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Zeuge einer bewegten Vergangenheit. Der malische Fotograf Django Cissé, 76, brachte 1973 die Postkarte in seinem Land populär. Seine Sammlung ist legendär.

© Foto Nicolas Remen/AFP

Afrikapolitik nach dem Abzug aus Afghanistan: Zwischen Berlin und Bamako

Das deutsche Engagement in Mali steht an einem Wendepunkt – nicht nur militärisch. Ein Gastbeitrag.

Christian Klatt ist Büroleiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bamako, Mali.

Mit dem Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan und dem Anschlag auf die Bundeswehr im Norden Malis ist der Einsatz im Sahel wieder in den Fokus der deutschen Öffentlichkeit gerückt. Diese Aufmerksamkeit gilt es zu nutzen, um den deutschen Einsatz, aber auch das grundsätzliche Engagement in Mali und dem Sahel zu diskutieren.

Mit Angriffen wie dem auf die Bundeswehr am 26. Juni werden Minusma – das Akronym für die Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen – und die malische Armee fast täglich konfrontiert. Minusma gilt als bisher gefährlichster Einsatz der Blauhelme. Immer wieder kommt es zu Zwischenfällen, bei denen UN-Truppen verletzt werden. Insgesamt zählt die Mission (Stand 30. Juni ) seit Beginn 251 Todesopfer. Dass nicht mehr deutsche Truppen zu Schaden kamen, ist keineswegs selbstverständlich.

Bei dem Angriff vom 26. Juni ist nicht anzunehmen, dass dieser mit dem klaren Ziel durchgeführt wurde, deutschen Soldatinnen und Soldaten zu schaden. Fakt ist jedoch, dass nun auch die Bundeswehr Opfer einer solchen Attacke wurde. Am selben Tag kam es so auch zu einem weiteren Angriff auf malische Truppenteile, bei dem sechs Soldat:innen ihr Leben verloren.

Dass der deutsche Einsatz trotz seiner Größe mit einem Mandat von bis zu 1100 Personen den Eindruck erweckt, sich unter dem Radar zu bewegen, lässt sich auf verschiedene Gründe zurückführen. Erstens waren bis zum 26. Juni deutsche Soldat:innen nur bedingt in Kampfhandlungen involviert und bisher ohne größere Blessuren davongekommen.

Zweitens schien es, als hätte der deutsche Einsatz in Afghanistan bereits die gesamte Aufmerksamkeit, die in Deutschland für militärisches Engagement zur Verfügung steht, für sich vereinnahmt. Drittens orientierte sich Deutschland durch die starke Präsenz Frankreichs lange besonders an denTruppen des linksrheinischen Nachbarn. Das hat sich nun geändert. Der Anschlag hat gezeigt, welcher Gefahr sich die Bundeswehrangehörigen aussetzen.

Unter dem Einfluss Frankreichs

Nach dem Abzug aus Afghanistan ist Mali nun der mit Abstand größte und prominenteste Einsatz der Bundeswehr. Und die Umstrukturierung bzw. Reduzierung der französischen Mission im Sahel wird eine spürbare Lücke hinterlassen. Letztlich gab auch der Putsch in Mali vergangenen August Anlass, das deutsche Engagement neu zu evaluieren.

Dies betrifft auch die Einstellung zu Mali und dem Sahel generell. Bereits im letzten Jahr hat das Auswärtige Amt eine neue Sahelstrategie präsentiert. Auf diese gilt es nun aufzubauen. Deutschland wird in der Region als guter und kompetenter Partner wahrgenommen. Trotz der deutschen Strategie des „vernetzen Ansatzes“ ist die deutsche Politik für die längste Zeit Frankreich gefolgt, das in Mali vor allem ein Sicherheitsproblem sah.

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Deutschland und Mali verbindet eine langjährige Partnerschaft, die auf eine Zeit zurückgeht, in der der gerade unabhängig gewordene Staat in Westafrika vor allem für seine Kulturstätten wie das historische Timbuktu bekannt war. Es ist eine Partnerschaft, die über den Primat der Sicherheit oder das Augenmerk auf Mali als Transitland für Drogen und Menschen hinausreicht.

Ausgehend davon bietet sich die Chance, die deutsche Politik gegenüber Mali und seinen Nachbarstaaten neu zu diskutieren. Zudem hat die Europäische Trainingsmission (EUTM) in der ersten Juliwoche die Leitung gewechselt. Kommandeur ist jetzt der deutsche Brigadegeneral Jochen Deuer. Noch befindet sich Mali in der 18-monatigen Übergangszeit, die nach dem Putsch 2020 einberufen wurde.

Bereits jetzt hat Deutschland den Prozess an wichtigen Stellen begleitet. Das Politische und demokratische Ansätze müssen dabei im Vordergrund stehen! Das muss bedeuten, der malischen (Übergangs-)Führung mit Respekt und klaren Positionen zu begegnen. Partnerschaft heißt dabei auch, bewusst Dinge einzufordern, etwa die lange verschleppten Wahlrechts- oder Sicherheitssektorreformen. Nicht nur in Bamako, auch in Berlin gilt: Die Gelegenheit ist besonders günstig.

Christian Klatt

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