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Tino Chrupalla wurde als Bundessprecher der AfD wiedergewählt.

© REUTERS/Matthias Rietschel

AfD-Bundesparteitag verdeutlicht interne Krise: Tino Chrupalla ist ein König ohne Reich

Die Wiederwahl als AfD-Chef glückt, doch der Jubel ist zart. Anstelle von Inhalten stehen Personaldebatten im Vordergrund. Das lähmt die Partei. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Robert Kiesel

Es gibt Sieger, die strahlen und regelrecht in Freude aufgehen. Und es gibt Tino Chrupalla. Zwar zeigen die Bilder vom Moment der Wiederwahl des alten und neuen Parteichefs der AfD einen lachenden 47-Jährigen. Viel größer allerdings als die Freude dürfte die Erleichterung des ehemaligen Malermeisters sein.

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Schließlich war die Mission Wiederwahl mit einer Zustimmung von lediglich 53,45 Prozent der Stimmen nur gerade so geglückt. 36,3 Prozent der Delegierten - und damit deutlich mehr als zuvor angenommen - unterstützten den Gegenkandidaten Chrupallas, den für die Brandenburger AfD im Bundestag sitzenden Norbert Kleinwächter. Dass zehn Prozent der Delegierten keinem der beiden Kandidaten ihre Stimme geben wollten, dürfte Chrupalla zusätzlich schmerzen.

Dabei hatte sich das, was am Samstag in den Mittagsstunden im sächsischen Riesa passierte, bereits angekündigt. Am Tag zuvor, unmittelbar nach einem von Chrupalla mehr oder minder emotionslos vorgetragenen Tätigkeitsbericht des alten Bundesvorstands, wurde dieser von den Parteitagsdelegierten regelrecht gegrillt.

Die Krise der Partei, ausgelöst durch interne Streitereien, die fehlende Programmatik, in Reihe verlorene Landtagswahlen sowie den Rückzug des Ex-Bundessprechers Jörg Meuthen, wurde Chrupalla sprichwörtlich vor die Füße gekippt. Der reagierte mitunter aufgebracht, zitierte Vorstandskollegen teils rüde heran, räumte ein, sich an verschiedenen Stellen nicht durchgesetzt zu haben.

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Schließlich war es an Alice Weidel, Chrupalla aus der Bredouille zu befreien. Mit ihrem Plädoyer dafür, interne Meinungsverschiedenheiten auch intern zu behandeln, ebnete sie den Weg zu einem Antrag auf Ende der Debatte. Dieser wurde angenommen, Chrupalla war aus dem Quasi-Verhör entlassen.

Einfluss der Höcke-Fraktion unübersehbar

Dieser Vorgang sowie das Ergebnis der Vorstandswahlen vom Samstag zeigen: Chrupalla ist ein König ohne Reich. Zwar wurde er an der Spitze des AfD-Bundesverbandes bestätigt und behält in Verbindung mit dem Fraktionsvorsitz zumindest theoretisch die maximale Machtfülle. In der Praxis aber sieht es anders aus.

So deutlich wie auf keinem anderen Parteitag ließ der offiziell aufgelöste Flügel seine Muskeln spielen. Das gilt nicht nur personell - viele Mitglieder des neuen Bundesvorstands gelten als Flügel-nah - sondern auch inhaltlich.

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Der erfolgreiche Antrag darauf, die Partei künftig auch von einer Einzelspitze führen lassen zu können, trug die Handschrift des thüringischen AfD-Landeschefs Björn Höcke. Die für die Satzungsänderung nötige Zweidrittelmehrheit wurde erreicht. Ein Erfolg Höckes, den dieser „jetzt noch nicht“ in die Praxis umsetzen wollte.

Vorsitzender ohne Hausmacht

Ob es dabei auch 2024 - nach Ablauf der zweijährigen Amtszeit des nun neu gewählten Bundesvorstands - bleibt, ist ungewiss. Zwar winken Vertreter des vermeintlich gemäßigten Lagers der Partei ab und erklären: „Die Wahl Höckes wäre das Ende der Partei, das passiert nicht.“ Zahlreiche Beobachter jedoch teilen die These, Höcke bereite die Machtübernahme in der Partei strategisch vor.

[Lesen Sie zudem: Dokumentarfilm gewährt Einblicke – Wie es hinter den Kulissen der AfD wirklich zugeht (T+)]

Am Sonntag wird über die Einrichtung einer Kommission zur Vorbereitung einer Parteistrukturreform entschieden. Kommt diese und übernimmt Höcke, wie spekuliert, deren Vorsitz, dürfte sich diese These weiter verstärken.

Wie die AfD unter diesen Voraussetzungen aus ihrer derzeitigen Krise herauskommen will, blieb auch am Ende des zweiten Tages der Parteiversammlung unklar. Statt sich, wie von zahlreichen Vertretern gefordert, mit Inhalten zu befassen, standen die Personalien erneut klar im Vordergrund. Vor Tino Chrupalla liegen große Herausforderungen. Die nötige Hausmacht, Lösungen zu erarbeiten und dann auch durchzusetzen, haben ihm die Delegierten in Riesa verweigert.

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