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AfD-Fraktionschef Björn Höcke im Erfurter Landtag

© Martin Schutt/dpa

AfD Thüringen stellt Abgeordnete kalt: Björn Höcke: Unsere Partei ist noch in der Pubertät

Es kracht täglich neu in der AfD. Die Thüringer Fraktion entscheidet, zwei ihrer Abgeordneten aus der politischen Arbeit auszuschließen. Landeschef Björn Höcke greift den Bundesvorsitzenden Bernd Lucke an.

Von Matthias Meisner

Die von persönlichen Konflikten geprägte AfD in Thüringen kommt nicht zur Ruhe. Zwar verständigte sich die Landtagsfraktion in einer Krisensitzung am Mittwoch in Erfurt darauf, zwei ihrer Abgeordneten vorerst nicht auszuschließen. Beide sollen aber während einer "Bewährungsfrist" bis August keinen Zugang zu Interna mehr bekommen. Das teilte Fraktionschef Björn Höcke mit. Er sagte, bewusst habe sich die Fraktion nicht für "drakonische Maßnahmen" wie einen Ausschluss entschieden und sich so "gutwillig" gezeigt. Allerdings müssten die beiden Abgeordneten Oskar Helmerich und Jens Krumpe "an sich arbeiten, Verhaltensänderungen zeigen".

Höcke selbst steht innerparteilich heftig unter Beschuss. Er hatte erklärte, dass er nicht jedes Mitglied der NPD für extremistisch halte und so den Zorn führender Bundespolitiker auf sich gezogen. Parteichef Bernd Lucke fordert sogar den Ausschluss von Höcke aus der Partei. Erst am Dienstag hatte der Bundesvorstand sich in einer Telefonkonferenz mehrheitlich darauf verständigt, ein Amtsenthebungsverfahren gegen den thüringischen Politiker zu verlangen, der sowohl die Landespartei als auch die Landtagsfraktion führt. Dem hatten allerdings sowohl Partei-Vize Alexander Gauland als auch Bundessprecherin Frauke Petry widersprochen.

Helmerich und Krumpe gehören zu den Gegenspielern von Höcke - ohne dass allerdings die inhaltlichen Differenzen klar auszumachen sind. Schon vor einiger Zeit waren sie von der Fraktion aufgefordert worden, die Ausschussarbeit ruhen zu lassen. Helmerich vermutete daraufhin, dass er auch aus der Fraktion ausgeschlossen werden sollte. Helmerich und Krumpe nahmen an der Fraktionssitzung, in der über ihre Zukunft entschieden wurde, nicht teil.

Nach Informationen von MDR Thüringen hat Helmerich eine Mail mit Gewalt- und Todesdrohungen bekommen. Der unbekannte Absender unter dem Pseudonym "Jakob Gärtner" warnte vor "Kieferbruch" und forderte den Abgeordneten auf, sich einen Strick zu nehmen, bevor es andere täten und die Tat wie einen Unfall aussehen ließen. Die Mail war an die offizielle Abgeordneten-Adresse gegangen, die auch auf der Landtagsseite im Internet zu finden ist.

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Höcke hatte in einer "Erfurter Resolution" gegen den wirtschaftsliberalen Kurs der Bundesspitze mobil gemacht und gefordert, die AfD solle sich der Pegida-Bewegung annähern. Krumpe und Helmerich sowie der inzwischen aus der Fraktion ausgeschlossene Abgeordnete Siegfried Gentele hatten eine Gegenresolution unterzeichnet. Gentele war nach Kritik an Höcke aus der Fraktion ausgeschlossen worden - sie hat derzeit noch zehn Abgeordnete. Gentele hatte gesagt, Höcke fahre lieber durch Deutschland und halte Reden, anstatt sich um seine Arbeit im Freistaat zu kümmern. Die AfD war im September in den Landtag eingezogen, aus dem Stand kam sie auf 10,6 Prozent.

Höcke: Lucke will die Partei verengen

Im Gespräch mit dem Tagesspiegel kritisierte Höcke am Mittwoch Parteichef Lucke. Dieser tue nicht das, was man von einem Vorsitzenden erwarte, sondern polarisiere statt zu integrieren. Lucke wolle die Partei schnell anschlussfähig und womöglich auch regierungsfähig machen. Das Vorgehen des Bundesvorstandes gegen ihn bezeichnete der thüringische Parteichef als "völlig überzogen". Es entbehre jeder sachlichen Grundlage und werde von ihm nicht ernst genommen, sagte Höcke. Die AfD sei angetreten als Partei, "die Sprach- und Denkverbote überwinden will", Lucke aber wolle die AfD "verengen".

In einem Interview mit dem Deutschlandfunk sagte Höcke mit Blick auf seine Konflikte mit der Bundespartei, die AfD befinde sich in einem "Zerrüttungszustand". Er sagte: "Unsere Partei ist noch in der Pubertät, gar keine Frage." Eine Nähe zur NPD bestritt er: "Ich habe keinerlei Verhältnis zur NPD." Die AfD habe sich deutlich abgegrenzt, er selbst habe sich deutlich abgegrenzt, "es gibt keine NPD-Mitglieder in der AfD". Er habe sich mit dieser rechtsextremistischen Partei auch "noch nie irgendwie eingehend beschäftigt", versicherte der Landes- und Fraktionschef. Höcke steht im Verdacht, früher unter Pseudonym Texte für NPD-Publikationen verfasst zu haben. Er bestreitet das.

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