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Kremlchef Wladimir Putin und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Sotschi

© Sputnik/Alexei Druzhinin/Kreml via REUTERS

AKKs Vorstoß für Syrien läuft ins Leere: Putin und Erdogan werden eine internationale Schutzzone nicht dulden

Die Türkei und Russland haben Nordsyrien unter sich aufgeteilt. Nun muss Europa entscheiden, wie es die Nachkriegsordnung beeinflussen will. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Susanne Güsten

Nach dem russisch-türkischen Deal von Sotschi steht fest: Annegret Kramp-Karrenbauers Schutzzone wird es nicht geben, denn Russland und die Türkei teilen den Nordosten Syriens unter sich auf. Kremlchef Wladimir Putin und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan haben festgelegt, welche Soldaten in welchen Gebieten entlang der türkischen Grenze stationiert werden sollen. Eine internationale Schutztruppe werden die beiden dort nicht dulden.

Russland hat zwar versprochen, den Vorschlag der deutschen Verteidigungsministerin zu prüfen. Doch ein internationales Kontingent würde allerhöchstens als Hilfstruppe für russische oder türkische Interessen geduldet, nicht aber als eigenverantwortliche Kraft.

Da ein UNO-Mandat für eine Schutztruppe nur mit Zustimmung aus Moskau im Sicherheitsrat zu haben wäre, gibt es für Deutschland und Europa keine Möglichkeit, einen UNO-Einsatz nach ihren Vorstellungen durchzusetzen.

Dennoch hat Kramp-Karrenbauer recht, wenn sie sagt, dass sich Europa nicht weiter wie ein Zaungast in Syrien benehmen soll.

Die Fluchtwelle des Jahres 2015 hat gezeigt, wie stark deutsche und europäische Interessen in dem Konflikt berührt werden. Mitmischen können die Europäer aber auch ohne Truppenentsendung – wenn sie wirklich wollen. Bisher haben sie sich um ein Engagement herumgedrückt.

Die EU braucht einen Plan für Syriens Nachkriegsordnung

Deutschland und die EU sollten darüber nachdenken, wie sie die Nachkriegsordnung in Syrien beeinflussen können. Dabei stellen sich schwierige Fragen: Unterstützt die EU eine Massen-Rücksiedlung von Flüchtlingen aus der Türkei nach Syrien, wenn die Regierung in Ankara dafür im Gegenzug weiter garantiert, dass es keine neue Fluchtwelle nach Europa gibt?

Ist Europa bereit, Milliardensummen für den Wiederaufbau Syriens bereitzustellen? Will sich die EU mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad arrangieren? Wird Deutschland seine radikalisierten Bürger aus syrischen Internierungslagern für Mitglieder des Islamischen Staates nach Hause holen? Noch gibt es keine Antworten darauf.

Selbst wenn Bundesregierung und Bundestag die Entscheidung über die Entsendung von Bundeswehrsoldaten nach Syrien erspart bleibt: Einfach wird ein Engagement in dem Konflikt nicht, auch weil sich Deutsche und andere Europäer nicht mehr auf die USA verlassen können. Amerika zieht sich gerade – begleitet von chaotischen Twitter-Kommentaren seines Präsidenten – aus Syrien zurück und hinterlässt ein Vakuum, das von Russland und der Türkei gefüllt wird.

Viel Zeit zur Diskussion und Positionsbestimmung haben die Europäer auch nicht. Kommende Woche beginnen in Genf die Verhandlungen über eine neue syrische Verfassung. Weil europäische Politiker jahrelang den Kopf in den Sand steckten, nahmen sie nicht an der Auswahl der Delegierten teil.

Jetzt könnten sie immerhin versuchen, auf Russland einzuwirken, um Zugeständnisse der syrischen Regierung in den Verfassungsgesprächen zu erreichen. Auch ohne Soldaten nach Syrien zu schicken, gibt es für Deutschland und Europa in Syrien viel zu tun.

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