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Historische Entscheidung: Das Kabinett um Kanzlerin Merkel und Finanzminister Scholz hat das Auslaufen des Solidaritätszuschlags beschlossen.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Abschied ohne Tränen: Kabinett beschließt Ende des „Soli“ – es wurde Zeit

Der Solidaritätszuschlag wird nun für die meisten Zahler abgeschafft. Das ist gut so. Aber müsste er nicht komplett wegfallen? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Der Beschluss ist erfreulich, auch wenn er spät kommt. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das Auslaufen des Solidaritätszuschlags beschlossen, nach ein bisschen Hin und Her vor dem Koalitionsausschuss am Sonntag. Jedenfalls für den größten Teil der Zahler.

Nach etwa einem Vierteljahrhundert endet damit die Geschichte einer Sondersteuer, die im Wesentlichen mit dem Aufbau in den Ost-Ländern begründet wurde. Dass der Solidaritätspakt für den Osten nun zum Jahresende ausläuft, wird das weithin auch als Schlusspunkt für den „Soli“ gesehen.

In der Tat fließen nur noch wenige Bundesmittel über diesen Topf nach Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern. Aus anderen Töpfen freilich wird weiterhin Geld zugeschossen, demnächst etwa zur Dämpfung des Kohleausstiegs.

Der Bund hat noch immer eine Aufgabe zwischen Ostsee und Erzgebirge. Aber irgendwann muss es eben mit der Sonderwirtschaft eines Steuerzuschlags ein Ende haben, denn das Instrument ist qua Definition zeitlich begrenzt.

Dieses Ende beginnt allerdings erst 2021, wohlgemerkt, pünktlich zum nächsten regulären Bundestagswahltermin. Möglicherweise etwas zu spät. Finanzminister Olaf Scholz sieht im Kabinettsbeschluss nun zwar ein Mittel zur Ankurbelung der Konjunktur, aber die schwächelt jetzt. Insofern wäre es besser, die Steuersenkung, die in der Mitte der Gesellschaft immerhin etwa zehn Milliarden Euro mehr an verfügbarem Einkommen schafft, käme früher. Dann könnte sie in die mögliche Schwächephase hinein wirken und einen Konsumanreiz bewirken.

Müsste er nicht ganz weg?

Aber müsste er nicht komplett abgeschafft werden? So wie es Union, FDP und die Wirtschaft fordern. Und nicht nur für 90 Prozent der Zahler, die in gut einem Jahr gar keinen „Soli“ mehr auf der Gehaltsabrechnung sehen. Auch nicht nur für jene Gutverdiener, die mittels einer „Milderungszone“ in der Besteuerung ab 2021 weniger „Soli“ berappen müssen als jetzt. Sondern einfach für alle? Steuergerechtigkeit für die Topverdiener sozusagen.

Konjunkturpolitisch ist es wohl kein Problem, die oberen drei, vier oder fünf Prozent der Steuerzahler (inklusive Personengesellschaften) weiterhin zu belasten. Üblicherweise fließen Steuerersparnisse bei Betuchten auf Konten und in Vermögenswerte, gern auch im Ausland.

Und was die Unternehmen betrifft, die größeren wie die kleineren: Viele dürften nach einer selten langen Phase fetter Jahre nun nicht gerade ein Geldproblem haben, könnten also auch ohne üppige staatliche Förderung oder Steuerentlastung investieren.

2021 werden die Karten neu gemischt

Neu gemischt werden die Karten nach der kommenden Bundestagswahl. Dann wird sich zeigen, ob der SPD im Verein mit anderen Parteien die Eingliederung des Rest-Zuschlags in die Einkommensteuer (also faktisch ein höherer Steuersatz für Gutverdiener) gelingt. Kommt es nicht dazu, dürfte der „Soli“ für die Topzahler auch schnell enden.

Denn die verfassungsrechtlichen Bedenken sind ja nicht von der Hand zu weisen – die dauerhafte Fortführung eines Steuerzuschlags, der befristet sein sollte, nur für einige ist problematisch.

Insofern wird der „Soli“ 2022 oder kurz danach endgültig Geschichte sein – entweder er verschwindet ganz oder er geht in der Einkommensteuer auf. Aber ob so oder so, die Republik geht damit nicht unter. Die aktuelle Aufregung um die Teilabschaffung des „Soli“ wirkt etwas steril. Er wird zwar nochmals ein Wahlkampfthema sein, aber als solches ist er nur noch begrenzt tauglich. Denn wenn ihn ab 2021 nur noch wenige zahlen, wen kümmert’s dann?

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