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Der designierte US-Präsident Donald Trump

© dpa/AP/Evan Vucci

Acht Tage bis zur Amtseinführung: Trumps Präsidentschaft beginnt als Desaster

Eine chaotische Pressekonferenz, angebliche "Kompromat"-Dossiers, verfallende Umfragewerte: Donald Trump könnte kaum schlechter starten. Eine Analyse.

Donald Trump ist noch nicht mal vereidigt, da steht er vor einem Trümmerhaufen. Wann hat es einen solchen Stolper-Start eines neuen US-Präsidenten gegeben, wie wir ihn jetzt erleben?

Plötzlich stehen geradezu ungeheuerliche Vorwürfe im Raum, die - sofern sie denn wahr sind, und dahinter steht ein großes Fragezeichen - an Landesverrat heranreichen. Trump begibt sich auf den Kriegspfad gegen die Geheimdienste, ein potenziell selbstmörderischer Weg. Mit einem Großteil der Journalisten steht er ohnehin schon auf Kriegsfuß.

Die Lösung, die er für potenzielle Interessenkonflikte zwischen seinen Präsidentenpflichten und den Geschäftsinteressen der Trump-Firmen anbietet, wirkt nicht sehr überzeugend. Er war schon bisher der Präsident, der mit lausigen Umfragewerten ins Amt kommt. Und die verfallen nun weiter.

Immerhin ist seit seiner chaotischen ersten Pressekonferenz am gestrigen Mittwoch etwas klarer, wie er und sein Familienclan sich die Arbeitsteilung im Weißen Haus vorstellen; dazu gehört auch die Rolle der First Lady.

Videos mit Prostituierten? Gar Landesverrat?

Bei den angeblichen Inhalten des ebenso angeblichen russischen "Kompromat"-Dossiers über Trump ist äußerste Vorsicht geboten. Man kann gar nicht oft genug wiederholen, was die Medien und Geheimdienste in den USA betonen: Es handelt sich um ungeprüftes Material. Die Inhalte sind nicht bestätigt. Bei der Behauptung, es gebe Sex-Videos von Trump mit Prostituierten in einem Moskauer Hotel kann es sich um freie Erfindung handeln. Sie beschädigt schon jetzt Trumps Ansehen und das Ansehen des Präsidentenamts, selbst wenn sie sich nicht erhärtet.

Brisanter als dieser Aspekt, auf den sich viele zuerst stürzen - Sex sells! - ist der andere Vorwurf. Wenn es stimmen sollte, dass Mitarbeiter Trumps sich mit Vertretern Russlands mehrfach abgesprochen haben, wie sie Hillary Clintons Wahl zur Präsidentin durch Hackerangriffe und selektive Veröffentlichung des Materials sabotieren, dann wäre das womöglich Landesverrat. So oder so erreicht Wladimir Putin sein offenkundiges Ziel, die Glaubwürdigkeit westlicher Demokratien zu erschüttern.

Charakterliche Gegensätze: Obama und Trump

Die jüngsten Tage haben Amerika und der Welt vor Augen geführt, vor was für einem radikalen Machtwechsel und Stilwechsel die USA stehen. Barack Obama hatte in seiner rhetorisch ausgefeilten und zugleich so emotionalen Abschiedsrede in der Nacht zu Mittwoch in Chicago nochmals daran erinnert, was für ein Mensch er ist: verantwortungsbewusst, vorausdenkend, mit Mitgefühl für seine Mitmenschen, voller Liebe für seine Frau Michelle und seine beiden Töchter - kurzum: ein Mensch mit Anstand.

Der Charakter, der auch bei Trumps Pressekonferenz wenige Stunden später, zum Vorschein kam, wirkt wie ein Gegenmodell: auf sich selbst fixiert, konfrontativ, machtbewusst, reflexgesteuert, kalt. Wenn er ein moralisches Wertesystem hat, dann hat er es bislang gut versteckt.

Der Faktor Mensch spielt eine große Rolle in der Politik. Es macht einen Unterschied, was für Persönlichkeiten und Charaktere uns regieren.

Scheinlösung für die Interessenkonflikte

Das zeigt sich auch an Trumps Umgang mit seinen potenziellen Interessenkonflikten. Natürlich gibt es keine ideale Lösung. Trumps Firmen werden weiter existieren. Jemand muss sie führen. Und eine Garantie, dass das Handeln des künftigen Präsidenten keine Auswirkungen auf ihren wirtschaftlichen Erfolg hat, kann es nicht geben. Die Frage ist vielmehr, ob Trump sich nach allem Anschein um eine möglichst gute Lösung bemüht. Oder ob er trickst. Was seine Anwältin in der Pressekonferenz gestern über das Trennungsmodell erzählte, klang eher nach Scheinlösung. Die Söhne Eric und Donald junior übernehmen - und wir sollen glauben, dass sie und ihr Vater in den kommenden Jahren nie über die Geschäfte reden werden?

Familienbande sind für Trump weit wichtiger als politische Bündnisse, das kann man seit langem beobachten. Er vertraut seinem Schwiegersohn Jared Kushner mehr als jedem politischen Berater - auch wenn Kushner keine politische Erfahrung hat. Tochter Ivanka, die mit Kushner verheiratet ist, wird die Rolle der First Lady im Weißen Haus übernehmen. Sie scheidet offiziell aus der Geschäftsführung der Trump-Firmen aus und zieht mit Kushner nach Washington.

Trumps Ehefrau Melania hat keine Neigung, sich an der Präsidentschaft ihres Mannes mehr als unbedingt nötig zu beteiligen. Für sie hat Priorität, den zehnjährigen Sohn Barron aus dem Trubel herauszuhalten. Die gebürtige Slowenin spricht Englisch zudem mit hartem Akzent.

Trumps niedriges Ansehen sinkt weiter

Trumps Stolperstart in seine Präsidentschaft sollte kein Anlass für Genugtuung oder gar Schadenfreude sein. Wenn das Ansehen des US-Präsidenten verfällt und dies auf das Ansehen Amerikas abfärbt, werden auch Deutschland und Europa die negativen Folgen zu spüren bekommen. Trump war ohnehin schon der Präsident mit den schlechtesten Umfragewerten nach seiner Wahl seit langem: im Schnitt nur gut 40 Prozent Zustimmung. Obama war mit 67 Prozent gestartet und hat heute 54 Prozent.

Selbst die bescheidenen 44 Prozent, die Trump Mitte Dezember erreichte, waren im Rückblick ein kleines Zwischenhoch nach dem Wahlsieg. Durch die vielen Kontroversen ist Trumps Ansehen in Amerika in den letzten Wochen wieder gesunken.

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