten Jahres verloren jemenitische Armee und Polizei 374 Männer. Im letzten Dezember hatten die Radikalen schon einmal weltweit Schlagzeilen gemacht, als eine Einsatzkommando der US Navy Seals erfolglos versuchte, einen amerikanischen Fotografen und seinen südafrikanischen Schicksalsgenossen aus den Fängen von Al Qaida zu befreien. Beide wurden von ihren Geiselnehmern erschossen, bevor diese im Schutze der Nacht in die unwirtlichen Berge entkommen konnten.

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