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Cannabis wird künftig in lizensierten Geschäften verkauft.

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Abgabe in lizenzierten Coffeeshops: Ampel-Parteien einigen sich auf Legalisierung von Cannabis

Künftig darf Cannabis zu Genusszwecken verkauft werden. Auch weitere Entscheidungen in der Gesundheitspolitik stehen fest.

Die Ampel-Parteien wollen den Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken legalisieren. Darauf hat sich die Koalitions-Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege von SPD, Grünen und FDP geeinigt, wie aus dem Ergebnispapier der Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege hervorgeht, das dem Tagesspiegel vorliegt.

„Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein“, heißt es darin. Dadurch werde die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet. Nach vier Jahren soll das entsprechende Gesetz mit Blick auf gesellschaftliche Auswirkungen dann evaluiert werden.

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Bislang ist der Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken in Deutschland verboten. Grüne und FDP drängen aber seit längerem auf einen legalen, regulierten Handel mit Droge.

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Zudem wollen die drei Parteien Modelle zum sogenannten Drugchecking und Maßnahmen der Schadensminderung ausbauen. Beim "Drugchecking" können Konsumierende illegal erworbene Drogen auf ihre chemische Zusammensetzung überprüfen lassen und so vor besonders gefährlichen Inhaltsstoffen gewarnt werden. Gleichzeitig sollen die Regelungen für Marketing und Sponsoring bei Alkohol, Nikotin und Cannabis verschärft werden.

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Für die Kassenpatienten soll sich ebenfalls Grundlegendes ändern. Sie sollen künftig mehr Mitsprache haben, wenn es darum geht, welche Leistungen die gesetzlichen Versicherer bezahlen. Daneben sollen künftig auch Akteure aus Pflege- und anderen Gesundheitsberufen an den Entscheidungen über den bundesweiten Behandlungskatalog im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) beteiligt werden, „sobald sie betroffen sind“. Bislang bestimmen über den Leistungskatalog allein die Vertreter von Kassen, Medizinern und Krankenhäusern. Patientenvertreter dürfen im GBA zwar mitberaten und Anträge stellen, haben aber kein Stimmrecht.

Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit geplant

Die Stellung von Patienten stärken wollen die künftigen Koalitionäre zudem bei der Haftung für Behandlungsfehler. Sie versprechen einen „Härtefallfonds mit gedeckelten Ansprüchen“. Um die medizinische Versorgung in ländlichen Regionen zu verbessern, soll auch die Gründung von kommunal getragenen Versorgungszentren erleichtert werden. Und für Hausärzte sollen die Honorar-Budgets verschwinden.

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Grundlegend reformiert wird den Plänen zufolge die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Sie soll in einem Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit am Gesundheitsministerium aufgehen, wo dann „Aktivitäten im Public- Health Bereich, die Vernetzung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und die Gesundheitskommunikation“ angesiedelt wären. Inwiefern darin dann auch das Robert Koch-Institut (RKI) eingebunden sein soll, bleibt unklar. Hierzu findet sich in dem Papier nur der dürre Satz: „Das RKI soll in seiner wissenschaftlichen Arbeit weisungsungebunden sein.“

Keine Deckelung des Pflegeheim-Anteils

Die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel soll auf sieben Prozent sinken. Das belastet den Haushalt, entlastet aber Kassen. Letztere erhalten zudem neue „Möglichkeiten zur Begrenzung der Arzneimittelpreise“. Der zwischen Pharmaindustrie und Kassen verhandelte Erstattungspreis für innovative Arznei soll künftig bereits ab dem siebten Monat nach Markteintritt gelten. Bislang konnten ihn die Hersteller im ersten Jahr allein bestimmen.

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Ein für viele drängendes Problem findet sich jedoch nicht in dem Papier. Keine Rede davon, ob und wie der ständig steigende Eigenanteil von Pflegeheim-Bewohnern besser begrenzt werden kann. Bisher gibt es keine echte Deckelung, nur einen zeitlich gestaffelten Zuschuss. Auch auf die große Frage, ob man in der Pflegeversicherung nicht vom teils doch sehr dürftigen Teilkaskoprinzip auf Vollerstattung umsteigen sollte, bleibt unbeantwortet. Stattdessen wird eine „moderate“ Beitragserhöhung angekündigt. Und Klein-Klein.

Das Pflegegeld soll ab 2022 den Preissteigerungen angepasst werden. Für pflegebedingte Job- Auszeiten sollen Angehörige „und Nahestehende“ auch Lohnersatzleistung erhalten. Und Menschen in Intensivpflege müssen nicht ins Heim, sondern dürfen weiter frei über ihren Wohnort entscheiden.

Bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte

Versprechungen. Den Beschäftigten in der Pflege werden bessere Arbeitsbedingungen angekündigt.
Versprechungen. Den Beschäftigten in der Pflege werden bessere Arbeitsbedingungen angekündigt.

© dpa

Weiterer Vorsatz der Ampelexperten: in der Pflege „schnell und spürbar die Arbeitsbedingungen verbessern.“ So soll es nicht nur in Kliniken verbindliche Personalbemessung geben, entsprechendes soll auch für Pflegeheime entwickelt werden. Die „Gehaltslücke zwischen Kranken- und Altenpflege“ werde geschlossen, heißt es weiter.

Um den Pflegeberuf attraktiver zu machen, sollen auch Zuschläge künftig steuerfrei gezahlt, geteilte Dienste abgeschafft, ein Anspruch auf familienfreundliche Arbeitszeiten eingeführt werden. Und es soll einen neuen, nicht näher beschriebenen akademischen Pflegeberuf geben: die "Community Health Nurse".

Mit einer Einführung der von SPD und Grünen schon endlos lange versprochenen Bürgerversicherung hatte aufgrund des FDP-Widerstands von Anfang niemand gerechnet. Dass sich die Ampel-Experten aber nicht mal auf Verbesserungen in der Privaten Krankenversicherung - etwa auf einfachere Wechselmöglichkeiten durch Mitnahme von Altersrückstellungen einigen konnten, ist überraschend. Angeblich hat hier die SPD geblockt. Immerhin: Der Bundeszuschuss zur Gesetzlichen Krankenversicherung soll verlässlich dynamisiert werden.

Und für Hartz-IV-Empfänger sollen die finanziell ausgebluteten Krankenkassen nun endlich kostendeckende Beiträge aus Steuern erhalten. Allerdings ist zu hören, dass Olaf Scholz dieses Einigung schon wieder strittig gestellt hat. Kein Wunder: Bei einer Anhebung auf realistische 320 Euro pro Langzeitarbeitslosen belaufen sich die Kosten nach Kassenschätzungen auf knappe zehn Milliarden Euro.

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