zum Hauptinhalt
Kontrollgang am Flughafen - hier in Berlin-Tegel.

© Helena Wittlich

Afrikanische Gäste ausgesperrt: Arm und kaum Gepäck – Einreise verweigert

Sechs afrikanische Gäste von brandenburgischen Kirchengemeinden durften trotz gültiger Visa nicht nach Deutschland. Schadenersatz soll es dafür nicht geben.

Wenig Gepäck, kein Geld, keine Kreditkarten und ein Äußeres, das auf Armut schließen ließ: Das genügte, damit sechs afrikanische Gäste einer brandenburgischen Kirchengemeinde trotz gültiger Visa im August ihre Plätze in einem Flugzeug nach Deutschland verloren. Obwohl das Auswärtige Amt auf Distanz ging, eine Erneuerung der Visa anbot und den Vorfall - in einem Brief an die Berlin-Brandenburgische Evangelische Kirche – bedauerte: Mit Schadenersatz können Gäste und Gastgeber nicht rechnen: „Eine Entschädigung ist nicht vorgesehen“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag von Ende Oktober. Den Transport der Fluggäste habe nämlich die Lufthansa verweigert.

Kein Hinweis auf gefälschte Papiere

Der Kirchenkreis Oberes Havelland spricht von einem Verlust von 10.000 Euro, die er aus Spenden für die Reise, Tickets und Visa der sechs Frauen und Männer aus Simbabwe, aufgebracht hatte. Das Austauschprogramm mit Simbabwe läuft seit mehr als zwanzig Jahren jedes Jahr, nach Angaben des Kirchenkreises bisher problemlos. Die simbabwischen Gäste seien immer zurückgereist.

An ihrer „Rückkehrbereitschaft“ jedoch hatte ein „Dokumenten- und Visaberater“ der Bundespolizei Zweifel angemeldet, als sie in Südafrika nach Frankfurt am Main umsteigen wollten. Er machte daraufhin ihre Visa ungültig, obwohl er die Kostenübernahme-Erklärungen ihrer brandenburgischen Gastgeber und die übrigen nötigen Unterlagen geprüft und keine Hinweise auf Fälschung entdeckt hatte. Die Kirche hat Dienstaufsichtsbeschwerde gegen ihn erhoben und Strafanzeige gestellt.

Klagen wegen Racial Profiling mehren sich

Die Bundespolizei ist in den letzten Jahren immer wieder mit Klagen wegen Paragraf 22, Absatz 1a des Bundespolizeigesetzes konfrontiert. Er ermöglicht anlasslose Kontrollen, für die sich die Beamten auf ihre „ Lageerkenntnisse oder grenzpolizeiliche Erfahrung“ verlassen sollen. Die Formulierung läuft nach Meinung von Kritikern bis zur UN darauf hinaus, dass Vorurteile gegen Menschen wegen ihres Aussehens bestimmen, wer kontrolliert wird. Inzwischen haben Gerichtsurteile den Vorwurf des „racial profiling“ in etlichen Fällen bestätigt.

Die stellvertretende Vorsitzende der Linken im Bundestag, Sevim Dagdelen, sagte dem Tagesspiegel, sie erhalte immer häufiger Berichte Betroffener aus afrikanischen Staaten, dass sie in deutschen Visastellen herablassend behandelt würden. "Die stete Unterstellung einer fehlenden ‚Rückkehrbereitschaft‘ ist in der Praxis das große Einfallstor für Willkür", sagte Dagdelen und warf der Bundesregierung vor, sich im Brandenburger Fall vor ihrer Verantwortung zu drücken: "Wenn die Bundespolizei beim Visa-Entzug einen Fehler macht, muss es eine Selbstverständlichkeit sein, dass der Bund für den dadurch entstandenen Schaden aufkommt. Ein bloßes Bedauern der Unannehmlichkeiten reicht hier nicht aus.“

Zur Startseite