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Polizei rückt in die Haltestelle Sha Tin in Hong Kong ein.

© REUTERS/Aly Song

Update

Demokratie-Aktivisten riefen zum „Stresstest“ auf: Hongkonger Polizei kontrolliert den Flughafen

Hongkong kommt nicht zur Ruhe. Zwar kann die Polizei eine Störung des Flughafens verhindern. Doch Aktivisten kritisierten den „Polizeistaat mit Polizeigewalt“.

Nach einer Nacht mit Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten in Hongkong hat am Sonntag ein Großaufgebot von Einsatzkräften eine angekündigte Störung des Flughafens verhindert. Nachdem Aktivisten zu einem „Stresstest“ des Airports aufgerufen hatten, kontrollierten Polizisten die Reisenden an Bushaltestellen und U-Bahnstationen. Auch fuhr die Schnellbahn zum Flughafen nur direkt vom Verkehrsknotenpunkt Hongkong Station, ohne dass Zwischenstopps gemacht wurden. Die Polizei ließ niemanden ohne Flugschein in den Flughafen.

Im vergangenen Monat hatten Demonstranten den Flughafenbetrieb lahmgelegt, so dass viele Flüge ausfallen mussten. Die Flughafenbetreiber haben aber eine gerichtliche Anordnung erreicht, die alle Demonstrationen auf dem Flughafengelände untersagt. Seither sind weitere Versuche von Aktivisten gescheitert, die wichtige Drehscheibe des Luftverkehrs in der Asien-Pazifik-Region zu stören.

Es war das 16. Wochenende in Folge mit Demonstrationen. Nach einer genehmigten Demonstration von Hunderten am Samstag in Tuen Mun ging die Polizei mit Tränengas vor, als radikale Protestierende Brandsätze warfen und Straßenblockaden bauten. Bei den Ausschreitungen gab es mehrere Festnahmen. Protestaktionen wurde auch an anderen Stellen der Metropole aufgelöst, wie die Polizei berichtete.

Seit mehr als vier Monaten protestieren Hongkonger

Am Sonntag sammelten sich Demonstranten in mehreren Einkaufszentren. Im Sha-Tin-Plaza spielten Musiker für die Menge, die „Freiheit für Hongkong“ sangen. Es kam zu Zwischenfällen, als Demonstranten unter anderem ein Geschäft des chinesischen Telekomriesen und Handyherstellers Huawei angriffen. Schwarz Maskierte sprühten „gehört der Kommunistischen Partei“ an das Schaufenster. Sicherheitskräfte wurden gerufen, während Demonstranten randalierten.

Seit mehr als vier Monaten demonstrieren die Hongkonger gegen die Regierung, die kommunistische Führung in Peking und ihren wachsenden Einfluss auf die frühere britische Kronkolonie. Sie fordern eine unabhängige Untersuchung von Polizeigewalt, Amnestie für die rund 1500 Festgenommenen und freie Wahlen. Es kommt aber zunehmend zu Gewalt und Ausschreitungen radikaler Kräfte.

Hongkong wird seit der Rückgabe durch die Briten an China 1997 als chinesische Sonderverwaltungsregion mit einem eigenen Grundgesetz nach dem Prinzip „ein Land, zwei Systeme“ autonom regiert. Die sieben Millionen Hongkonger stehen unter Chinas Souveränität, genießen aber - anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik - mehr Rechte wie etwa Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Sie fürchten aber einen schleichenden Verlust ihrer Freiheiten.

Hongkong würde zum „Polizeistaat“

Anlässlich der Proteste haben bekannte Hongkonger Demokratie-Aktivisten schwere Vorwürfe gegen die Polizei und die Regierung in der chinesischen Sonderverwaltungszone erhoben. Am Rande eines Besuchs mehrerer Hongkonger Aktivisten in Washington kritisierte Joshua Wong am Samstag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP, Hongkong habe sich "von einer modernen globalen Stadt in einen Polizeistaat mit Polizeigewalt" verwandelt. Auch die Popsängerin Denise Ho sprach von einem "Polizeistaat".

Die Regierung verstecke sich hinter der Polizei und lehne es ab, eine Lösung für die Krise zu finden, sagte Ho. Der Aktivist Brian Leung warf Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam vor, die Polizei für ihren persönlichen Machterhalt zu nutzen. Die Regierung missbrauche ihre "öffentliche Macht, um die Menschen zu quälen und sie zum Schweigen zu bringen", sagte Leung.

Demonstrationen können in Randale kippen

Auch am Samstag hatte es bei Protesten in Hongkong erneut Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei gegeben. Die Demonstration in Tuen Mun nahe der Grenze zu Festlandchina hatte zunächst friedlich begonnen. Vor einem Regierungsgebäude riss eine kleine Gruppe von Demonstranten dann eine chinesische Fahne herunter und verbrannte sie. Die Spannungen nahmen schnell zu, nachdem ein Einsatzkommando der Polizei einen Park stürmte, in dem sich viele Demonstranten versammelt hatten. Es gab eine Reihe von Festnahmen.

Wong ist nach eigenen Angaben einer von insgesamt rund 200 Aktivisten, denen im Zusammenhang mit den Protesten der Prozess gemacht werden soll. Seit Beginn der Proteste vor mehr als vier Monaten wurden rund 1500 Menschen festgenommen, laut Wong befand sich darunter auch ein zwölfjähriges Kind. (dpa/ AFP)

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