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AfD-Politiker André Poggenburg (AfD).

© dpa/ Gökdeniz A. Özcetin

Update

AfD-Fraktionschef in Sachsen-Anhalt: Poggenburg tritt von AfD-Spitzenämtern zurück

Partei- und Fraktionschef der AfD in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, gibt seine Ämter ab. Grund dafür dürfte nicht nur seine rassistische Aschermittwochsrede sein.

Der Partei- und Fraktionschef der AfD in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, tritt von beiden Ämtern zurück. Dies habe Poggenburg gegenüber der Landtagsfraktion in der vergangenen Woche angekündigt, teilte die Fraktion am Donnerstag in Magdeburg mit. Poggenburg war nach einer Rede zum politischen Aschermittwoch, in der er die türkische Gemeinde in Deutschland unter anderem als "Kümmelhändler" und "Kameltreiber" bezeichnet hatte, in die Kritik geraten.

Er erkläre „freiwillig und verbindlich“ seinen Rücktritt zum 31. März, teilte der 42-Jährige am Donnerstag in einer persönlichen Erklärung in Magdeburg mit. Er begründete seinen Schritt auch mit dem bundesweiten Echo auf seine Rede beim politischen Aschermittwoch in Sachsen. Es sei „ein enormer medialer Druck aufgebaut“ worden. Die Bundesspitze der AfD begrüßte die Entscheidung.

Ich persönlich kann diesem Druck problemlos begegnen, möchte diesen aber von den Mitgliedern, Fraktionskollegen und Parteifreunden abwenden“, hieß es in der Erklärung Poggenburgs weiter. Dieser trat Ende 2013 in die AfD ein, wurde ein Jahr später Landesvorsitzender und führt die Fraktion seit dem Einzug der AfD in den Magdeburger Landtag im Frühjahr 2016. Aus dem Stand hatte die Partei fast jede vierte Stimme erhalten und wurde zweitstärkste Kraft im Landtag.

"Gute und weise Entscheidung"

Poggenburg will den Vorsitz der AfD-Landtagsfraktion Ende des Monats aufgeben, teilte der AfD-Fraktionsvorstand am Donnerstag in Magdeburg mit. Dann sei er genau zwei Jahre im Amt gewesen. Er wolle jedoch weiter im Fraktionsvorstand mitarbeiten. Wann Poggenburg als Landesparteichef genau abtreten will, blieb zunächst offen. Er habe seine Entscheidung damit begründet, „Druck von Partei und Fraktion“ nehmen zu wollen, hieß es.

Der Vize-Bundesvorstandsvorsitzende Kay Gottschalk sprach jetzt von einer „guten und weisen Entscheidung“. Diese zeige, „dass die AfD erwachsen geworden ist“. Bundesvorstandsmitglied Andreas Kalbitz sagte: „Ich finde es verantwortungsvoll von Herrn Poggenburg, dass er seine Konsequenzen daraus zieht zum Wohle der Partei.“ Der brandenburgische Landeschef Kalbitz gehört zusammen mit Poggenburg und dem Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke zum rechtsnationalen Parteiflügel.

Gottschalk sagte: „Es war nicht nur diese eine Rede.“ Poggenburg habe zuvor bereits andere Fehler gemacht. Er sei froh, dass der Landesverband das Problem alleine gelöst habe.

Zuvor hatte Poggenburg nach einem Vertrauensentzug intern seinen Rücktritt angekündigt. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwochabend aus Fraktionskreisen. In einer geheimen Vertrauensabstimmung der Fraktion am 27. Februar habe er nur drei Stimmen von Unterstützern erhalten.

17 Abgeordnete stimmten demnach gegen ihn, zwei enthielten sich. Poggenburg habe daraufhin angekündigt, spätestens am kommenden Montag zurückzutreten. Über den Vertrauensentzug hatten zuerst NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ berichtet..

Wie die dpa weiter erfuhr, waren Anlass für die Aussprache und den anschließenden Entzug des Vertrauens Rückmeldungen aus den Kreisverbänden nach Poggenburgs umstrittener Rede.

Poggenburg schon länger auch intern in der Kritik

Das brachte ihm neben bundesweiter Empörung auch parteiinterne Kritik ein. Die Kreisverbände meldeten vermehrt Austritte und den Rückzug von Mitgliedsanträgen. Poggenburg stand intern allerdings schon länger wegen seines Führungsstils in der Kritik.

Der Spiegel berichtete unter Berufung auf AfD-Mitglieder, die Rede in Pirna sei nur der Anlass für Poggenburgs Sturz gewesen. Stattdessen habe sich vieles angestaut: Es begann mit seiner chaotischen Kommunikation - er sei für Parteifreunde nur erreichbar gewesen, wenn ihm ein Kontakt nützlich gewesen sei, hieß es. Gegen Gegner oder Konkurrenten in Partei und Fraktion soll er hart durchgegriffen haben, etwa durch den Entzug von Kompetenzen oder auch nur durch das Verhindern eines Talkshow-Auftritts.

Hinzu kam der Vorwurf der Vetternwirtschaft, den AfD-Kollegen nach Spiegel-Informationen besonders übelnahmen: So soll Poggenburg dafür gesorgt haben, dass seine Lebensgefährtin Lisa Lehmann einen Ausbildungsplatz in der Fraktion erhielt, obwohl sogar ihr Vater Mario Lehmann als Abgeordneter im Landtag von Sachsen-Anhalt und im AfD-Fraktionsvorstand sitzt. Viele hätten sich über die "Lehmann-Festspiele" geärgert, zitiert der Spiegel AfD-Leute. Die Unterstützung für seine Freundin solle Poggenburg bereits die Wiederwahl in den Bundesvorstand der AfD gekostet haben.

NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ berichteten unter Berufung auf Teilnehmer der Sitzung von Ende Februar, man habe Poggenburg gebeten, den Fraktionsvorsitz niederzulegen, und ihm auch empfohlen, als Parteichef in Sachsen-Anhalt zurückzutreten. Zu sehr fürchtete man sich, „durch sein Verhalten weiter in die ganz rechte Ecke gestellt zu werden“, wie der Rechercheverbund einen AfD-Abgeordneten zitierte. „Poggenburg ist vor allem an sich selbst gescheitert.“

Drei AfD-Abgeordnete hatten die einst 25-köpfige Fraktion im Magdeburger Landtag bereits verlassen. Poggenburgs Arbeitsweise sorge für Kritik, hieß es aus der Fraktion. Ihm fehle die Fähigkeit zur Selbstkritik und guten Führung. (dpa)

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