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Das Bundeswehr-Kontingent in Afghanistan bleibt weiter bei bis zu 1300 Soldaten.

© dpa/ Kay NIetfeld

Afghanistan-Einsatz: Wie die Bundesregierung die Verhandlungen in Afghanistan begleiten will

In Kürze beginnen Gespräche zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung. Fast 20 Jahre engagiert sich Deutschland vor Ort. Was hat der Einsatz gekostet?

Von Hans Monath

Die Gewalt ist nach Afghanistan zurückgekehrt – und das kurz vor den Gesprächen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban, die eigentlich am Dienstag beginnen sollen. In Kabul starben Ende vergangener Woche mehr als 30 Menschen beim Angriff auf eine Gedenkfeier. Und wenige Tage nach Abschluss des Abkommens zwischen der US-Regierung und den Taliban hatte die US-Luftwaffe Taliban-Stellungen bombardiert, weil die Taliban afghanische Sicherheitskräfte angegriffen hatten.

Die Bundesregierung begrüßt das Abkommen – und will dazu beitragen, dass es ein Erfolg wird. Dabei kommt ihr zugute, dass Deutschland in Afghanistan als vertrauenswürdiger Partner gilt. Schon bei der Anbahnung der Gespräche zwischen den USA und den Taliban lange vor dem Amtsantritt von Donald Trump hatten deutsche Diplomaten und Geheimdienstmitarbeiter geholfen.

Vor 19 Jahren, im Dezember 2001, hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung bei Bonn die „Petersberg-Konferenz“ organisiert, auf der ein Prozess der innerafghanischen Versöhnung verabredet wurde. Damals ging es um eine Ordnung nach dem Ende der Taliban-Herrschaft. Die Hoffnungen sollten sich nicht erfüllen. Bis vor Kurzem verhandelte jene Kraft, deren Ende damals besiegelt werden sollte, zunächst alleine mit den USA über die Zukunft des Landes.

Die afghanische Regierung ist an dem Abkommen nicht beteiligt, soll aber trotzdem Zusagen umsetzen, welche die USA in Aussicht gestellt haben, darunter die Freilassung von Taliban aus staatlichen Gefängnissen. Bislang hatten die Taliban sich geweigert, mit der Regierung zu sprechen, deren Legitimität sie abstritten. Nun bemühen sich auch deutsche Diplomaten, zwischen beiden Parteien zu vermitteln, damit der innerafghanische Dialog in Fahrt kommen kann.

Bundesregierung will Verhandlungen auch mit organisieren

Deutschland sei bereit, „Initiativen zur Vertrauensbildung und zur Vorbereitung der innerafghanischen Verhandlungen nicht nur politisch weiter zu unterstützen, sondern sie auch mit zu organisieren“, versprach Außenminister Heiko Maas (SPD) vergangene Woche in der Debatte zur Fortsetzung der Afghanistan-Mission „Resolute Support“ im Bundestag. Die Obergrenze des Bundeswehr-Kontingents liegt trotz des im Abkommen vereinbarten Abzugs der ausländischen Truppen innerhalb von 14 Monaten weiter bei 1300. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass im Zuge dieses Prozesses deutsche Hilfe für andere Truppensteller nötig werden könne.

Zur Bilanz des deutschen Engagements in Afghanistan gehört auch eine Aufstellung der finanziellen Aufwendungen für das Bürgerkriegsland seit dem Jahr 2001. Nach den Anschlägen von 11. September des Jahres schickte die Regierung Schröder-Fischer zur Unterstützung der Amerikaner damals erstmals Soldaten an den Hindukusch – das Mandat dazu kam von den Vereinten Nationen. Vor fast einem Jahr hatte die AfD-Fraktion dazu im Bundestag eine Kleine Anfrage gestellt. Schreibt man die damals genannten Beiträge für das vergangene Jahr fort, ergeben sich für Entwicklungs-, Verteidigungs- und Außenministerium insgesamt Ausgaben von rund 16 Milliarden Euro.

59 Bundeswehr-Soldaten verloren in Afghanistan ihr Leben

Im Einsatz in Afghanistan sind zudem 59 Bundeswehr-Soldaten getötet worden. Es wäre schwierig, wenn man Angehörigen, Eltern, Partner oder Kindern sagen müsse, die Opfer, die sie gebracht hätten, seien „auch noch umsonst gewesen“, sagte Außenminister Maas (SPD) im Bundestag. Der Außenminister versprach: „Das wollen wir verhindern.“ Es ist auch erkennbar, dass sich die Bundesregierung darum bemüht, die in dem Bürgerkriegsland erreichten Fortschritte zu bewahren. Dabei orientiert sie sich an Zielen, zu denen sich auch die EU bekennt. Es geht um Menschenrechte, Rechte von Frauen und Minderheiten sowie um das Bekenntnis zum Rechtsstaat.

Doch alle Beteiligten dürften auch wissen, dass dies mit einem so erratischen Partner wie Donald Trump schwierig werden dürfte. Unwahrscheinlich ist, dass er Druck auf die Taliban ausüben will, um solche Werte zu bewahren. Denn ihn interessieren solche Kategorien weit weniger als die Chance, sich den Amerikanern als ein Präsident zu präsentieren, der die eigenen Soldaten vom Hindukusch nach Hause geholt hat.

Afghanistan-Experten warnen schon, dass die Taliban nicht nur wieder an der Macht beteiligt werden wollen, sondern ihr Endziel darin bestehe, die Macht im Land möglichst alleine auszuüben. Welche Druckmittel stehen der internationalen Gemeinschaft noch zur Verfügung, wenn im besten Falle in 14 Monaten alle ausländischen Truppen abgezogen sind?

In der Bundesregierung wird auf die Hilfszahlungen verwiesen, an denen auch die Taliban ein elementares Interesse hätten. In der Tat könnten sich deutsche Bürger empören, wenn ihr Steuergeld einem Regime zugutekäme, das die Menschenrechte mit Füßen tritt. Doch eine Garantie, wonach die Taliban aus Interesse an einer Fortsetzung westlicher Zahlungen die Rechte von Frauen und anderen schützen werden, wenn sie erst einmal wieder ganz offiziell in Kabul herrschen, kann in Berlin niemand geben.

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